Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässiger Versetzungsvorbehalt im Arbeitsvertrag. Leistungsbestimmung bezüglich des Arbeitsortes nach billigem Ermessen im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers. Sachvortrags- und Verwertungsverbot heimlich beschaffter persönlicher Daten und Erkenntnisse. Verwertung von Ergebnissen einer verdeckten Überwachung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Versetzungsvorbehalt im Arbeitsvertrag ist zulässig. Er stellt klar, dass das Direktionsrecht des § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsplätze bestehen soll.

2. Das Direktionsrecht verkörpert das Recht zur Leistungsbestimmung. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts verbleibt bei einer Versetzung für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein Spielraum, der nach billigem Ermessen auszufüllen ist. Das Gericht ist zu einer Ausübungskontrolle dahingehend befugt, ob die Entscheidung den gesetzlichen Anforderungen genügt.

3. Als Folge der Grundrechtsbindung und der Rechtsstaatlichkeit hat das Gericht zu prüfen, ob die Verwertung von heimlich beschafften Daten und Erkenntnissen mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des/der Betroffenen vereinbar ist.

4. Die Ergebnisse einer aus begründetem Verdacht beauftragten verdeckten Überwachung durch eine Detektei können im Prozess verwertet werden, wenn sie auch der Wahrung der berechtigten Interessen des Auftragsgebers dienten.

 

Normenkette

BDSG a.F. § 32; GewO § 106 Abs. 1; BDSG a.F. § 28; GG Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1; ZPO § 138 Abs. 3, §§ 286, 331 Abs. 1 S. 1; BGB § 315 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 20.09.2018; Aktenzeichen 5 Ca 618/17)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 20. September 2018, Az. 5 Ca 618/17, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten zweitinstanzlich noch über die Wirksamkeit einer Versetzung des Klägers an einen anderen Arbeitsort.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Entsorgungsbranche mit mehreren Standorten, ua. in R. und M.. Zum Standort R. gehört ein Wertstoffhof in W. (Pfalz). An jedem Standort besteht ein Betriebsrat. Der 1963 geborene Kläger ist seit Oktober 2001 bei der Beklagten als Müllwerker zu einem Monatslohn von zuletzt € 2.565,00 brutto beschäftigt. Auf seinen Antrag wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt; das Widerspruchsverfahren auf Feststellung eines höheren GdB ist nicht abgeschlossen.

Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 17.10.2001 haben die Parteien ua. folgendes vereinbart:

"§ 2 Aufgabenbereich

1. Der Mitarbeiter wird als Müllwerker eingestellt.

2. Erfüllungsort für die Arbeitsleistung ist R..

3. Die Firma behält sich einen etwa notwendigen anderweitigen Einsatz des Mitarbeiters - eventuell auch an einem anderen Ort - im Rahmen seiner Stellung entsprechenden Tätigkeit vor.

4. Soweit betrieblich erforderlich, kann der Mitarbeiter auch mit anderen Arbeiten im Rahmen seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten beschäftigt werden.

..."

Die Beklagte beschäftigte den Kläger mehrere Jahre als Kraftfahrer. Weil er diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben konnte, setzte sie ihn ab dem Jahr 2012 auf dem Wertstoffhof in W. ein, den die Beklagte als Entsorgungspartner des Landkreises Germersheim betreibt. Die Gebühren für die Anlieferer sind aufgrund einer Gebührensatzung nach Gewicht oder Volumen abzurechnen. Der Kläger hatte am Wertstoffhof die von Unternehmen und Privatpersonen angelieferten Abfälle an der Pforte zu begutachten, ggf. zu wiegen sowie die entsprechenden Entsorgungsgebühren zu erheben und zu kassieren. Außerdem hatte er zu beaufsichtigen, dass keine werthaltigen Abfälle entwendet werden.

Die Beklagte nahm - im Einzelnen vom Kläger bestrittene - Hinweise von Bürgern zum Anlass, den Wertstoffhof und auch den Kläger von einer Detektei observieren zu lassen. Die Observationen fanden an drei Tagen, am 14.05., 19.07. und 30.07.2016 statt, die Detektive hielten ihre Beobachtungen in drei Einsatzberichten fest (Anlage B1). Weil die polizeilichen Ermittlungen, die aufgrund einer Strafanzeige gegen den Kläger durchgeführt worden sind, keinen Fortgang nahmen, führte die Beklagte am 02.12.2016 auf dem Wertstoffhof eine Befragung von drei dort beschäftigten Mitarbeitern durch und fertigte hierüber Gesprächsprotokolle (Anlage B2) an. Anschließend führte die Beklagte Gespräche mit dem Kläger. Das gegen den Kläger eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Diebstahls wurde von der Staatsanwaltschaft Landau (Az. 7291 Js 16338/16) gem. § 153 StPO wegen Geringfügigkeit eingestellt.

Mit Schreiben vom 27.12.2016 versetzte die Beklagte den Kläger - nach Zustimmung der Betriebsräte des abgebenden und des aufnehmenden Betriebs - ab dem 01.01.2017 nach M., wo sie keinen Wertstoffhof betreibt. Nach Einholung einer arbeitsmedizinischen Stellungnahme vom 19.06.2017 gestaltete die Beklagte das Tätigkeitsprofil des Klägers in ihrem Betrieb in M. so um, dass es s...

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