Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestandsstreitigkeit

 

Verfahrensgang

ArbG Stade (Urteil vom 24.02.2004; Aktenzeichen 1 Ca 863/03)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 24.02.2004 – 1 Ca 863/03 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages.

Die 1953 geborene Klägerin war seit dem 31.03.1993 bei der Beklagten, einem großen bundesweit tätigen Kaufhausunternehmen, in der Filiale C. beschäftigt, zuletzt bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von monatlich 81,5 Stunden zu einem Bruttomonatslohn von 973,00 EUR.

Am Samstag, dem 13.12.2003, arbeitete die Klägerin in der Lederwarenabteilung. Von dort aus begab sie sich in die Kosmetikabteilung, in der sie eine Packung Rasierklingen vom Haken des Verkaufsständers entnahm, die sie anschließend in der Lederwarenabteilung auf einem mit Leergut beladenem Korbwagen unter einem Karton deponierte. Dabei wurde die Klägerin von dem Hausdetektiv beobachtet, der dies der aufsichtsführenden Mitarbeiterin H. mitteilte. Frau H., die die Klägerin nach etwa 25 Minuten auf die Beobachtung ansprach, schilderte den Vorgang noch am selben Tage telefonisch dem Geschäftsleiter M., welcher die Klägerin dazu am folgenden Montag anhörte. An diesem Gespräch, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, nahmen neben dem zeitweise anwesenden Herrn M. mehrere Mitglieder des Betriebsrats teil. Im Verlaufe des Gesprächs wurde ein von dem Detectiv aufgezeichneter Videofilm abgespielt. Die Klägerin erklärte ihr Verhalten damit, sie habe die Rasierklingen für eine Kundin beschafft, die zwischenzeitlich andere Besorgungen erledigt habe; sie habe der Kundin einen Weg abnehmen wollen.

Zum Ende des Gesprächs unterzeichnete die Klägerin in Abwesenheit des Geschäftsleiters und in Anwesenheit verschiedener Mitglieder des Betriebsrats einen formularmäßig vorbereiteten Aufhebungsvertrag sowie eine eben solche Klageverzichtserklärung. Anschließend kam Herr M. hinzu und unterschrieb die Vereinbarungen für die Beklagte.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.12.2003 focht die Klägerin die Erklärungen vom 15.12.2003 wegen widerrechtlicher Drohung nach § 123 BGB an.

Die Klägerin hat behauptet, Herr M. habe in dem Gespräch nahezu wörtlich Folgendes geäußert:

„Ich mache Ihnen einen Vorschlag, ich kann entweder die Polizei rufen, ich kann Sie beurlauben, ich kann Sie fristlos kündigen oder ich kann mit Ihnen einen Aufhebungsvertrag schließen. Ich kann ferner eine Hausdurchsuchung bei Ihnen durchführen lassen.”

Die Klägerin hat dazu die Auffassung vertreten, weder sei sie durch die Verzichtserklärung an der Erhebung dieser Klage gehindert noch habe der Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis wirksam beendet. Aufgrund der Äußerung des Geschäftsleiters sei sie so unter Druck geraten, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, eine vom freien Willen geleitete Entscheidung unter rationaler Abwägung der Vor- und Nachteile zu treffen.

Die Klägerin hat außerdem den Standpunkt eingenommen, bei dem vorformulierten und in den Geschäftsräumen unterzeichneten Aufhebungsvertrag habe ihr ein Widerrufsrecht zugestanden, auf das die Beklagte nicht hingewiesen habe. Hilfsweise sei die Anfechtung als Widerruf auszulegen.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch den Aufhebungsvertrag vom 15.12.2003 nicht aufgelöst worden ist und fortbesteht,
  2. die Beklagte zu verurteilen, sie zu den bisherigen Bedingungen in C. in der Filiale … als Verkäuferin weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Aufhebungsvertrages vom 15.12.2003 wirksam beendet worden. Die Anfechtung beseitige diese Vereinbarung nicht, weil die Klägerin nicht widerrechtlich durch Drohung zur Abgabe der Erklärung veranlasst worden sei. Die Beklagte hat die dem Geschäftsleiter M. unterstellten Äußerungen bestritten. Dieser habe zunächst entschieden, die Klägerin werde vorläufig beurlaubt; weitere Entscheidungen hingen davon ab, zu welchem Ergebnis ein zur Aufklärung des Sachverhalts erforderliches Gespräch mit der am Samstag anwesenden Frau H. führe. Eine abschließende Entscheidung sei noch nicht gefällt. Erst aufgrund des Wunsches der Klägerin, die Sache schnell aus der Welt zu schaffen, habe Herr M. die Möglichkeit des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages erwähnt, ohne die Klägerin vor die Entscheidung zwischen Kündigung und Aufhebungsvertrag gestellt zu haben. Erst nachdem die Klägerin den Aufhebungsvertrag auf Intervention des Betriebsrats unterzeichnet habe, sei dieser auch von Herrn M. gegengezeichnet worden.

Das Arbeitsgericht Stade hatte die Klage durch Urteil vom 24.02.2004 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch wirksamen Aufhebungsvertrag vom 15.12.2003 mit Ablauf dieses Tages beendet worden. Die Drohung mit einer fristlosen Kündigung, bei der es sich um ein empfindliches Übel ...

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