Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistungen. Förderung aus dem Vermittlungsbudget. Zuschuss zum Erwerb eines Pkw. finanzielle Hilfe eines Dritten

 

Orientierungssatz

1. Die Förderung aus dem Vermittlungsbudget kann auch die Gewährung eines Zuschusses zum Erwerb eines Kraftfahrzeugs beinhalten, wenn der Arbeitsuchende aufgrund seines ländlichen Wohnortes bei einer Beschäftigungsaufnahme den beschränkten Möglichkeiten des öffentlichen Personennahverkehrs unterworfen und somit nur eingeschränkt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelbar ist.

2. Die finanzielle Hilfe eines Dritten schließt den Leistungsanspruch nicht aus, wenn der Dritte vorläufig nur deshalb einspringt, weil der Leistungsträger nicht rechtzeitig leistet oder weil er die Leistung abgelehnt hat (vgl BSG vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 52).

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 21. Oktober 2014 und der Bescheid des Beklagten vom 28. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2012 werden aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers vom 26. Juli 2011 auf Förderung des Erwerbs eines Kfz aus dem Vermittlungsbudget unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget zum Erwerb eines Kfz.

Der 1971 geborene Kläger wohnt mit seiner Familie, der 1975 geborenen Ehefrau und den 1999 und 2004 geborenen Kindern, in P., einem südlich der Elbe gelegenen, ehemals selbständigen Ortsteil der L ... Die Familie bezog als Bedarfsgemeinschaft von dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 7. April 2011 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum von Mai bis Oktober 2011 Leistungen in einer monatlichen Gesamthöhe 1.159,75 EUR. Auf den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft wurde das bezogene Kindergeld als Einkommen angerechnet. Erwerbseinkommen erzielten der Kläger und seine Ehefrau nicht.

Ausweislich der Vermerke in der Arbeitsvermittlungsakte wurde im Frühsommer 2011 ein Einsatz des Klägers, der in früheren Zeiten als LKW-Fahrer beschäftigt gewesen war, in der Personenbeförderung in Betracht gezogen. Es bestanden Beschäftigungsmöglichkeiten in der Schülerbeförderung. Dazu wurden von der zuständigen Arbeitsvermittlerin aus dem Vermittlungsbudget Leistungen für die Kosten eines ärztlichen Attests (154,70 EUR) und zur Beschaffung von Kontaktlinsen (276,80 EUR) bewilligt.

Bei der Vorsprache des Klägers am 14. Juli 2011 bei der Arbeitsvermittlerin wurde eine bis zum 13. Januar 2012 geltende Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen, in der der Beklagte dem Kläger Unterstützung bei der Arbeits- und Ausbildungsaufnahme u.a. durch Vermittlungsvorschläge, Unterstützung bei Bewerbungsbemühungen (Bewerbungskosten bis zu 200 EUR jährlich, Einstiegsgeld bei Aufnahme eine sozialversicherungspflichtigen Arbeit im Niedriglohnbereich) sowie sonstigen Leistungen zur Aufnahme einer Arbeit nach vorherigen gesonderten Antrag in Aussicht stellte. Der Gesprächsvermerk über die Vorsprache hat im Übrigen folgenden Wortlaut:

"Hr. H. wird voraussichtl. ab 01.09.11 bei FA W. eingestellt werden. Der dafür noch notwendige Arzttermin findet am 20.07.2011 statt - WV gesetzt für Nachfrage, ob alles i. O. ist. Hr. H. reicht heute den schriftl. Kostenvoranschlag für die ärztl. Untersuchung ein - weiter an 211.S (notw. für VB-Antrag sonst. Kosten)."

Am 25. Juli 2011 vermerkte die Arbeitsvermittlerin nach einem Anruf beim Kläger in Verbis, er sei fahrtauglich auch für Personenbeförderung. Beim Gesprächstermin am 26. Juli 2011 legte der Kläger die Rechnung für die Kontaktlinsen sowie den Beleg über die "Untersuchung nach Fahrerlaubnisverordnung inkl. Psychometrie" vor. Bei diesem Termin wurden weitere Leistungen in einer Gesamthöhe von 79,60 EUR aus dem Vermittlungsbudget (Kosten für das polizeiliche Führungszeugnis, den Umtausch des Führerscheins und den Fahrgastbeförderungsschein) bewilligt. Die Aufwendungen für die vom Kläger vorfinanzierte Ortskundeprüfung wurden nicht erstattet. Der Vermerk über die Vorsprache hat weiter folgenden Wortlaut:

"Hr. H. möchte sich einen PKW kaufen und fragt nach VB-Leistungen. Lt. Verbis hat er mit Stand 26.07.11 einen PKW. Diesen hat er nach eigener Aussage verschrottet und dies dem JC nur noch nicht mitgeteilt. Zur Zeit nutzt er das FZ eines Bekannten. Antrag VB wurde ausgehändigt, vor Bewilligung sollte eine genaue Prüfung erfolgen, ob und wann die Verschrottung erfolgte und ob der Erwerb eines PKW unabdingbar ist. In Verbis wurde heute das Feld "Fahrzeug" aktualisiert, d.h. es wurde registriert, dass er keines hat. "

Das von dem Beklagten am 26. Juli 2011 ausgereichte Formular "Antrag auf Gewährung einer Förderung aus dem Vermittlungsbudget gem. § 16 Ab...

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