ArbG Bautzen, Urteil vom 17.3.2021, 3 Ca 3145/20

Die Corona-Sonderzahlungen des Arbeitgebers an einen angestellten Dachdecker ist nicht analog § 150a SGB XI Abs. 8 Satz 4 unpfändbar. Sie unterfällt auch nicht dem Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte nach § 850i Abs. 1 ZPO. Eine Unpfändbarkeit gem. § 850a Nr. 3 ZPO scheidet aus, wenn der Zahlung des Arbeitgebers an seine Mitarbeiter keine besondere Erschwernis der Tätigkeit zugrunde liegt.

Sachverhalt

Der vorliegende Fall betraf eine Verbraucherinsolvenz. Der Schuldner hatte hierbei 2015 einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt und seine pfändbaren Forderungen an den Kläger – den Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren über das Vermögen des Schuldners – abgetreten. Der Schuldner, der bei der Beklagten als Dachdecker tätig ist, hatte im Mai 2020 von dieser, wie auch seine Kollegen, eine Corona-Sonderzahlung i. H. v. 1.500 EUR erhalten. An den Kläger wurden davon keine Beträge abgeführt. Dieser verlangte nun die volle Auskehr der an den Schuldner gezahlten 1.500 EUR. Er vertrat die Auffassung, dass die Corona-Sonderzahlung keinen Pfändungsschutz genieße.

Die Entscheidung

Das ArbG gab der Klage teilweise – i. H. v. 560 EUR – statt.

Das Gericht führte zunächst aus, dass die von der Beklagten geleistete Corona-Sonderzahlung nicht von Gesetzes wegen unpfändbar gestellt sei, da die Regelung des § 150a SGB XI Abs. 8 Satz 4 über die Unpfändbarkeit von Corona-Prämien ausschließlich für Pflegekräfte gelte und nicht entsprechend anwendbar sei. Es liege auch keine planwidrige Regelungslücke für die durch § 3 Nr. 11 a EStG steuerfrei gestellte Corona-Sonderzahlung vor.

Des Weiteren unterfalle die Corona-Sonderzahlung nicht dem Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte nach § 850i Abs. 1 ZPO. Zwar stelle die Corona-Sonderzahlung in diesem Sinne kein klassisches Arbeitsentgelt, sondern Beihilfe oder Unterstützungsleistungen durch den Arbeitgeber dar, jedoch sei sie Teil des Vergütungsanspruchs gegen den Arbeitgeber und somit mit diesem gepfändet bzw. unterliege entsprechend der Abtretung. Insoweit erhöhe sie die monatliche Vergütung, sodass sich auch der pfändbare Vergütungsanteil erhöht.

Die Corona-Sonderzahlung sei zudem nicht nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar, wonach u. a. Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen sowie Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen pfändungsfrei seien, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen; denn die Beklagte hatte vorliegend die Corona-Sonderzahlung an alle Beschäftigten, unabhängig davon, auf welcher Baustelle und unter welchen Belastungen sie tatsächlich gearbeitet haben, gezahlt, was zeige, dass es sich hier gerade nicht um eine solch Gefahren-, Schmutz- oder Erschwerniszulagen handele.

Die Klage konnte jedoch nicht in vollem Umfang stattgegeben werden; denn die vom Kläger geltend gemachte Forderung konnte gem. § 400 BGB nur innerhalb der Pfändungsfreigrenzen wirksam vom Schuldner an den Kläger abgetreten wurde.

Hinweis:

Die Berufung ist beim LAG anhängig (Az.: 2 Sa 95/21).

In einem anderen Fall zum Pfändungsschutzkonto, hat das AG Zeitz (Beschluss vom 10.8.2020, 5 M 837/19) entschieden, dass die Corona Sonderzahlung als eine nicht wiederkehrende Vergütung i. S. d. § 850i ZPO pfändbar sei, aber mit Möglichkeit eines Pfändungsfreistellungsantrags gem. § 850i ZPO.

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