Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines vollbeschäftigten Hochschullehrers für besondere Aufgaben bei fehlenden Eingruppierungsmerkmalen in den arbeitsvertraglich vereinbarten Tarifwerken. Konstitutives Angebot der Arbeitgeberin des öffentlichen Dienstes zur Vergütung nach der arbeitsvertraglich bestimmten Entgeltgruppe. Unwirksame Anfechtung der arbeitsvertraglichen Vergütungsregelung bei fehlendem Irrtum über die rechtliche Tragweite des Vertragsangebotes

 

Leitsatz (amtlich)

Enthält ein arbeitsvertraglich in Bezug genommenes tarifliches Regelungswerk keine die Tätigkeit des Arbeitnehmers betreffende Eingruppierungsregelung, handelt es sich bei der im Arbeitsvertrag angegebenen Entgeltgruppe um ein konstitutives Vertragsangebot der Arbeitgeberin des öffentlichen Dienstes.

Die unterlassene Anwendung einer zutreffenden Eingruppierungsordnung betrifft einen Fehler im Rahmen der Erklärungsvorbereitung, der nicht zur Irrtumsanfechtung gem. § 119 Abs. 1 BGB berechtigt.

 

Normenkette

BGB §§ 119, 121, 119 Abs. 1, § 611 Abs. 1; TV-L § 12 Abs. 2; TV-L Entgeltgruppe 12

 

Verfahrensgang

ArbG Bayreuth (Entscheidung vom 26.07.2016; Aktenzeichen 3 Ca 889/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.10.2018; Aktenzeichen 6 AZR 246/17)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth - Kammer Hof - vom 26.07.2016, Az.: 3 Ca 889/15, wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

Der Kläger ist auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 30.01.2013 (Kopie Bl. 9 d.A.) ab dem 01.04.2013 als vollbeschäftigte Lehrkraft für besondere Aufgaben unbefristet an der Hochschule A-Stadt beschäftigt.

In § 2 des Arbeitsvertrages heißt es: "Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge, in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden im Bereich des Arbeitgebers die jeweils geltenden einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

Grundlage für die Regelung des Lehrdeputats bildet die Lehrverpflichtungsverordnung (LUFV) in der jeweils geltenden Fassung. ..."

In § 4 wird unter der Überschrift "Eingruppierung" geregelt:

"(1) Der Beschäftigte ist in Entgeltgruppe 12 TV-L eingruppiert (§ 12 Absatz 2 TV-L).

(2) Der Arbeitgeber ist berechtigt, dem Beschäftigten aus dienstlichen Gründen eine andere Tätigkeit im Rahmen der Entgeltgruppe zuzuweisen."

Der Kläger wurde in der Folgezeit entsprechend dieser Vertragsbestimmungen nach der Entgeltgruppe 12 Stufe 3 vergütet.

Nach einer Überprüfung durch den Rechnungshof und auf seiner Beanstandung hin nahm die Hochschule A-Stadt mit Schreiben vom 14.07.2015 (Bl. 10 d.A.) eine korrigierende Rückgruppierung in die Entgeltgruppe 11 vor. In dem Schreiben wird ausgeführt, dass bei der Eingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe 12 Stufe 3 die Verordnung über die Einstellungsvoraussetzung für Lehrkräfte für besondere Aufgaben nicht korrekt angewendet und die Entgeltgruppenfeststellung nicht korrekt vorgenommen worden sei. Anstelle der vom Staatsministerium bekannt gegebenen Eingruppierungsrichtlinie sei die Eingruppierung des Klägers nach der Anlage A zum TV-L (Entgeltordnung) erfolgt. Daher sei eine tarifgerechte Neueingruppierung des Klägers erforderlich. Nach der anzuwendenden Verordnung sei der Kläger in die Entgeltgruppe 11 Stufe 3 einzugruppieren. Insofern werde eine korrigierende Rückgruppierung in die Entgeltgruppe 11 vorgenommen. Im Interesse einer Vermeidung unbilliger Härten werde dem Kläger ab dem 01.08.2015 eine abbaubare persönliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der tariflich unzutreffenden Eingruppierung in die Entgeltgruppe 12 Stufe 3 und der tarifgerechten Vergütung Entgeltgruppe 11 Stufe 3 zugesagt. Künftige Erhöhung der tariflichen Vergütung bzw. des Monatstabellenlohns durch höhere Eingruppierungen etc. würden angerechnet.

Mit Schreiben vom 21.5.2016 (Bl. 117 d.A.) erklärte der Präsident der Hochschule A-Stadt im Namen des Beklagten vorsorglich für den Fall, dass der Vergütungsregelung in § 4 Abs. 1 des Arbeitsvertrags konstitutive Wirkung beigemessen werden sollte, die Anfechtung der diesbezüglichen Erklärung.

Mit seiner Klage vom 11.12.2015 wendet sich der Kläger gegen die erfolgte Rückgruppierung und begehrt die Beibehaltung der Eingruppierung und Vergütung nach der Entgeltgruppe 12 Entgeltstufe 3 bzw. ab 01.04.2016 Entgeltstufe 4.

In seinem Schriftsatz vom 29.03.2016 stützt er sich auf den konstitutiven Charakter der in seinem Vertrag vereinbarten Entlohnung nach der Entgeltgruppe 12 TV-L.

Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung...

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