Rz. 7

Nach der Rechtsprechung des BAG war § 6 Satz 1 KSchG in seiner bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung auch dann entsprechend anwendbar, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der 3-Wochen-Frist nur eine Klage auf Weiterbeschäftigung bzw. auf Zahlung der Vergütung für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist erhoben hatte. Der Arbeitnehmer konnte den Kündigungsschutzantrag dann auch nach Ablauf der 3-Wochen-Frist stellen.[1] Die Rechtsprechung[2] hat hieran ebenso wie der überwiegende Teil der Literatur[3] auch nach der Neufassung des § 6 Satz 1 KSchG festgehalten.

 

Beispiel[4]

Der Arbeitnehmer erhält am 15.9. eine außerordentliche und fristlose Kündigung. Am 2.10. reicht der Arbeitnehmer eine Klage beim Arbeitsgericht ein, mit der er seine Vergütung für den gesamten September einklagt. In der letzten mündlichen Verhandlung beim Arbeitsgericht am 20.12. erweitert der Arbeitnehmer seine Zahlungsklage auf die Vergütung für den Zeitraum vom 1.10. bis zum 30.11. Zusätzlich beantragt der Arbeitnehmer in dieser Verhandlung die Feststellung, dass die Kündigung vom 15.9. das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat.

Das Arbeitsgericht wird der Kündigungsschutzklage stattgeben, wenn die Kündigung nach materiellem Recht unwirksam ist. Zwar hat der Arbeitnehmer seine Kündigungsschutzklage erst nach Ablauf der 3-Wochen-Frist der §§ 4 Satz 1, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG erhoben. Er hat mit der innerhalb dieser Frist eingereichten Klage auf Zahlung der Vergütung für den gesamten September aber erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass er die Kündigung nicht anerkennt. Damit ist der Ablauf der 3-Wochen-Frist in Bezug auf die Kündigungsschutzklage nach § 6 Satz 1 KSchG unschädlich.

 

Rz. 8

Klagt der Arbeitnehmer dagegen nur Lohnansprüche für den Zeitraum vor Ablauf der Kündigungsfrist ein, ist § 6 Satz 1 KSchG selbst dann nicht anwendbar, wenn sich der Arbeitnehmer die Geltendmachung weiterer Ansprüche ausdrücklich vorbehält.[5]

 
Hinweis

Hat der Arbeitnehmer innerhalb der 3-Wochen-Frist nur Klage auf Weiterbeschäftigung bzw. auf Zahlung der Vergütung für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist erhoben oder nur einen allgemeinen Feststellungsantrag gestellt, muss der Arbeitnehmer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in 1. Instanz Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG gegen die Kündigung erheben. § 6 Satz 1 KSchG führt in diesen Fällen also lediglich zu einer Verlängerung der Klagefrist nach § 4 Satz 1 KSchG.

[3] HWK/Quecke, Arbeitsrecht, § 6 KSchG Rz. 6; ErfK/Kiel, 24. Aufl. 2024, § 6 KSchG Rz. 3; Linck/Krause/Bayreuther/Linck, KSchG, § 6 KSchG Rz. 10, 11; wohl auch KR/Klose, 13. Aufl. 2022, § 6 KSchG Rz. 20; a. A. Bader, NZA 2004, 65, 69.
[4] Ähnlich LAG Köln, Urteil v. 12.2.2004, 5 Sa 1049/03, NZA-RR 2005 S. 136.
[5] APS/Hesse/Tiedemann, 7. Aufl. 2024, § 6 KSchG Rz. 15; HWK/Quecke, Arbeitsrecht, § 6 KSchG Rz. 6.

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