Leitsatz (amtlich)

1. Das Mindestlohngesetz findet auf Strafgefangene keine Anwendung, denn es gilt nach § 22 Abs. 1 Satz 1 MiLoG nur für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

2. § 40 HmbStVollzG ist auch in Verbindung mit der Hamburger Strafvollzugsvergütungsordnung weiterhin verfassungsgemäß.

 

Normenkette

HmbStVollzG § 40; HmbStVollzVergO; MiLoG § 22

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 08.06.2015; Aktenzeichen 605 Vollz 22/15)

 

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg - Große Strafkammer 5 als Strafvollstreckungskammer - vom 08. Juni 2015 wird als unzulässig verworfen.

2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Gegenstandswert wird auf 8.100 € festgesetzt.

3. Die Festsetzung des Gegenstandswerts im angefochtenen Beschluss des Landgerichts Hamburg wird auf 8.100,- € abgeändert.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer, Strafgefangener in der JVA Fuhlsbüttel, arbeitet in der dortigen Bäckerei. Er verlangt für seine Tätigkeit ab Januar 2015 eine Vergütung nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG).

Für Januar 2015 erhielt er nach § 40 Abs. 2 HmbStVollzG i.V.m. §§ 2, 3 HmbStVollzVergO für 147 Arbeitsstunden nach Vergütungsstufe 2 mit Zeitzuschlägen 269,43 €, für Februar 2015 für 140 Arbeitsstunden inklusive einer Leistungszulage 281,80 €. Im März 2015 wurde er nach Vergütungsstufe 3 entlohnt und erhielt für 161 Stunden 369,43 €. Er verlangt für die Monate Januar bis März 2015 und für die zukünftigen Monate anstelle dieser Arbeitsvergütung die Zahlung des Mindestlohns nach § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG von 8,50 € pro Stunde. Er ist der Auffassung, dass das am 1. Januar 2015 in Kraft getretene Mindestlohngesetz auch für Strafgefangene gelte, für die auch Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nach SGB III und IV abgeführt würden. Im Übrigen sei die Gefangenenentlohnung auch deshalb verfassungswidrig, weil die nunmehr seit 14 Jahren geltende Eckvergütung in Höhe von 9 Prozent der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Hinblick auf den Resozialisierungsgrundsatz nicht mehr genüge. Das gelte umso mehr, als mit der Änderung der Strafvollzugsvergütungsordnung die früher gewährten Leistungszulagen von bis zu 30 Prozent auf 10 Prozent reduziert worden seien und zudem Arbeiten regelhaft mit Vergütungsstufe 1 gleich 75 Prozent der Eckvergütung vergütet würden, auch wenn eine Einarbeitung in Maschinenführung erforderlich sei. § 40 Abs. 8 HmbStVollzG, der arbeitenden Gefangenen unter bestimmten Voraussetzungen den Erlass noch offener Verfahrenskosten gewährt, käme ihm nicht zugute, da er keine offenen Verfahrenskosten habe. Die gegenwärtige Entlohnung laufe den Europäischen Strafvollzugsgrundsätzen zuwider, wie sie in der Empfehlung REC (2006) des Ministerkommitees des Europarates vom 11. Januar 2006 aufgeführt seien. Sie verstoße zudem gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, nach der Diskriminierungen wegen sozialer Herkunft verboten seien. Strafgefangene würden im Sinne dieser Charta diskriminiert, weil sie vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen seien.

Jedenfalls stehe ihm bis zur Einführung einer verfassungsgemäßen Gefangenenentlohnung entsprechend der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 01. Juli 1998 eine Vergütung in Höhe von 40 Prozent der Bemessungsgrundlage zu.

Die JVA hält die Anträge für unbegründet.

Das Landgericht wies mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurück, führte im Einzelnen aus, dass das Mindestlohngesetz auf Strafgefangene keine Anwendung findet, dass § 40 HmbStVollzG weder verfassungs- noch europarechtswidrig sei und legte den Gegenstandswert auf 9.000 Euro fest.

Hiergegen richtete sich die mit der Sachrüge begründete Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG unzulässig, weil es nicht geboten ist, die Entscheidung des Landgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu überprüfen.

1. Das Mindestlohngesetz findet auf Strafgefangene keine Anwendung, denn es gilt nach § 22 Abs. 1 Satz 1 MiLoG nur für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Nach der Begründung des Gesetzes (Bundestagsdrucksache 18/1558 S. 26) hat es zum Ziel, die Tarifautonomie zu stärken und angemessene Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sicherzustellen. Es ist allgemein anerkannt, dass die Arbeit im Strafvollzug öffentlich-rechtlicher Natur ist, die Gefangenen nicht Arbeitnehmer sind und zwischen den Gefangenen und der Anstalt kein Arbeitsvertrag geschlossen wird (Arloth, Strafvollzugsgesetze, 3. Aufl. 2011, § 37 StrVollzG Rn. 6; AK-StVollzG, 6. Aufl. 2012, Vor § 37 StVollzG Rn. 30 jeweils m.w.N.). So ist gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 HmbStVollzG der Strafgefangene verpflichtet, die ihm zugewiesene Arbeit auszuüben.

Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Mindestlohngesetzes erlangt der Strafgefangene auch nicht etwa dadurch, dass er bzw. für ihn die Anstalt Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zahlt. ...

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