Gewerkschaft und Arbeitgeberverband können nach herrschender Meinung einen Tarifvertrag nur im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit schließen. Wer in den Einzugsbereich des Verbands fallen soll, besagt die jeweilige Satzung. Die Zuständigkeit ist vor allem für die Bewertung der Rechtmäßigkeit von Arbeitskämpfen zu prüfen.

Zusammenschlüsse von Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbänden nennt man Spitzenverbände. Sie können im Namen der ihnen angeschlossenen Verbände Tarifverträge abschließen, wenn sie entsprechende Vollmacht haben (§ 2 Abs. 2 TVG). Sie können auch selbst Parteien eines Tarifvertrags sein, wenn der Abschluss von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört, § 2 Abs. 3 TVG. Die zu einer Spitzenorganisation i. S. d. § 2 Abs. 2 und 3 TVG zusammengeschlossenen Gewerkschaften müssen aber dieser nach Auffassung des BAG[1] ihre Tariffähigkeit vollständig vermitteln. Dies setzt nach der zitierten Entscheidung, die zur Tariffähigkeit der CGZP (Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagentungen) erging, voraus, dass sich die einer Spitzenorganisation angeschlossenen Gewerkschaften in ihrem Organisationsbereich nicht nur teilweise, sondern vollständig miteinander verbinden. Dies folgt nach Auffassung des BAG aus dem Wortlaut der Entstehungsgeschichte und einem am Normzweck orientierten Verständnis. Eine Gewerkschaft kann damit nicht uneingeschränkt über ihre Tariffähigkeit verfügen, sondern muss diese der Spitzenorganisation insgesamt vermitteln. Fehlt es hieran, kann die Spitzenorganisation ihre Tariffähigkeit nicht auf die der ihr angeschlossenen Gewerkschaften stützen. Das fordert auch der Gedanke der Rechtssicherheit. Es bestünde sonst die Gefahr, dass die einer Spitzenorganisation angeschlossenen Gewerkschaften dieser nur die Bereiche übertragen, in denen sie selbst nur über eine unzureichende Durchsetzungskraft verfügen, was zugleich deren Fähigkeit infrage stellt, durch Tarifverträge eine angemessene Regelung der Arbeitsbedingungen für die Mitglieder der Einzelgewerkschaften herbeizuführen.[2]

Ebenso sind die tarifrechtlichen Anforderungen an eine Spitzenorganisation i. S. d. § 2 Abs. 3 TVG nicht erfüllt, wenn deren satzungsmäßige Zuständigkeit für den Abschluss von Tarifverträgen über die Organisationsbereiche der ihr angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften hinausgeht.

Das wurde der CGZP zum Verhängnis. Das BAG monierte, die CGM, DHV und die GÖD hätten ihre Tariffähigkeit der CGZP nicht vollständig vermittelt. Diese sei nicht in dem gesamten, durch die Satzungen ihrer Mitglieder bestimmten Organisationsbereich zum Abschluss von Tarifverträgen berechtigt. Ihre Tarifzuständigkeit sei nach § 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009 auf Tarifverträge mit Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden beschränkt, die oder deren Mitglieder als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) zur Arbeitsleistung überlassen wollten. Dass der Organisationsbereich der CGZP auf den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung beschränkt sei, werde von der CGZP selbst und ihren Mitgliedern nicht infrage gestellt. Zudem gehe die Zuständigkeit der CGZP über die ihrer Mitglieder hinaus. Der Organisationsbereich der CGM, der DHV und der GÖD erfasse weder für sich allein noch bei einer Gesamtschau sämtliche Arbeitsverhältnisse im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung i. S. d. § 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009.[3] Die Folge dieser Entscheidung ist, dass die Tarifverträge, die die CGZP abgeschlossen hat, unwirksam sind und damit das Equal-Pay-Gebot (§§ 3 Abs. 1 Nr. 3, 9 Nr. 2 AÜG) gilt. Nach diesem müssen die Leiharbeitnehmer die gleiche Vergütung erhalten, wie die Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb, die die gleiche Tätigkeit verrichten. Folglich hat die Deutsche Rentenversicherung Bund angekündigt, hinsichtlich der damit nachzufordernden Sozialversicherungsbeiträge entsprechende Prüfungen bei den Zeitarbeitsfirmen vorzunehmen. Die Entleiher kann bei einer Zahlungsunfähigkeit der Zeitarbeitsfirma nach § 28e Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 SGB IV für die Sozialversicherungsbeiträge zur Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung bzw. für die Unfallversicherungsbeiträge nach § 150 Abs. 3 SGB II die Subsidiärhaftung für diese Versicherungsbeiträge treffen.

[2] BAG, s. o.
[3] BAG, s. o.

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