Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbrechung eines zunächst akzeptierten Notfallrettungs-Auftrages durch Rettungsassistenten. Verlängerung des therapiefreien Intervalls zwischen Meldung des Notfalls und Eintreffen des Rettungsmittels

 

Leitsatz (amtlich)

Die Dienstzeit eines Rettungsassistenten ist (hier: nach 12 Stunden Dienst und sechs Minuten vor Dienstende) verlängert sich nicht deshalb und ohne zeitliche Grenze, weil sein Arbeitgeber mit der Durchführung von Notfallrettung unter Einhaltung einer bestimmten Hilfsfrist beauftragt ist (ähnlich LAG Baden-Württemberg vom 23.11.2000 – 4 Sa 81/00 –, AuR 2001, 512, 513).

 

Normenkette

BGB § 626; Rettungsassistentengesetz vom 10.07.1989, BGBl. I, S. 1384, § 3; Sächsisches Rettungsdienstgesetz vom 07.01.1994 GVBl. S. 1261 § 2 Abs. 2 S. 1; Sächsisches Rettungsdienstgesetz vom 07.01.1994 GVBl. S. 1261 § 2 Abs. 2 S. 3; Sächsisches Rettungsdienstgesetz vom 07.01.1994 GVBl. S. 1261 § 6 Abs. 1; Sächsisches Rettungsdienstgesetz vom 07.01.1994 GVBl. S. 1261 § 21 Abs. 1; Sächsisches Rettungsdienstgesetz vom 07.01.1994 GVBl. S. 1261 § 22 Abs. 1; AZG § 6 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Bautzen (Urteil vom 21.03.2001; Aktenzeichen 1 Ca 1011/01)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 21.03.2001 – 1 Ca 1011/01 – teilweise

abgeändert:

Die Klage wird hinsichtlich des Ausspruches zu Ziff. 2) in dem angefochtenen Urteil abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger ¼, der Beklagte ¾.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen und hilfsweise ordentlich erklärten Kündigung sowie um Prozeßbeschäftigung.

Der am … geborene Kläger ist verheiratet und für zwei Kinder unterhaltspflichtig. Seit dem 01.07.1994 ist er bei dem Beklagten beschäftigt, zuletzt als Rettungsassistent. Sein monatliches Bruttogehalt betrug zuletzt ca. 3.800,00 DM.

Dem Beklagten ist als privater Hilfsorganisation die Durchführung von Notfallrettung und Krankentransport übertragen. Er betreibt u. a. die Rettungswache …. Dieser ist der Kläger zugewiesen.

Der Kläger war am 01.12.2000 gemeinsam mit dem Rettungsassistenten … zum Nachtdienst eingeteilt. Dieser begann am 01.12.2000 um 19.00 Uhr und sollte am 02.12.2000 um 7.00 Uhr enden.

Am 02.12.2000 gegen 6.54 Uhr befanden sich der Kläger und … nach einem Einsatz in … auf dem Rückweg zur Rettungswache …. Mit an Bord des Rettungstransportwagens (RTW) war der diensthabende Notarzt. In der Ortslage … verließen sie die Bundesstraße 6, um in der dortigen Bäckerei private Einkäufe zu tätigen. Während das Fahrzeug stand, wurde mittels Piepsers ein Einsatzauftrag angekündigt. Im RTW wurden alle für den Einsatz erforderlichen Daten mitgeteilt und der Auftrag durch den Arbeitnehmer …, der sich als erster wieder im Fahrzeug befunden hatte und an diesem Tag als Fahrer tätig war, angenommen. Der Kläger nahm im hinteren Teil des RTW Platz, da der Notarzt zwischenzeitlich den Beifahrersitz eingenommen hatte. Der Einsatzort befand sich in …. Für die Fahrt dorthin wurde nicht die kürzeste, teilweise aber über Nebenstraßen führende Strecke, sondern der wesentlich längere Weg über … über die B 6 und die B 98 gewählt.

Beide Rettungsassistenten entschlossen sich, in … einen „fliegenden Wechsel” mit der für die Tagesschicht zuständigen Besatzung des RTW durchzuführen. Der Arbeitnehmer … bereitete diesen vor, indem er während der Fahrt per Handy die in der Wache schon bereitstehende Mannschaft der Tagesschicht über den beabsichtigten Wechsel sowie den in … durchzuführenden Einsatz informierte.

Der Wechsel wurde dann wie geplant durchgeführt, wobei jedoch auch der Notarzt ausstieg. Der Rettungseinsatz in … wurde durch die nachfolgende RTW-Besatzung ausgeführt.

Besonderheiten bezüglich des Dienstablaufes wurden vom Kläger nicht dokumentiert.

Beim Beklagten ist es üblich, daß die Dienstzeiten der RTW-Besatzungen nahtlos aneinander anschließen. Vorkehrungen für Rettungsaufträge, die kurz vor Dienstschluß einer RTW-Besatzung erteilt werden – wie beispielsweise überlappende Dienstzeiten oder das Vorhalten einer Ersatzmannschaft – gibt es nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung nicht.

Am 12.12.2000, den der Beklagte als den Tag der Kenntnisnahme von den Vorgängen am 02.12.2000 angibt, führte der Geschäftsführer des Beklagten im Beisein der Betriebsratsvorsitzenden eine telefonische Anhörung des sich im Urlaub befindlichen Klägers zum Ablauf seines Dienstes am 02.12.2000 durch.

Mit Schreiben vom 13.12.2000 wurde der Kläger bis auf weiteres vom Dienst beurlaubt.

Der bei dem Beklagten errichtete Betriebsrat wurde mit Schreiben vom 13.12.2000 zu einer beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Klägers angehört. Am 19.12.2000 antwortete der Betriebsrat, daß er die Anhörung zur Kenntnis genommen habe und sich nicht in der Lage sehe, sich ein abschließendes Urteil zu bilden.

Mit Schreiben vom 21.12.2000, dem Kläger zugegangen am 22.12.2000, sprach der ...

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