Hat zuerst ein Unterhaltsgläubiger gepfändet, wird seine Rechtsstellung durch eine nachfolgende Pfändung eines Normalgläubigers nicht berührt. Der Normalgläubiger kann aber dennoch möglicherweise zum Zug kommen, wenn der Unterhaltsgläubiger nicht den Vorrechtsbereich zuzüglich des gesamten Normalpfändungsbereichs ausschöpft, z. B. weil keine Rückstände bestehen und der laufende Unterhalt geringer als der pfändbare Lohnteil ist. Der Unterhaltsgläubiger ist in diesem Fall zunächst aus dem Vorrechtsbereich zu befriedigen (§ 850e Nr. 4 Satz 1 ZPO).

Nimmt der Unterhaltsgläubiger das ihm gebührende Vorrecht nicht in Anspruch und pfändet nur in den Grenzen des § 850c ZPO in den Normalpfändungsbereich, ist dieser für den nachfolgenden gewöhnlichen Gläubiger versperrt und dem Schuldner verbleibt ein höherer Freibetrag, weil der Normalgläubiger nicht auf den Vorrechtsbereich zugreifen kann. Jedoch wird auch in diesem Fall der Unterhaltsgläubiger kraft Gesetzes auf den Vorrechtsbereich verwiesen[1] (§ 850e Nr. 4 Satz 1 ZPO). Der Drittschuldner kann daher von sich aus den Vorrechtsbereich ermitteln und den Lohnabzug über den Normalpfändungsbereich des § 850c ZPO hinaus auf den Vorrechtsbereich des § 850d ZPO ausdehnen. Er würde dann jedoch für die Richtigkeit der Berechnung haften. Dieses Risiko muss er nicht eingehen. Er kann vielmehr bis zur Zustellung eines dahingehenden Verrechnungsbeschlusses des Vollstreckungsgerichts weiter nach den ihm vorliegenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen mit befreiender Wirkung leisten, d. h. weiterhin den Lohnabzug nur nach § 850c ZPO vornehmen. Der Normalgläubiger hat aber die Möglichkeit, beim Vollstreckungsgericht den Antrag zu stellen, dass der Anspruch des Unterhaltsgläubigers zunächst aus dem Vorrechtsbereich zu befriedigen ist (§ 850e Nr. 4 Satz 2 ZPO).

[1] Stöber, a. a. O. Rdn. 1276; Boewer, Handbuch der Lohnpfändung, Rdn. 739.

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