Sachverhalt

Ein Arbeitnehmer beantragt unbezahlten Sonderurlaub vom 11.3. bis zum 30.9., um eine Weltreise zu unternehmen. Ein Tarifvertrag findet keine Anwendung. Arbeitsvertraglich ist keine Regelung hierzu vorhanden.

Muss der Arbeitgeber den unbezahlten Urlaub gewähren und erwirbt der Arbeitnehmer während der "Auszeit" einen Urlaubsanspruch?

Ergebnis

Ein Arbeitgeber muss nur dann unbezahlten Urlaub gewähren, wenn es eine spezielle Regelung gibt, die dem Arbeitnehmer diesen Anspruch einräumt.

Eine solche kann sich allenfalls aus einem geltenden Tarifvertrag oder dem Arbeitsvertrag ergeben.

Ist dies – wie hier – nicht der Fall, gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit: Damit liegt es am Arbeitgeber, ob er mit dem "Angebot" des Arbeitnehmers, in der dargestellten Zeit unbezahlten Sonderurlaub nehmen zu wollen, einverstanden ist ("Annahme"). Wenn "ja", kommt ein Vertrag über den unbezahlten Urlaub im vereinbarten Zeitraum zustande, wenn "nein", nicht. Die Parteien können sich natürlich auch über einen unbezahlten Sonderurlaub von anderer Dauer und/oder anderer Zeit einigen, indem der Arbeitgeber einen anderen Vorschlag macht und der Arbeitnehmer diesen – u. U. nach längeren Verhandlungen – annimmt.

Nach dem Gesetzeswortlaut des BUrlG erwirbt ein Arbeitnehmer eigentlich auch während der unbezahlten "Auszeit" einen Anspruch auf (bezahlten, "normalen") Urlaub, weil es für die Entstehung des Urlaubsanspruchs nicht darauf ankommt, ob tatsächlich gearbeitet wird. So hatte das BAG noch mit Urteil v. 6.5.2014[1] entschieden, dass auch für die Zeit des unbezahlten Urlaubs ein Anspruch auf gesetzlichen Erholungsurlaub entstehe.

Inzwischen sieht das BAG das jedoch anders und führt im Urteil vom 21.5.2019[2] aus:

Ist die Arbeitszeit nicht das gesamte Kalenderjahr über gleichmäßig auf weniger oder mehr als 6 Wochentage verteilt, ist für die Umrechnung der Zeitabschnitt heranzuziehen, in dem die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt erreicht wird. Bei einer über das Kalenderjahr ungleichmäßigen Verteilung der Arbeitszeit wird jahresbezogen die für den Arbeitnehmer maßgebliche Anzahl der Arbeitstage mit der Anzahl der Werktage ins Verhältnis gesetzt. Auch bei einer unterjährigen Änderung der Arbeitszeitregelung ist eine jahresbezogene Betrachtung anzustellen, die die Anzahl der in den einzelnen Zeitabschnitten vorgesehenen Arbeitstage berücksichtigt.[3] Die Umrechnung des nach § 3 Abs. 1 BUrlG in Werktagen bemessenen Urlaubs in Arbeitstage ist grundsätzlich auch dann vorzunehmen, wenn die Arbeitsvertragsparteien ihre Hauptleistungspflichten durch die Vereinbarung von Sonderurlaub suspendieren. Der Zeitraum des Sonderurlaubs ist bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs mit "null" Arbeitstagen in Ansatz zu bringen.[4]

Dies führt zu folgender Formel bei einer 5-Tage Woche im Urlaubsjahr:

Urlaubstage bei einer 5-Tage Woche x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht : 260 Arbeitstage (entspricht 52 Wochen mit 5- Arbeitstagen) = Urlaubsanspruch

Dabei werden die Tage des unbezahlten Urlaubs nicht als Tage mit Arbeitspflicht gesehen. Schließlich habe die Parteien die bisherige Arbeitszeitregelung einvernehmlich vorübergehend aufgehoben. Zudem besteht für die Dauer des Sonderurlaubs kein Erholungsbedarf. Tage mit Arbeitspflicht sind dagegen Tage, in denen der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat sowie "punktuelle Arbeitsausfälle" wie Tage des bezahlten Erholungsurlaubs, gesetzliche Feiertage, krankheitsbedingte Arbeitsausfälle, Freistellung zu Bildungsveranstaltungen, vorübergehende Verhinderung nach § 616 BGB, Suspendierungen nach §§ 2, 3 PflegeZG, Beschäftigungsverbot nach dem MuSchG.[5]

Im vorliegenden Fall wirkt sich unter Anwendung der obigen Formel der unbezahlte Sonderurlaub vom 11.3. bis 30.9. wie folgt auf die (bezahlten) Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers im entsprechenden Jahr aus, wenn dieser normalerweise im Jahr 30 Urlaubstage bei einer 5-Tage Woche hat:

30 Urlaubstage x 115 Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht (260 Tage/Jahr – 145 Tage Sonderurlaub bei Arbeit Mo bis Fr) : 260 Arbeitstage (entspricht 52 Wochen mit 5- Arbeitstagen) = 13,27 Tage Urlaubsanspruch

Manche Tarifverträge enthalten Sonderregelungen zum unbezahlten Urlaub.

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