Durch die Verweisung in § 26 BBiG findet auf das Praktikantenverhältnis auch § 17 Abs. 1, 6 und 7 BBiG Anwendung. Daher hat auch ein Praktikant Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Bei dem Merkmal der "angemessenen Vergütung" in § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff.[1] Soweit eine einschlägige tarifvertragliche Regelung existiert, ist die Angemessenheit vom Arbeitgeber nicht mehr zu prüfen, da eine Vergütung, die sich an einem entsprechenden Tarifvertrag ausrichtet, stets als angemessen gilt.[2] Bei fehlender Tarifbindung ist es zunächst Aufgabe der Vertragsparteien, die Höhe der Vergütung festzulegen. Sie haben einen Spielraum. Die richterliche Überprüfung erstreckt sich nur darauf, ob die vereinbarte Vergütung die Mindesthöhe erreicht, die noch als angemessen anzusehen ist. Ob die Parteien den Spielraum gewahrt haben, ist unter Abwägung ihrer Interessen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls festzustellen. Maßgeblich ist die Verkehrsanschauung.[3] Wichtigster Anhaltspunkt für die Verkehrsanschauung sind auch bei fehlender Tarifbindung die einschlägigen Tarifverträge. Bei ihnen ist anzunehmen, dass das Ergebnis der Tarifverhandlungen die Interessen beider Seiten hinreichend berücksichtigt. Die Ergebnisse kollektiv ausgehandelter Tarifvereinbarungen haben die Vermutung der Angemessenheit in sich.[4] In einem durch Zuschüsse der Bundesagentur für Arbeit finanzierten Ausbildungsverhältnis kann eine Vergütung in Höhe der Leistungssätze noch angemessen sein, obwohl sie das Tarifniveau um deutlich mehr als 20 % unterschreitet.[5] Wenn einschlägige tarifliche Regelungen fehlen, kann auf branchenübliche Sätze abgestellt werden, eine der Verkehrsauffassung des betreffenden Gewerbezweigs entsprechende Vergütung zugrunde gelegt oder auf Empfehlungen der Kammern oder Handwerksinnungen zurückgegriffen werden.[6]

Ist die Vergütung im Praktikantenvertrag ausdrücklich ausgeschlossen, so ist der gesamte Vertrag nichtig.[7] Dies gilt jedoch nicht, wenn es sich um ein Fachhochschul- und Hochschulpraktikum handelt.[8] Ein Anspruch auf eine angemessene Ausbildungsvergütung nach den §§ 17 Abs. 1 Satz 1, 26 BBiG ist auch dann nicht gegeben, wenn – wie z. B. in § 7 Psychotherapeutengesetz a. F. bestimmt – die Anwendung des BBiG ausgeschlossen ist.[9] Wird in einem solchen Fall ein unentgeltliches Praktikum vereinbart, kann gleichwohl in entsprechender Anwendung des § 612 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Vergütung bestehen, wenn vom Praktikanten während des Praktikums höherwertigere Dienste verrichtet wurden, als an sich von ihm während des Praktikums zu erbringen gewesen wären.[10]

 
Praxis-Tipp

In Bezug auf mögliche Vergütungsansprüche ist von Bedeutung, ob der Lernzweck im Vordergrund steht. Die Übertragung von praktischen Tätigkeiten darf hierzu nicht im Widerspruch stehen. Eine Tätigkeit, die über die vertraglich geschuldete hinausgeht, kann zwar auch unentgeltlich zu erbringen sein, wenn sie z. B. nur probe- oder vertretungsweise zugewiesen wird. Ob und wie lange danach die Dienstleistungen ohne das ihnen entsprechende Entgelt zu erbringen sind, hängt von den Umständen im Einzelfall ab.[11] Eine Vergütungserwartung des Praktikanten könnte umso eher gerechtfertigt sein, je regelmäßiger und umfangreicher er auf Veranlassung oder mit Billigung des Praktikumsgebers höherwertige Tätigkeiten durchführt.

1.3.1.8.1 Anrechnung von Sachleistungen, § 17 Abs. 6 BBiG

Sofern Praktikanten Sachleistungen wie z. B. eine freie Unterkunft während des Praktikums oder Essensgutscheine gewährt werden, können diese nach § 17 Abs. 6 BBiG in Höhe der nach § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB IV festgesetzten Sachbezugswerte auf die Vergütung angerechnet werden, jedoch nicht über 75 % der Bruttovergütung hinaus.

Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 SvEV beträgt der Wert einer als Sachbezug zur Verfügung gestellten Unterkunft ab 1.1.2021 monatlich 237 EUR. Für Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und Auszubildende vermindert sich der Wert der Unterkunft um 15 %. Der Wert der als Sachbezug zur Verfügung gestellten Verpflegung beträgt im Jahr 2021 nach § 2 Abs. 1 SvEV monatlich 263 EUR. Dieser Wert setzt sich zusammen aus dem Wert für Frühstück (55 EUR; kalendertäglich: 1,83 EUR), Mittagessen und Abendessen (104 EUR; kalendertäglich: je 3,47 EUR).

1.3.1.8.2 Mehrarbeit, § 17 Abs. 7 BBiG

Abgeleistete Mehrarbeitsstunden sind gem. § 17 Abs. 7 BBiG besonders zu vergü...

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