Rz. 1

Grds. ist der gekündigte Arbeitnehmer, der sich gegen die Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage zur Wehr setzt, verpflichtet, sich um eine zumutbare anderweitige Erwerbstätigkeit zu bemühen. Ansonsten riskiert er die Minderung oder gar den Verlust seines Anspruchs auf Vergütungsnachzahlung nach einem gewonnenen Prozess.[1] Durch den Abschluss eines Arbeitsvertrags mit einem weiteren Arbeitgeber verletzt der Arbeitnehmer keine vertraglichen Pflichten im schon bestehenden Arbeitsverhältnis. Grds. können mehrere Arbeitsverhältnisse nebeneinander bestehen.[2]

Allerdings muss der Arbeitnehmer beachten, dass er – trotz ausgesprochener Arbeitgeberkündigung – weiterhin an das für die Dauer des rechtlichen Bestands des Arbeitsverhältnisses – entsprechend § 60 HGB – bestehende Wettbewerbsverbot gebunden ist, solange er die Wirksamkeit der zuvor von dem bisherigen Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung in einem Kündigungsschutzprozess bestreitet. Verstößt er gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot, riskiert er eine (weitere hilfsweise) außerordentliche Kündigung.([3]

Kommt der Arbeitnehmer seiner Obliegenheit zur Suche nach einer zumutbaren anderweitigen Erwerbstätigkeit nach und ist er dabei erfolgreich, hat er nach einem Prozesserfolg im Kündigungsschutzprozess gegen seinen alten Arbeitgeber allerdings plötzlich 2 Arbeitsverhältnisse. § 12 KSchG gibt dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich von dem alten Arbeitsverhältnis, dessen Fortsetzung er mit der erfolgreichen Kündigungsschutzklage erstritten hat, nach seiner Wahl mit sofortiger Wirkung zu lösen; ihm wird zu diesem Zweck durch § 12 KSchG ein fristgebundenes Sonderkündigungsrecht eingeräumt.[4]

 

Rz. 2

Die Lossagung nach § 12 KSchG ist aber nicht einer vom Arbeitgeber "veranlassten" Eigenkündigung gleichzusetzen. Verweigert ein Arbeitnehmer nach rechtskräftigem Obsiegen im Kündigungsschutzprozess nach § 12 KSchG die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem früheren Arbeitgeber, kann er deshalb nicht entsprechend der Rechtsprechung zur vom Arbeitgeber veranlassten Eigenkündigung eine Sozialplan-Abfindung beanspruchen.[5]

 
Hinweis

Das Wahlrecht, das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung zu beenden, betrifft nicht das neue Arbeitsverhältnis, das der Arbeitnehmer nach der (unwirksamen) Kündigung eingegangen ist. Für die Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses gelten die gesetzlichen, tariflichen oder ggf. die vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen.

 

Rz. 3

Außerdem regelt § 12 KSchG der Vorschrift die Frage des Anspruchs auf entgangenen Verdienst, wenn der Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung bei dem alten Arbeitgeber wegen des nach der Kündigung begründeten neuen Arbeitsverhältnisses ablehnt. § 12 Satz 4 KSchG ist insoweit eine Sonderregelung zu § 615 Satz 1 BGB.[6]

[1] Vgl. zur Anrechnung anderweitigen Verdienstes Barrein, NZA 2023, 1564; Christ/Jeck, DStR 2023, 1014; Kern/Kirsch, ArbRAktuell 2023, 224; Richter, ArbRAktuell 2023, 505; Vogt/Fischer, NZA-RR 2024, 1; Rambach, § 11 Rz. 19.
[6] APS/Biebl, 7. Aufl. 2024, § 12 KSchG Rz. 2.

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