Leitsatz (amtlich)

die einzelvertragliche Vereinbarung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende ist wegen Verstoßes gegen das Günstigkeitsprinzips des § 4 Abs. 3 TVG unwirksam, wenn der kraft beiderseitiger Tarifbindung geltende Tarifvertrag lediglich eine Kündigungsfrist von 1 Monat zum 15. des Monats oder zum Monatsende vorsieht.

 

Normenkette

TVG § 4 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 18.01.1999; Aktenzeichen 2 Ca 347/98)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 29.08.2001; Aktenzeichen 4 AZR 337/00)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 18. Januar 1999, 2 Ca 347/98, teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.269,51 DM brutto sowie 1.659,90 DM netto nebst 4 % Zinsen auf den sich insgesamt ergebenden Nettobetrag seit dem 01.07.1998 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger berechtigt war, das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der tarifvertraglichen Kündigungsfrist zu beenden, obwohl einzelvertraglich eine längere Kündigungsfrist vereinbart worden war.

Der am 15. April 1964 geborene ledige Kläger ist Diplom-Wirtschaftsingenieur. Er war bei der Beklagten seit dem 01. Juli 1995 als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Als Disponent im Bereich der Arbeitsvorbereitung bezog er zuletzt eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 5.854, – DM.

Dem Arbeitsverhältnis zugrunde lag der Arbeitsvertrag vom 19. Mai 1995, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 6–9 d.A.). In Ziffer 5 des Arbeitsvertrages wurde folgendes vereinbart:

Während der ersten 6 Monate kann das Arbeitsverhältnis mit monatlicher Frist zum Monatsende gekündigt werden. Danach gilt eine beiderseitige Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende. Jede durch Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung eingetretene Verlängerung der vereinbarten Kündigungsfristen und Termine zugunsten einer Vertragspartei gilt in gleicher Weise auch für den Vertragspartner.

In Ziffer 9 des Arbeitsvertrages verpflichtete sich der Kläger, an die Beklagte eine Vertragsstrafe in Höhe eines Monatsgehaltes zu zahlen, wenn er das Arbeitsverhältnis vertragswidrig löst.

Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft beiderseitiger Tarifbindung Anwendung der Manteltarifvertrag für die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie im nordwestdeutschen Raum der Bundesrepublik Deutschland (MTN), der unter anderem folgende Regelungen enthält:

  • 13. Soweit in diesem Tarifvertrag nichts Abweichendes bestimmt ist, können alle Arbeitsverhältnisse nur mit einer Mindestkündigungsfrist von einem Monat zum 15. des Monats oder zum Monatsende beiderseits gekündigt werden.
  • 90. Neben dem Urlaubsgeld wird für den Urlaub nach Ziffer 86 ein zusätzliches Urlaubsgeld gewährt. Es beträgt 56 % des Urlaubsentgelts.
  • 93. Kündigt der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf des ersten Jahres seiner Betriebszugehörigkeit, so hat er keinen Anspruch auf Zahlung eines Urlaubsgeldes. Das gleiche gilt, unabhängig von der Dauer der Betriebs Zugehörigkeit, bei begründeter fristloser Entlassung oder vertragswidriger Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer.

Mit Schreiben vom 26. Mai 1998 (Bl. 30 d.A.) kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis unter Bezugnahme auf die tarifliche Kündigungsfrist „fristgerecht zum 01.07.1998”. Mit Schreiben vom 27. Mai 1998 (Bl. 31 d.A.) wies die Beklagte darauf hin, dass die Kündigung nicht fristgerecht erfolgt sei. Mit Schreiben vom 03. Juni 1998 (Bl. 32 d.A.) teilte die Beklagte mit, dass sie auf der im Arbeitsvertrag vereinbarten beiderseitigen Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende bestehe, und dass der Kläger bei einer vertragswidrigen Lösung des Arbeitsverhältnisses zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet sei.

Von dem Gehalt des Klägers für den Monat Juni 1998 behielt die Beklagte dann einen Betrag von 1.659,70 DM ein (Bl. 15 d.A.).

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Nachzahlung des einbehaltenen Gehaltsteilbetrages für den Monat Juni 1998, zusätzliches Urlaubsgeld gemäß Ziffer 90 MTN in Höhe von 2.269,51 DM brutto sowie Urlaubsabgeltung für nicht genommene 5 Urlaubstage in Höhe von 1.350,90 DM brutto. Die Beklagte macht mit ihrer Widerklage Zahlung der restlichen Vertragsstrafe in Höhe von 1.931,77 DM geltend.

Das Arbeitsgericht hat durch ein dem Kläger am 22. März 1999 zugestelltes Urteil vom 18. Januar 1999, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 44-49 d.A.), die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.350,90 DM brutto nebst Zinsen zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte 1.931,77 DM nebst Zinsen zu zahlen.

Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Urlaubsabgeltungsanspruch bestehe nach Ziffer 84 MTN. Einen darüber hina...

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