Das Praktikum unterscheidet sich hinsichtlich der rechtlichen Ausgestaltung erheblich von einem Arbeitsverhältnis. Gleichwohl kommt es aufgrund der vielen Berührungspunkte in der Praxis zu Überschneidungen und eine eindeutige Abgrenzung ist nicht immer möglich. Während im Arbeitsverhältnis die Pflicht zur Erfüllung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung nach Weisung des Arbeitgebers überwiegt[1], steht bei einem Praktikantenverhältnis der Ausbildungszweck im Vordergrund.[2] Ein Arbeitsverhältnis ist deshalb z. B. zu verneinen, wenn bei einer Gegenüberstellung der Anteile "Ausbildungszweck" und "für den Betrieb erbrachte Leistungen und Arbeitsergebnisse" das Erlernen praktischer Kenntnisse und Erfahrungen deutlich überwiegt. Das Praktikum schließt aber nicht aus, dass es auch für den Arbeitgeber nützlich sein kann.[3] Aus dem zugrunde liegenden Vertrag muss der Ausbildungszweck eindeutig hervorgehen.[4] Bei der Beurteilung im Einzelfall kommt es jedoch im Ergebnis auf die tatsächliche Ausgestaltung der (Praktikanten-)Tätigkeit und weniger auf die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Rechtsverhältnisses als "Praktikum"[5] und den Vertragstext an.[6] Allerdings ist die Vertragstypenwahl der Parteien auch nicht völlig bedeutungslos. Kann die vertraglich vereinbarte Tätigkeit typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbstständig erbracht werden, ist die Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der bei jeder Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.[7]

 
Praxis-Tipp

Ein Indiz für ein Praktikum liegt vor, wenn die Tätigkeit des Praktikanten während der überwiegenden Zeit seiner Beschäftigung für den Arbeitsprozess nicht notwendig ist bzw. er Aufgaben wahrnimmt, die das Arbeitsergebnis nur zusätzlich unterstützen oder ergänzen, ohne dass es für das angestrebte Ergebnis dieser Unterstützung oder Ergänzung bedurft hätte. Unschädlich ist es auch, wenn der Praktikant im Rahmen seiner Tätigkeit ein eigenständiges Arbeitsergebnis erzielt, solange der Bezug zur Ausbildung besteht.

Auch wennt der Ausbildungszweck aufgrund von Mängeln in der Betreuung während des Praktikums gefährdet oder nicht erreichbar ist, lässt sich hieraus noch nicht ableiten, der Ausbildungszweck sei nur vorgeschoben gewesen[8]. Auch führen Mängel in der Ausbildung nicht dazu, dass das Praktikantenverhältnis rechtlich als Arbeitsverhältnis zu bewerten wäre[9]. Selbst die Tatsache, dass sich die Tätigkeit im Praktikum mitunter mit der im Arbeitsverhältnis nur wenig unterscheidet, reicht für sich genommen nicht aus, um das Praktikum als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren[10]. Schließlich, so das Arbeitsgericht Dortmund[11], liegt es "in der Natur der Sache, dass Praktikanten ganz gewöhnliche Arbeitsaufgaben erledigen, wie sie auch von den sonstigen Arbeitnehmern des Betriebes verrichtet werden." Im Einzelfall wird es daher darauf ankommen, ob Gegenstand des Rechtsverhältnisses die Vermittlung praktischer Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen im Bereich der vereinbarten Lerninhalte bzw. Lernziele war oder die Leistung von Arbeit i. S. d. § 611a Abs. 1 BGB im Vordergrund stand.

Soweit das Praktikum oft in die Nähe eines Ausbildungsverhältnisses gerückt wird[12], weil dem Praktikanten zu Ausbildungszwecken Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, so ist doch festzustellen, dass in einem Praktikantenverhältnis keine systematische Berufsausbildung stattfindet und auch nicht zulässig wäre, denn nach § 4 Abs. 2 BBiG darf für einen anerkannten Ausbildungsberuf nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden. Hieraus lässt sich folgern, dass es nicht der Praxis überlassen bleiben soll, in welchem Umfang und mit welchem Ziel ausgebildet wird[13]. Die Systematik der Ausbildung ist damit entscheidendes Abgrenzungskriterium zwischen der Berufsausbildung auf der einen Seite und dem Praktikum auf der anderen Seite[14]: Während die Berufsausbildung nach § 1 Abs. 3 BBiG eine breit angelegte berufliche Grundbildung und die Vermittlung der für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zum Gegenstand hat[15], nach einer vorgeschriebenen Ausbildungsordnung für einen anerkannten Ausbildungsberuf erfolgt und mit einer erfolgreichen Abschlussprüfung endet, ist ein Praktikum häufig nur Teil einer Gesamtausbildung, weil es beispielsweise für die Zulassung zum Studium oder Beruf benötigt wird.[16] Steht dabei gleichwohl der Ausbildungszweck im Vordergrund, ohne dass zugleich aber eine geregelte umfassende fachliche Ausbildung angestrebt wird, handelt es sich um ein Vertragsverhältnis eigener Art welches als "anderes Vertragsverhältnis" i. S. v. § 26 BBiG eingestuft wird. Für dieses Vertragsverhältnis gelten die §§ 10 bis 16 und 17 Absatz 1, 6 und 7 sowie die §§ 18 bis 23 und 25 BBiG mit den in § 26 BBiG genannten E...

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