Rechtsgrundlage des geltenden Lohnpfändungsrechts bilden die zwingenden Regelungen der §§ 850850k ZPO. Eine tief greifende Reform erfolgte mit dem 7. Gesetz zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen, das zum 1.1.2002 in Kraft getreten ist (BGBl I 2001 S. 3638).

Es enthielt vor allem folgende Neuregelungen:

  • Drastische Anhebung der Pfändungsfreigrenzen. So wurde die Pfändungsfreigrenze beim Alleinlebenden um rund 48,88 % von 1.209 DM auf 940 EUR monatlich erhöht. Bei einem Unterhaltsberechtigten wurde der Pfändungsfreibetrag um 350 EUR monatlich erhöht.
  • Die Pfändungstabelle wurde am oberen Ende systemkonform fortgeschrieben und die sogenannte Kappungsgrenze auf 2.851 EUR angehoben, was einer Steigerung um 46,89 % entspricht.
  • Dynamisierung der Pfändungsfreigrenzen alle 2 Jahre jeweils zum 1.7., entsprechend der im Vergleich zum jeweiligen Vorjahreszeitraum sich ergebenden prozentualen Entwicklung des Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes.
  • Erhöhung des Weihnachtsfreibetrags von 540 DM auf 500 EUR.
  • Sterbefallversicherungen werden bis zu einer Versicherungssumme von 3.579 EUR unpfändbar (§ 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO).
  • Klarstellung, dass bei der Bestimmung des sozialhilferechtlichen Existenzminimums insbesondere der Abzugsbetrag für Erwerbstätige zu berücksichtigen ist (§ 850f Abs. 1a ZPO).

Hintergrund der Neuregelung der Pfändungsfreigrenzen war der Anstieg der Lebenshaltungskosten seit 1991 um ca. 23 %, während die Pfändungsfreigrenzen seit 1992 nicht mehr angehoben wurden. Dies führte in der Praxis in einer Vielzahl von Fällen dazu, dass bei Anwendung der Pfändungsfreigrenzen das verbleibende Einkommen unter den Sozialhilfesatz gefallen ist. Aufgrund dessen stellten in der Vergangenheit zunehmend Schuldner entsprechende Änderungsanträge gem. § 850f ZPO, um die Pfändungsfreigrenze zumindest dem Sozialhilfesatz anzupassen. Dieser unbefriedigenden Entwicklung wurde Rechnung getragen.

Die gesetzgeberischen Zielsetzungen der Reform waren:

  • Existenzsicherung bei Pfändungsschuldnern,
  • Stärkung der Arbeitsmotivation,
  • kein Einstehen der Sozialhilfe für private Schulden,
  • Wahrung des Ausnahme-Charakters des § 850f Abs. 1 ZPO,
  • Entlastung der Vollstreckungsgerichte.

Die erste Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen erfolgte mit der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung vom 25.2.2005 (BGBl I S. 493ff.) zum 1.7.2005. Danach ist sie in den Jahren 2007 und 2009 unverändert geblieben. Die nächste Erhöhung erfolgte mit der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung vom 9.5.2011 (BGBl I S. 825ff.) zum 1.7.2011, da zwischenzeitlich der steuerliche Grundfreibetrag um ca. 4,44 % gestiegen war. Eine weitere Erhöhung um 1,57 % erfolgte mit der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung vom 26.3.2013 (BGBl Teil I Nr. 16) zum 1.7.2013.

Die nächste Erhöhung um 2,76 % erfolgte mit der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung vom 14.4.2015 (BGBl Teil I S. 618) zum 1.7.2015. Eine weitere Erhöhung erfolgte mit der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung vom 28.3.2017 (BGBl Teil I S. 750). Die nächste Anpassung erfolgte mit der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung vom 4.4.2019 (BGBl. Teil I Nr. 12 S. 443) und die Erhöhung um 6,28 % mit der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung vom 10.5.2021.

 
Hinweis

Bei der Anpassung der Pfändungsfreigrenzen im Jahr 2021 handelte es sich um die letzte Anpassung, die dem bisherigen zweijährlichen Rhythmus folgte. Diese Regelung wurde jedoch durch Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes (Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz – PKoFoG) vom 22.11.2020 (BGBl. I, Seite 2466) zum 1.8.2021 neu gefasst. Aufgrund dessen wird künftig eine jährliche Anpassung der Pfändungsfreigrenzen anhand der prozentualen Entwicklung des Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG erfolgen.

Die nächsten Änderungen erfolgten deshalb zum 1.7.2022 und zum 1.7.2023.

Diese Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen ist jeweils vom Arbeitgeber als Drittschuldner von sich aus zu berücksichtigen. Die Erhöhung betrifft aber nur Pfändungen, bei denen der Pfändungsfreibetrag aus der Pfändungstabelle zu entnehmen ist. Bei einer Unterhaltspfändung, bei der der Freibetrag durch das Vollstreckungsgericht festgesetzt wird, ändert sich für den Drittschuldner zunächst nichts. Hier ist eine Abänderung des Pfändungsbeschlusses durch das Vollstreckungsgericht erforderlich. Bis zur Vorlage eines derartigen Änderungsbeschlusses ist nach dem bisherigen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu verfahren.

 
Praxis-Tipp

Bei Unterhaltspfändungen, bei denen durch das Vollstreckungsgericht ein Freibetrag festgelegt ist, ist bei einer Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen weiterhin nach dem bisherigen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu verfahren, bis ein Änderungsbeschluss vorgelegt wird.

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