Während der Inanspruchnahme der Familienpflegezeit und der Nachpflegephase genießt der Beschäftigte besonderen Kündigungsschutz (§ 9 Abs. 3 Satz 1 FPfZG). Eine Kündigung ist grundsätzlich ausgeschlossen.

In besonderen Fällen kann ausnahmsweise eine Kündigung durch die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde für zulässig erklärt werden (§ 9 Abs. 3 Satz 2 FPfZG). Diesbezüglich gelten die von der Rechtsprechung für den besonderen Kündigungsschutz von schwangeren Mitarbeiterinnen sowie Beschäftigten in Elternzeit oder Pflegezeit aufgestellten Grundsätze entsprechend.

  • Beginn des Kündigungsschutzes

Erst mit Wirkung ab 1.1.2015 hat der Gesetzgeber den besonderen Kündigungsschutz ab Ankündigung der Familienpflegezeit zeitlich begrenzt. Der Kündigungsschutz setzt ab Ankündigung, frühestens jedoch 12 Wochen vor dem geplanten Beginn der Familienpflegezeit ein. Eine solche zeitliche Begrenzung des Kündigungsschutzes sieht das FPfZG in der Fassung vom 6.12.2011 nicht vor. Fraglich ist deshalb, zu welchem Zeitpunkt in den sog. "Altfällen" der besondere Kündigungsschutz einsetzt:

  • ab dem Verlangen nach Familienpflegezeit,
  • nach Abschluss einer Familienpflegezeitvereinbarung oder
  • ab Beginn der zum Zwecke der Familienpflegezeit reduzierten Arbeitszeit

Der Gesetzeswortlaut in § 9 Abs. 3 FPfZG ("während der Inanspruchnahme der Familienpflegezeit") ist insoweit nicht eindeutig.

Bei Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem PflegeZG beginnt der Kündigungsschutz bereits ab dem Zeitpunkt des Verlangens der Pflegezeit. Zu beachten ist, dass es sich bei der Pflegezeit um ein einseitiges Gestaltungsrecht handelt. Die Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem PflegeZG bedarf nicht der Zustimmung des Arbeitgebers. Auf Familienpflegezeit hat der Beschäftigte dagegen keinen einseitig gestaltbaren Rechtsanspruch. Vielmehr bedarf die Familienpflegezeit einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigtem (Näher oben Ziffer 4.3.6 und 4.3.7).

Die Familienpflegezeit als solche beginnt mit dem Zeitpunkt der Reduzierung der Arbeitszeit zum Zwecke der häuslichen Pflege. Stellt man auf diesen Zeitpunkt ab, so könnte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nach Abschluss der Familienpflegezeitvereinbarung und vor dem tatsächlichen Beginn der Phase der reduzierten Arbeitszeit noch ordentlich kündigen. Dies war wohl kaum gewollt.

Nach der Begründung des Gesetzentwurfs[1] sollen dem Beschäftigten "aus der Inanspruchnahme" der Familienpflegezeit keine Nachteile bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses erwachsen. Dies könnte darauf hindeuten, dass der Gesetzgeber einen Kündigungsschutz bereits ab dem Verlangen des Beschäftigten auf Abschluss einer Familienpflegezeitvereinbarung beabsichtigt haben könnte. Im Wortlaut des Gesetzes hat dies jedoch keinen eindeutigen Niederschlag gefunden. Nach der hier vertretenen Auffassung ist ein besonderer Kündigungsschutz ab Antragstellung abzulehnen. Andernfalls könnte sich der Beschäftigte unter Umständen für einen Übergangszeitraum – z. B. zwischen der Antragstellung und der gerechtfertigten Ablehnung des Antrags durch den Arbeitgeber – den besonderen Kündigungsschutz verschaffen.

Nach Sinn und Zweck des Gesetzes ist die Formulierung "während der Inanspruchnahme der Familienpflegezeit" dahingehend auszulegen, dass dem Beschäftigten nach Zustandekommen der Vereinbarung über die Familienpflegezeit – also nach Unterzeichnung der schriftlichen Vertragsänderung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer – der besondere Kündigungsschutz zukommt. Ab diesem Moment nimmt der Beschäftigte die Familienpflegezeit "in Anspruch". Auf den Zeitpunkt, zu dem die Arbeitszeit tatsächlich reduziert wird, kommt es damit nicht an.

  • Kündigungsschutz in der Nachpflegephase

Der Kündigungsschutz erstreckt sich auch auf die Nachpflegephase, obwohl in dieser Zeit nicht mehr der Zweck der Familienpflege gegeben ist. Mit dem Kündigungsschutz während der Nachpflegephase soll sichergestellt werden, dass der Anspruch des Arbeitgebers auf Rückzahlung der Entgeltaufstockung erfüllt werden kann. Der Kündigungsschutz dient damit allein dem Ausgleich des Wertguthabens. Er soll dem Beschäftigten die Möglichkeit sichern, den Aufstockungsbetrag "abzuarbeiten". Hierfür erscheint die Anordnung eines besonderen Kündigungsschutzes jedoch nicht notwendig.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde in der Nachpflegephase aus betriebs- oder personenbedingten Gründen und besteht keine Aufrechnungsmöglichkeit, so geht der Rückzahlungsanspruch unter (näher unten Ziffer 3.9.3). Der Arbeitgeber muss vor dieser Konsequenz nicht besonders geschützt werden. Insoweit besteht kein Bedarf für einen besonderen Kündigungsschutz in der Nachpflegephase. Des Weiteren ist zu beachten, dass sich die Nachpflegephase durch "Störungen" wie z. B. längere Krankheitszeiten oder Freistellungen aufgrund anderer gesetzlicher oder tariflicher Vorschriften verlängern kann. Mit einem Hinausschieben der Nachpflegephase verlängert sich automatisch auch der ...

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