Rz. 27

Die Beschlussfassung regelt § 76 Abs. 3 BetrVG. Die Bestimmung gilt für die Sachentscheidung der Einigungsstelle, nicht für verfahrensleitende Beschlüsse. Beschlüsse sind nach mündlicher Beratung zu fassen.

Unabdingbare Voraussetzung ist, dass alle Mitglieder vom Vorsitzenden ordnungsgemäß eingeladen wurden. Im erzwingbaren Verfahren ist eine Beschlussfassung durch die erschienenen Mitglieder möglich, wenn eine Seite keine Mitglieder ernannt hat oder Mitglieder trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen sind (oder Beisitzer vor der Abstimmung die Sitzung verlassen, § 76 Abs. 5 Satz 2 BetrVG).

 

Rz. 28

Die Einigungsstelle entscheidet zunächst ohne den Vorsitzenden und gegebenenfalls (wenn sich keine Mehrheit ergibt) nach erneuter mündlicher Beratung in einem zweiten Abstimmungsgang mit dem Vorsitzenden. Es genügt jeweils die einfache Stimmenmehrheit der an der Beratung und Abstimmung teilnehmenden Einigungsstellenmitglieder. Der Vorsitzende darf sich im zweiten Abstimmungsgang, bei dem er mitstimmt, der Stimme nicht enthalten. Stimmenthaltungen von Beisitzern wertet das BAG (Beschluss v. 17.9.1991, 1 ABR 23/91[1]) nicht als "Nein"-Stimme, sondern lässt diese bei der Auszählung unberücksichtigt. Das hat zur Folge, dass bei Stimmenthaltung in der ersten Abstimmung (ohne den Vorsitzenden) bereits eine Mehrheit erzielt werden kann. Andererseits ist so im zweiten Abstimmungsgang (unter Beteiligung des Vorsitzenden) eine Patt-Situation möglich. Das Verfahren wäre dann fortzusetzen.

 

Rz. 29

 
Wichtig

Gesetzesänderung:

Die Beschlüsse der Einigungsstelle mussten früher schriftlich niedergelegt und vom Vorsitzenden unterschrieben werden. Seit dem 18.6.2021[2] gilt § 76 Abs. 3 S. 4 BetrVG in folgender Fassung: "Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten."

Die Beschlüsse der Einigungsstelle mussten früher schriftlich niedergelegt und vom Vorsitzenden unterschrieben werden. Mit dem Zugang des mit Zuleitungswillen den Betriebsparteien übermittelten Einigungsstellenspruchs ist das Einigungsstellenverfahren grundsätzlich abgeschlossen. Nur bei einer durch das Arbeitsgericht festgestellten Unwirksamkeit des Spruchs ist das Einigungsstellenverfahren fortzusetzen (BAG, Beschluss v. 10.12.2013, 1 ABR 45/12). Der Beschluss ist Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten. Weitere Erfordernisse stellt das Gesetz nicht auf. Das Einigungsstellenverfahren ist mit Zugang des mit Zuleitungswillen den Betriebsparteien übermittelten Einigungsstellenspruchs abgeschlossen und lediglich bei einer gerichtlich festgestellten Unwirksamkeit des Spruchs fortzusetzen. Eine rückwirkende Heilung durch erneute Zustellung aller Bestandteile des Spruchs ist daher nicht möglich (BAG, Beschluss v. 13.8.2019).

[1] NZA 1992, 227.
[2] Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (Betriebsrätemodernisierungsgesetz) v. 14.6.2021, BGBl. I Nr. 32, S. 1762 ff.

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