1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 8 BetrVG legt die Voraussetzungen der Wählbarkeit fest. Mit "Wählbarkeit" ist die Eigenschaft gemeint, für ein Betriebsratsamt zu kandidieren und gegebenenfalls auch gewählt zu werden. Man spricht vom "passiven Wahlrecht" im Gegensatz zum "aktiven Wahlrecht", das für die Betriebsratswahlen in § 7 BetrVG geregelt ist.

 

Rz. 2

Für die Wählbarkeit stellt das Gesetz folgende Voraussetzungen auf:

  1. Die Person muss nach § 7 BetrVG das aktive Wahlrecht besitzen und das 18. Lebensjahr vollendet haben, siehe dazu Rz. 5.
  2. Die Person muss dem Betrieb mindestens sechs Monate angehören (Rz. 9 ff.). Ausnahmen von diesem Grundsatz werden nur bei der Anrechenbarkeit von Vorbeschäftigungszeiten im Unternehmen oder Konzern, § 8 Abs. 1 Satz 2 BetrVG (Rz. 14), oder bei neu gegründeten Betrieben (Rz. 15), § 8 Abs. 2 BetrVG, gemacht.
  3. Dem Arbeitnehmer darf nicht infolge einer strafgerichtlichen Verurteilung die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, entzogen worden sein (Rz. 16).[1]
 

Rz. 3

Formell wird für die erste Voraussetzung der Wahlberechtigung die Eintragung in die Wählerliste gefordert. Formell wählbar ist daher auch nur derjenige Arbeitnehmer, der in die Wählerliste aufgenommen worden ist, § 2 Abs. 3 WO BetrVG (siehe dazu die Kommentierung zu § 7 Rz. 21 BetrVG). Gewählt werden kann zudem auch nur ein Arbeitnehmer, der auf einer gültigen Vorschlagsliste oder einem Wahlvorschlag als Kandidat genannt ist, § 6 WO BetrVG.

 

Rz. 4

Die materiellen Wählbarkeitsvoraussetzungen sind in § 8 abschließend aufgezählt. Die Regelung ist zwingend, abweichende Regelungen in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen sind nicht zulässig (BAG, Beschluss v. 12.10.1976, 1 ABR 1/76). Soweit ein Arbeitnehmer mehreren Betrieben angehört, ist er, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, auch in sämtlichen Betrieben wählbar. Derartige Doppelmandate sind möglich (BAG, Urteil v. 11.4.1958, 1 ABR 4/57). Die Wählbarkeit zur Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) ist in § 61 Abs. 2 BetrVG geregelt.

2 Wahlberechtigte Arbeitnehmer

 

Rz. 5

Wählbar sind nur wahlberechtigte Arbeitnehmer, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Zunächst einmal muss die Person sämtliche Voraussetzungen für die Wahlberechtigung nach § 7 BetrVG erfüllen (siehe dazu die gesamte Kommentierung zu § 7 BetrVG). Es muss sich folglich vor allem um einen Arbeitnehmer oder einen Heimarbeiter, der in der Hauptsache für den Betrieb gearbeitet hat, handeln. Für die Wählbarkeit kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer haupt- oder nebenberuflich oder in Teilzeit beschäftigt ist. Auch solche Arbeitnehmer, die auf Abruf oder mit Job-Sharing beschäftigt sind, sind grundsätzlich wählbar. Das gilt auch für einen Arbeitnehmer, der (noch) Wehr- oder Zivildienst ableistet. Wird er gewählt, ist er jedoch für die Zeit der Ableistung seines Dienstes an der Ausübung des BR-Amtes gehindert.

Auch ausländische Arbeitnehmer sind, sofern die weiteren Voraussetzungen des § 8 erfüllt sind, wählbar.

Zur Wählbarkeit von Außendienstmitarbeitern siehe BAG, Beschluss v. 10.3.2004, 7 ABR 36/03. Der Arbeitnehmer darf kein leitender Angestellter sein. Für leitende Angestellte gilt § 3 Abs. 2 Sprecherausschussgesetz (SprAuG). Keine Rolle spielt es indes, ob der Arbeitnehmer Mitglied des Wahlvorstands ist, denn auch Mitglieder des Wahlvorstands sind wählbare Arbeitnehmer.

In der durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz[1] geänderten Fassung des § 7 BetrVG sind bereits Arbeitnehmer wählbar, die das 16. Lebensjahr vollendet haben (s. Kommentierung zu § 7). Diese Absenkung der Altersgrenze, die der Gesetzgeber für die Wahlberechtigung (= aktives Wahlrecht) vorgenommen hat, wollte er für die Wählbarkeit (= passives Wahlrecht) nicht einführen. Daher fallen nun die Altersgrenzen bei Wahlberechtigung und Wählbarkeit auseinander. Der Gesetzgeber hat dies durch eine entsprechende Ergänzung des § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG um den Zusatz "...das 18. Lebensjahr vollendet haben..."[2] klargestellt. Zusätzlich zu den allgemeinen Voraussetzungen der Wahlberechtigung, wie sie auch nach § 7 BetrVG gelten, muss also für die Wählbarkeit nun kumulativ die Altersgrenze des vollendeten 18. Lebensjahres erreicht sein. Dass diese Unterscheidung zu einer Vereinfachung und Stärkung der Betriebsratstätigkeit führt, wie vom Gesetzgeber mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz gewollt, ist zweifelhaft. Allerdings gibt es auch an anderen Stellen, z. B. bei gekündigten Arbeitnehmern, Unterschiede zwischen der Wahlberechtigung und der Wählbarkeit.

 

Rz. 6

Gekündigte Arbeitnehmer sind zunächst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist wählbar. Nach der Rechtsprechung ist auch ein außerordentlich fristlos gekündigter Arbeitnehmer wählbar, wenn über die Berechtigung der fristlosen Kündigung noch vor dem Arbeitsgericht gestritten wird (BAG, Beschluss v. 12.10.1976, 1 ABR 1/76). Entsprechendes gilt bei einem ordentlich gekündigten Arbeitnehmer (so LAG Hamm, Beschluss v. 6.5.2002, 10 TaBV 53/02, BAG, Beschluss v. 10.11.2004, 7 ABR 12/04[3]). Dabei s...

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