Das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) in der Fassung vom 6.12.2011 ergänzt das seit 2008 bestehende PflegeZG. Es ermöglicht eine über die 6-monatige Pflegezeit hinausgehende häusliche Pflege naher Angehöriger, was gesellschafts- und sozialpolitisch wünschenswert und deshalb zu begrüßen ist. Zu kritisieren ist jedoch der mit der Umsetzung der Familienpflegezeit verbundene enorme bürokratische Aufwand.[1] Der Arbeitgeber kann – wenn ein positives Wert-/Arbeitszeitguthaben nicht vorhanden ist – zur Refinanzierung des von ihm zu leistenden Aufstockungsbetrags eine "staatliche Förderung" in Form eines zinslosen Darlehens in Anspruch nehmen. Dabei ist zwingend das durch Tod oder Berufsunfähigkeit des Beschäftigten begründete Ausfallrisiko vom Beschäftigten durch Abschluss einer Familienpflegezeitversicherung abzudecken.

Hinsichtlich der "staatlichen Förderung" hätte man sich aus Arbeitgebersicht einen erheblich einfacheren Weg gewünscht, z. B. durch eine unmittelbare Zahlung von Geldern der öffentlichen Hand an die Beschäftigten, wie dies z. B. im Rahmen der Elternzeit hinsichtlich des Elterngelds erfolgt. Die Argumentation, dass den Beschäftigten dieser Weg nicht zumutbar sei, da diese mit anderen Dingen belastet seien, überzeugt kaum.

Der besondere Kündigungsschutz während der Familienpflegephase folgt den bisherigen Kündigungsschutzvorschriften bei Erfüllung familiärer Pflichten, z. B. im MuSchG, BEEG und im PflegeZG. Das Bestehen des besonderen Kündigungsschutzes während der sog. Nachpflegephase ist jedoch wenig nachvollziehbar. Es besteht keine Notwendigkeit, den Arbeitgeber "vor sich selbst" zu schützen, zumal im Falle der betriebs- oder personenbedingten Kündigung – sofern Aufrechnungsmöglichkeiten nicht bestehen – der Anspruch des Arbeitgebers auf Erstattung des Aufstockungsbetrags untergeht.

Die Entwicklung in der arbeitsrechtlichen Literatur und Rechtsprechung zu dem neuen Gesetz – insbesondere den Möglichkeiten des Arbeitgebers, den Abschluss einer Familienpflegezeitvereinbarung abzulehnen – bleibt abzuwarten.

Arbeitgebern und Beschäftigten steht es selbstverständlich frei, auch nach Inkrafttreten des Familienpflegezeitgesetzes Teilzeitvereinbarungen außerhalb des FPfZG zu schließen. Der geschilderte enorme bürokratische Aufwand zur Abwicklung der Familienpflegezeit entfällt, der Beschäftigte braucht keine mit Prämienzahlungen verbundene Versicherung abzuschließen und hat keine "Schulden" bei seinem Arbeitgeber.

Die Berücksichtigung der häuslichen Pflege im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung, insbesondere die Gutschrift von zusätzlichen Entgeltpunkten, erfolgt unabhängig davon, ob die Pflege auf Basis einer Familienpflegezeitvereinbarung oder einer außerhalb des FPfZG vereinbarten Teilzeitbeschäftigung geleistet wird. Sie ist Bestandteil des Leistungsrechts der Pflegeversicherung (§ 44 SGB XI, näher hierzu unter Ziffer 4). Allerdings genießt der Beschäftigte bei einer Teilzeitvereinbarung außerhalb des FPfZG oder des PflegeZG keinen besonderen Kündigungsschutz, Anspruch auf eine Entgeltaufstockung während der Pflegephase besteht in diesem Fall nicht.

[1] Vgl. auch die kritischen Stellungnahmen zum Referenten- bzw. Gesetzentwurf z. B. BRAK Nr. 50/2011, S. 3, www.brak.de; BDA-Stellungnahme zum Referentenentwurf v. 10.3.2011, www.bda.de.

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