BAG, Beschluss v. 18.7.2017, 1 ABR 15/16

Dem Betriebsrat des gestellenden Arbeitgebers steht ein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG für die gestellten Arbeitnehmer nicht zu. Durch die Personalgestellung werden die Arbeitnehmer in Bezug auf arbeitszeitrechtliche Maßnahmen, wie z. B. die Erstellung und Durchführung von Dienstplänen, betriebsverfassungsrechtlich nicht mehr dem Betrieb der Arbeitgeberin, sondern dem Gestellungsnehmer zugeordnet. Somit kann ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nur von einem dort gebildeten Betriebsrat wahrgenommen werden.

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall ging es um einen Unterlassungsanspruch des bei der Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrats. Die Arbeitgeberin betreibt eine Einrichtung für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderungen. Der TVöD fand auf die Arbeitsverhältnisse der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer Anwendung. Zum 1.1.2012 wurde die zu diesem Betrieb gehörende Zentralküche ausgegliedert und der Betriebsteil auf die I GmbH (I) übertragen, deren Alleingesellschafterin die Arbeitgeberin ist. Im Vorfeld schloss sie mit dem Betriebsrat eine "Betriebsvereinbarung Ausgliederung Küche und Catering sowie Personalgestellung (zugleich Interessenausgleich und Sozialplan)" (BV Ausgliederung), worin u. a. geregelt war, dass Mitarbeiter, die dem Teilbetriebsübergang widersprechen, auf der Grundlage von § 4 Abs. 3 TVöD zur Dienstleistung überlassen werden und diese Mitarbeiter während der Personalgestellung dann dem Direktionsrecht – u. a. hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitszeit – der zu gründenden Integrationsfirma unterliegen sollten. Des Weiteren sollte für die personalgestellten Mitarbeiter im Hinblick auf ihre Arbeitszeit die am gleichen Tag zwischen den Betriebsparteien geschlossene Betriebsvereinbarung "Arbeitszeit Küche und Außenstellen" (mit Regelungsinhalten zur regelmäßigen Arbeitszeit, Zeitausgleichskonto, Erstellung von Dienstplänen und deren Genehmigungspflicht durch den Betriebsrat) gelten. Auch war geregelt, dass der Betriebsrat für die personalgestellten Mitarbeiter weiterhin zuständig sein solle.

Dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die I haben 8 Arbeitnehmer widersprochen, die seither im Wege einer Personalgestellung gem. § 4 Abs. 3 TVöD in der Zentralküche der I tätig sind. Deren Einsatz erfolgt nach Dienstplänen, die vom Leiter der Zentralküche oder dessen Vertreter erstellt werden und zunächst auch dem Betriebsrat zur Genehmigung vorgelegt wurden. Nachdem bereits nach kurzer Zeit das Zeitausgleichskonto von gestellten Arbeitnehmern die Phase "Rot" gem. der BV-Arbeitszeit erreicht hatte, leitete der Betriebsrat gegen die Arbeitgeberin ein Beschlussverfahren ein, weil er sein Mitbestimmungsrecht bei der Anordnung von Überstunden missachtet sah. Das Verfahren endete durch Vergleich.

Im Juni 2013 vereinbarte nunmehr die I mit dem bei ihr im Dezember 2012 gewählten Betriebsrat, eine "Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit Küche und Außenstellen" (BV Arbeitszeit I). Trotzdem legte die Arbeitgeberin dem antragstellenden Betriebsrat weiterhin Dienstpläne betreffend die der I gestellten Arbeitnehmer vor, denen dieser widersprach. Die gestellten Arbeitnehmer wurden bei der I jedoch den Dienstplänen entsprechend eingesetzt. Der Betriebsrat, der die Auffassung vertritt, durch das "Inkraftsetzen" der Dienstpläne für die gestellten Mitarbeiter werde das ihm nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zustehende Mitbestimmungsrecht verletzt, beantragte, der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, Dienstpläne bezüglich der der I GmbH gestellten Arbeitnehmer einseitig in Kraft zu setzen.

Die Entscheidung

Der Antrag des Betriebsrats hatte keinen Erfolg.

Der Betriebsrat kann sich nach Auffassung des Gerichts für sein Unterlassungsbegehren weder auf § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG noch auf § 6 BV Arbeitszeit stützen.

Zunächst folgt ein Unterlassungsanspruch nicht aus einer Verletzung eines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG; denn dem Betriebsrat steht hieraus ein Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung der Dienstpläne für die der I gestellten Arbeitnehmer nicht zu; durch die Personalgestellung waren die 8 Arbeitnehmer in Bezug auf die verfahrensgegenständliche Maßnahme – die Erstellung und Durchführung von Dienstplänen – betriebsverfassungsrechtlich nicht mehr dem Betrieb der Arbeitgeberin, sondern dem der I zugeordnet. Somit kann ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nur von einem dort gebildeten Betriebsrat wahrgenommen werden. Das Gericht führte hierzu aus, dass wenn ein Arbeitnehmer nicht in einen Betrieb seines Vertragsarbeitgebers, sondern in einen "Drittbetrieb" eingegliedert ist, die betriebsverfassungsrechtliche Arbeitgeberstellung aufgespalten sei. "Ob sich in einem solchen Fall das Mitbestimmungsrecht an den Betriebsarbeitgeber oder den Gestellungsarbeitgeber richtet, bestimmt sich nach dem Gegenstand der Mitbestimmung. Dieser ist im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG das Interesse der Arbeitnehmer an der Lage ihrer Ar...

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