§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG gewährt dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften.

Abschließende Regelungen in Gesetzen über Unfallverhütungsvorschriften gehen dem Mitbestimmungsrecht vor, § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG. Als gesetzliche Vorschriften kommen die ausfüllungsbedürftigen Grundsatzvorschriften der §§ 62 HGB, 618 BGB in Betracht, daneben auch Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung, Arbeitsstoffverordnung, Röntgenverordnung und der Strahlenschutzverordnung.

Die zahlreichen Unfallverhütungsvorschriften (UVV) der Berufsgenossenschaften mit Bestimmungen über Einrichtungen, Anordnungen und Maßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Arbeitsunfällen enthalten regelmäßig für den Arbeitgeber einen Ermessensspielraum. Diesbezüglich kann der Betriebsrat bei der Durchführung einzelner Maßnahmen mitbestimmen.

Der Betriebsrat hat in allen Fällen des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, soweit ein Mitbestimmungsrecht besteht, auch ein Initiativrecht.

Mitbestimmungspflichtig ist auch die Grundentscheidung des Arbeitgebers, in welcher Form er seiner Verpflichtung aus dem Arbeitssicherheitsgesetz hinsichtlich der betriebsärztlichen Versorgung nachkommen will. § 9 Abs. 3 ASiG beinhaltet nach Auffassung des BAG keine abschließende gesetzliche Regelung.[1]

Der Betriebsrat hat bei der Unterweisung von Mitarbeitern nach § 12 Arbeitsschutzgesetz unter Berücksichtigung der Gefährdungsbeurteilung mitzubestimmen. Abstrakte Regelungen für die Unterweisung sind nach Auffassung des BAG nicht ausreichend.[2]

Ein Mitbestimmungsrecht steht dem Betriebsrat auch zu bei Schaffung einer zur Durchführung des betrieblichen Arbeitsschutzes geeigneten Organisation mit näher bezeichneten Aufgaben und Verantwortlichkeiten.[3] Das Arbeitsschutzgesetz schreibt dem Arbeitgeber kein bestimmtes Modell vor.

 
Praxis-Tipp

Mitbestimmung bei Übertragung der Aufgaben auf Dritte

§ 13 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz lässt die Auslagerung der Aufgaben, insbesondere der Unterweisung der Mitarbeiter auf Externe zu. Das Mitbestimmungsrecht ist in diesem Fall begrenzt auf die Auswahlentscheidung bezüglich des Externen bzw. der externen Firma.

Die Arbeitsstättenverordnung ist neu gefasst und am 3.12.2016 in Kraft getreten.[4] Konkrete Vorgaben über Raumhöhen, Grundflächen von Arbeitsräumen, Abmessungen von Pausen-, Bereitschafts- und Sanitärräumen wurden gestrichen.

Die Verordnung enthält im Wesentlichen allgemeine Rahmenvorschriften, die Formulierung der Schutzziele soll betriebsnahe Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen.

Damit wurden Spielräume geschaffen, die durch konkrete Regelungen für den Betrieb durch Arbeitgeber und Betriebsrat ausgefüllt werden können.

Durch die unbestimmten Rechtsbegriffe der Verordnung entstehen weitere Spielräume für Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu den Themen

  • Raumtemperatur,
  • Größe des Arbeitsplatzes,
  • Sanitärräume.

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 ist damit erheblich erweitert worden.

Die Vorgaben und Regelungen sollen dazu dienen, die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit der Beschäftigten in Arbeitsstätten (auch auf Baustellen) wirksam zu schützen und Arbeitsabläufe menschengerecht zu gestalten.

Im Einzelnen[106a]:

  • Fenster:

    Die Regelung der Sichtverbindung nach außen und für ausreichendes Tageslicht gilt nur für dauerhaft eingerichtete Arbeitsplätze und sonstige große Sozialräume, aber nicht für jede Art von Sanitärräumen. Lassen die baulichen oder betrieblichen Gegebenheiten dies nicht zu, z. B. in Bereichen von Flughäfen, Bahnhöfen, Sportstadien oder Einkaufszentren, kann von einer Sichtverbindung nach außen abgesehen werden. Neu ist die eindeutige Auflistung von Ausnahmen.

  • Arbeitsschutz-Unterweisung:

    Die Pflicht zu einer solchen Unterweisung bestand bereits bisher. Nun wurden entsprechende Hinweise, über welche Gefährdungen die Beschäftigten unterwiesen werden müssen (z. B. Brandschutzmaßnahmen, Erste Hilfe, Fluchtwege und Notausgänge) ergänzt.

  • Psychische Belastungen:

    Künftig sind auch psychische Belastungen bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Dies ist grundsätzlich bereits im ArbSchG vorgeschrieben. Für Arbeitsstätten wird dies jetzt konkretisiert und betrifft z. B. Belastungen und Beeinträchtigungen der Beschäftigten durch störende Geräusche oder Lärm, ungeeignete Beleuchtung oder ergonomische Mängel am Arbeitsplatz.

  • Homeoffice/Telearbeitsplätze:

    Es werden klare Regelungen für Telearbeitsplätze in die Arbeitsstättenverordnung aufgenommen. Damit wird gleichzeitig klargestellt, dass beruflich bedingte "mobile Arbeit", z. B. das gelegentliche Arbeiten mit dem Laptop in der Freizeit oder das ortsungebundene Arbeiten, wie unterwegs im Zug, nicht vom Anwendungsbereich erfasst wird.

  • Bildschirmarbeitsplätze:

    Die Verpflichtungen aus der Bildschirmarbeitsverordnung wurden in die Arbeitsstättenverordnung übernommen.

Bei der Ein...

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