Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Urteil vom 16.07.1996; Aktenzeichen 7 Ca 8342/95)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 16.07.1996 – 7 Ca 8342/95 – abgeändert.

2. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die fristlose Kündigung vom 28.07.1995, dem Kläger zugegangen am 03.08.1995, nicht aufgelöst wurde.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum August 1995 bis einschließlich März 1996 DM 65.000,00 brutto, abzüglich für August 1995 bezahlte DM 269,92 netto, abzüglich von der Bundesanstalt für Arbeit geleistete Arbeitslosengeld in Höhe von DM 18.604,80 netto, zuzüglich 4 % Zinsen aus dem verbleibenden Nettobetrag seit 01.04.1996 zu bezahlen.

4. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund außerordentlicher Arbeitgeberkündigung vom 28.07.1995, sowie Vergütungsansprüche des Klägers. Der am 18.09.1949 geborene Kläger wird aufgrund des Arbeitsvertrags vom 25. Januar 1995 seit 01.03.1995 bei den Beklagten als … zu einem monatlichen Bruttoeinkommen von 7.500,00 DM beschäftigt. Gem. § 10 des Arbeitsvertrags ist das Arbeitsverhältnis erstmals mit einer Frist von 3 Monaten zum 31. Dezember 1997 kündbar.

Vom 15.07.1995 bis 02.08.1995 befand sich der Kläger im Erholungsurlaub. Nach Arbeitsantritt am 03.08.1995 wurde ihm gegenüber der Vorwurf erhoben, er habe Mitarbeiterinnen der Beklagten sexuell belästigt.

Mit Schreiben vom 28.07.1995, welches dem Kläger am 03.08.1995 ausgehändigt wurde, kündigten die Beklagten außerordentlich zum 02.08.1995. Die dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage ist am 16.08.1995 beim Arbeitsgericht Leipzig eingegangen.

Der Kläger bestreitet, Mitarbeiterinnen der Beklagten sexuell belästigt zu haben. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien substantiiert. Was den angeblichen Vorfall hinsichtlich der Zeugin … betreffe, so habe er ihr einmal aufmunternd die Hand auf die Schulter gelegt mit der Bemerkung: „Sie werden das schon schaffen.” Anlaß dafür sei gewesen, daß sich die betreffende Mitarbeiterin bei der Arbeit am Computer mutlos gezeigt hätte. Richtig sei weiterhin auch, daß er mit der Zeugin … auf Anweisung der Beklagten zu einem Baumarkt gefahren sei, um etwas einzukaufen. Allerdings habe der Kläger die von der Beklagten behaupteten Äußerungen gegenüber der Zeugin … nicht getätigt. Der restliche Vortrag der Beklagten zu den Kündigungsgründen im einzelnen sei nicht richtig.

Der Kläger bestreitet fernerhin, daß die genannten Vorfälle den Beklagten erst am 17.07.1995 zur Kenntnis gebracht worden sein sollen, da völlig unglaubwürdig sei, daß die 4 Zeuginnen sich nicht getraut hätten, zu einem früheren Zeitpunkt etwas zu sagen, weil sie sich damals noch in der Probezeit befunden hätten. Da er zu keiner Zeit Weisungsbefugnis gegenüber den Mitarbeiterinnen der Kanzlei gehabt habe, sei es abwegig zu glauben, die Mitarbeiterinnen hätten aus Furcht vor dem Verlust des Arbeitsplatzes nicht gewagt, sich an die Beklagten zu wenden. Als er am 03.08.1995 von den Beklagten wegen der angeblichen sexuellen Belästigung von Mitarbeiterinnen am Arbeitsplatz allgemein zur Rede gestellt worden sei, habe er diese pauschale Behauptung einer sexuellen Belästigung sofort bestritten und um nähere Konkretisierung der Vorwürfe sowie Benennung der Mitarbeiterinnen gebeten.

Dies sei jedoch seitens der Beklagten mit Hinweis auf die Obhutspflicht des Arbeitgebers verwehrt worden. Da die Beklagten jedoch bei den – unterstellten – Vorfällen nicht zugegen gewesen seien, könne es sich allenfalls um den Verdacht eines möglicherweise pflichtwidrigen Verhaltens durch den Kläger handeln, so daß die Beklagten verpflichtet gewesen wären, den Kläger vor Ausspruch einer Kündigung zu den gegen ihn erhobenen Verdachtsmomenten konkret zu hören, was voraussetze, daß ihm die einzelnen Vorfälle konkret zu benennen gewesen wären. In jedem Falle wäre zumindest vor Ausspruch einer Kündigung eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen.

Für den Zeitraum August 1995 bis einschließlich März 1996 stehe dem Kläger ein Bruttoeinkommen von 65.000,00 DM zu, wovon 269,92 DM netto, welche im August bezahlt worden seien sowie vom Arbeitsamt geleistete Zahlungen in Höhe von 18.604,80 DM netto abzuziehen seien.

Der Kläger hat beantragt:

  1. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und den Beklagten durch die fristlose Kündigung vom 28.07.1995, dem Kläger zugegangen am 03.08.1995, nicht aufgelöst worden ist.
  2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum August 1995 bis einschließlich März 1996 65.000,00 DM brutto, abzüglich für August 1995 gezahlter 269,92 DM netto, abzüglich von der Bundesanstalt für Arbeit geleisteten Arbeitslosengeld in Höhe von 18.604,80 DM netto zuzüglich 4 % Zinsen auf den verbleibenden Nettobetrag seit 01.04.1996 zu zahlen.

Die Beklagten haben

Klage...

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