Rz. 3

Liegen die Voraussetzungen für die Errichtung eines Gesamtbetriebsrats nach § 47 Abs. 1 BetrVG vor, trifft den Betriebsrat der Hauptverwaltung des Unternehmens die Pflicht zur Einladung zur konstituierenden Sitzung, also zur Wahl des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats. Die Größe des Gremiums ist dabei unerheblich, sodass der Betriebsrat der Hauptverwaltung auch tätig werden muss, wenn in einem oder mehreren Betrieben mehr wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind. Dies gilt aufgrund der Nähe zur Unternehmensleitung auch für den Fall, dass die Hauptverwaltung mit einem Produktionsbetrieb so eng verbunden ist, dass sie betriebsverfassungsrechtlich nur einen Betrieb bilden.[1] Nur wenn in der Hauptverwaltung kein Betriebsrat besteht, ist der Betriebsrat des nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer größten Betriebs zuständig (§ 51 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Die Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer wird gemäß der Eintragung in der Wählerliste bei der letzten Betriebsratswahl ermittelt.[2] Die Einladung ergeht an alle Betriebsräte des Unternehmens und enthält die Aufforderung zur Bestellung und Entsendung der Mitglieder und Ersatzmitglieder des Gesamtbetriebsrats (vgl. § 47 Abs. 2 und 3 BetrVG). Dabei müssen Ort, Zeit und Tagesordnung angegeben werden, es ist darauf zu achten, dass eine angemessene Ladungsfrist eingehalten wird.

 
Hinweis

Zur Tagesordnung der konstituierenden Sitzung gehören insbesondere

  • die Wahl des Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats sowie dessen Stellvertreter,
  • die Wahl der Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses,
  • ggf. die Bildung und Besetzung sonstiger Ausschüsse,
  • die Beschlussfassung über die notwendige Verkleinerung des Gesamtbetriebsrats in den Fällen des § 47 Abs. 5 BetrVG.
 

Rz. 4

Besteht aber ein Gesamtbetriebsrat, so hat der Betriebsrat der Hauptverwaltung nicht die Möglichkeit, gemäß § 51 Abs. 2 BetrVG zu der Wahl des Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrates einzuladen. Eine solche Einberufungskompetenz besteht nur bei Fehlen eines Einberufungsorgans (ArbG Solingen, Beschluss v. 11.6.2014, 4 BVGa 5/14[3]). Unterbleibt die Einladung zur konstituierenden Sitzung, können die von den Betriebsräten entsandten Mitglieder von sich aus zur konstituierenden Sitzung zusammentreten und die Mitglieder des Gesamtbetriebsrats bestellen.[4] Das Unterlassen der Einladung zur konstituierenden Sitzung durch den zuständigen Betriebsrat kann eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG darstellen.[5]

 

Rz. 5

Die Leitung der konstituierenden Sitzung obliegt dem Vorsitzenden des einladenden Betriebsrats, bis der Gesamtbetriebsrat aus seiner Mitte einen Wahlleiter bestellt hat (§ 51 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Nach seiner Wahl übernimmt der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats die Leitung der Sitzung (vgl. § 29 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 51 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). Der Vorsitzende des einladenden Betriebsrats hat danach nur ein Teilnahmerecht, wenn er Mitglied des Gesamtbetriebsrats wird.

 

Rz. 6

§ 51 Abs. 2 BetrVG gilt entsprechend, wenn der Gesamtbetriebsrat vorübergehend keine Mitglieder mehr hat. Dies ist etwa der Fall, wenn als Folge der turnusmäßigen Betriebsratswahlen in den entsendenden Einzelbetriebsräten die Mitgliedschaft aller Betriebsräte nach § 24 Abs. 1 BetrVG und damit auch ihre Mitgliedschaft im Gesamtbetriebsrat endet. Auch in diesem Fall sind Vorsitzender und Stellvertreter neu zu wählen.[6]

[1] Richardi/Annuß, § 51 BetrVG Rz. 25; Fitting, § 51 BetrVG Rz. 8.
[2] Fitting, § 51 BetrVG Rz. 9.
[3] BeckRS 2014, 74296.
[4] Richardi/Annuß, § 51 BetrVG Rz. 28; Fitting, § 51 BetrVG Rz. 11.
[5] Fitting, § 51 BetrVG Rz. 10; DKKW/Trittin, § 51 BetrVG Rz. 8.
[6] Fitting, § 51 BetrVG Rz. 7; Richardi/Annuß, § 51 BetrVG, Rz. 27.

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