Rz. 23

Arbeitsvertraglich kann dem Arbeitgeber in Erweiterung des allgemeinen Direktionsrechts auch die Befugnis zur einseitigen Bestimmung bzw. Abänderung einzelner Arbeitsbedingungen eingeräumt sein. Praktisch relevant sind vor allem Änderungsvorbehalte sowohl die Art als auch die Dauer der auszuübenden Tätigkeit betreffend sowie Widerrufs- und Anrechnungsvorbehalte in Bezug auf Entgeltbestandteile. Soweit ein solches einseitiges Leistungsbestimmungsrecht wirksam vereinbart worden ist und vom Arbeitgeber ausgeübt werden kann, ist eine zu demselben Zweck ausgesprochene Änderungskündigung unverhältnismäßig und damit unwirksam (s. o. Rz. 16).

 

Rz. 24

Zu differenzieren ist zwischen der Frage der Wirksamkeit einer ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht begründenden vertraglichen Vereinbarung und der Ausübungskontrolle im Einzelfall. Die Wirksamkeit der Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts richtet sich, soweit die Regelung nicht im Einzelnen zwischen den Parteien ausgehandelt worden ist, bei durch den Arbeitgeber vorformulierten Vertragsbestimmungen nach §§ 305 ff. BGB (s. dazu im Einzelnen näher Rz. 28, 32, 34 ff. und 40). Nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterliegen demgegenüber nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB in Tarifverträgen oder Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen geregelte Leistungsbestimmungsrechte.

 

Rz. 25

Die Ausübung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts muss nach § 315 Abs. 3 BGB nach billigem Ermessen erfolgen. Dies setzt wie bei der Ausübung des Direktionsrechts voraus, dass alle wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden. Die ermessenswidrige Ausübung eines Widerrufsvorbehalts ist dem Arbeitnehmer gegenüber unverbindlich.[1]

[1] BAG, Urteil v. 23.6.1993, 5 AZR 337/92, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 42.

4.2.1 Änderungsvorbehalte

 

Rz. 26

Änderungsvorbehalte können sowohl die Art (Inhalt, Ort oder zeitliche Lage) der auszuübenden Tätigkeit als auch die Dauer der Arbeitszeit betreffen.

Praktisch bedeutsam sind insbesondere Versetzungsklauseln, welche das arbeitgeberseitige Direktionsrecht hinsichtlich der Art der auszuübenden Tätigkeit erweitern.

 
Praxis-Beispiel

"Der Arbeitgeber behält sich unter Wahrung der Interessen des Arbeitnehmers die Übertragung von anderen oder zusätzlichen den Fähigkeiten und Kenntnissen des Arbeitnehmers entsprechenden zumutbaren Tätigkeiten, auch in einer anderen Betriebsstätte, vor."

 

Rz. 27

Weit verbreitet sind ferner Regelungen, wonach sich der Arbeitnehmer verpflichtet, bei einem vorübergehenden zusätzlichen Arbeitsbedarf länger als vertraglich vereinbart zu arbeiten und damit Überstunden zu leisten.

 
Praxis-Beispiel

"Soweit aufgrund vorübergehenden zusätzlichen Arbeitsbedarfs erforderlich, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, auch über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Überstunden zu leisten. Bis zu einer Höhe von 10 Stunden wöchentlich sind diese mit der vereinbarten Vergütung abgegolten."

 

Rz. 28

Wurden solche Vereinbarungen vom Arbeitgeber vorformuliert, unterliegen sie der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Ihre Unwirksamkeit kann aus einer unangemessenen Benachteiligung i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB oder einem Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB folgen. Unklarheiten gehen überdies nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. § 308 Nr. 4 BGB findet keine Anwendung, da die Vorschrift nur einseitige Bestimmungsrechte hinsichtlich der Leistung des Verwenders erfasst.[1]

Keine unangemessene Benachteiligung i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stellen arbeitsvertragliche Versetzungsklauseln dar, welche der gesetzlichen Regelung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts in § 106 Satz 1 GewO entsprechen, also auf die Zuweisung einer gleichwertigen Tätigkeit beschränkt sind und eine geänderte Leistungsbestimmung nur unter angemessener Berücksichtigung auch der Interessen des Arbeitnehmers vorsehen.[2] Unangemessen benachteiligend und damit gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist hingegen eine vorformulierte Vertragsbestimmung, mit welcher sich der Arbeitgeber die Zuweisung einer geringerwertigen Tätigkeit vorbehält.[3] Es verstößt nicht gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn eine Versetzungsklausel keine Gründe für eine Änderung des Aufgabengebiets nennt, da eine Konkretisierung dem Bedürfnis, auf im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbare Veränderungen reagieren zu können, nicht gerecht würde.[4]

 

Rz. 29

Eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel ist nur dann klar und verständlich i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen.[5] Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was ggf. "auf ihn zukommt" und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss.

 

Rz. 30

 
Hinweis

Soll mit dem vereinbarten Arbeitsentgelt auch die Leistung von Überstunden abgegolten sein, i...

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