Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfüllung von Urlaubsansprüchen durch Betriebswerber bei Betriebsübergang in der Insolvenz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es bestehen keine Abgeltungsanprüche des Arbeitsnehmers nach § 7 Abs. 4 BurlG gegen den Betriebsveräußerer bei Betriebsübergang für noch nicht erfüllte Urlaubsansprüche 2. Die Grundsätze der eingeschränkten Haftung des Betriebserwerbers in der Insolvenz (vg. Dazu zuletzt BAG, Urteil vom 20.06.2002, 8 AZR 459/01) gelten lediglich für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die im Rahmen des Insolvenzverfahrens berücksichtigungsfähig sind. Dies trifft auf Urlaubsansprüche, die auf Freistellung von der Arbeit gerichtet sind, nicht zu. 3. Der Arbeitnehmer hat einen Erfüllungsanspruch auf Urlaubsgewährung gegen den Betriebserwerber auch für noch nicht erfüllte Urlaubsansprüche aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung.

2. Die Grundsätze der eingeschränkten Haftung des Betriebserwerbers in der Insolvenz (vg. Dazu zuletzt BAG, Urteil vom 20.06.2002, 8 AZR 459/01) gelten lediglich für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die im Rahmen des Insolvenzverfahrens berücksichtigungsfähig sind. Dies trifft auf Urlaubsansprüche, die auf Freistellung von der Arbeit gerichtet sind, nicht zu.

3. Der Arbeitnehmer hat einen Erfüllungsanspruch auf Urlaubsgewährung gegen den Betriebserwerber auch für noch nicht erfüllte Urlaubsansprüche aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung.

 

Normenkette

BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Braunschweig (Urteil vom 05.02.2002; Aktenzeichen 3 Ca 614/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.11.2003; Aktenzeichen 9 AZR 95/03)

 

Tenor

Auf die Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 05.02.2002 – 3 Ca 614/01 – abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger weitere 19 Tage Urlaub (Resturlaub aus den Jahren 2000 und 2001) zu gewähren.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Kosten der Nebenintervention trägt der Nebenintervenient.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Urlaubsansprüche des Klägers.

Der Kläger war bei der Firma B. GmbH als Prokurist bei einem Bruttomonatsgehalt von 7.400,00 DM beschäftigt. Sein Jahresurlaubsanspruch betrug 30 Arbeitstage.

Über das Vermögen der B. wurde am 01.06.2001 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Streitverkündete wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser veräußerte noch am Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Rahmen eines Betriebsüberganges den Betrieb an die Beklagte.

Bei der Rechtsvorgängerin war es möglich Resturlaub aus dem Vorjahr nach Maßgabe eines „Rahmenvertrages vom 01.04.1999” dort § 10 zu übertragen.

Der Kläger hatte aus dem Kalenderjahr 2000 einen Resturlaubsanspruch in Höhe von 11 Tagen, der in das Kalenderjahr 2001 übertragen wurde. Der Kläger nahm von diesen übertragenen Urlaubstagen 3 Urlaubstage im März 2001. Nach § 10 Ziff. 9 des Rahmenvertrages „sollte” im Fall der Übertragung, der Urlaub in den ersten 3 Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden. Der Kläger nahm am 18.05.2001 einen weiteren Tag Urlaub. Weiteren Urlaub nahm der Kläger bis zum Betriebsübergang nicht. Der nicht genommene Resturlaub aus dem Jahr 2000 belief sich per 01.06.2001 auf 7 Tage.

Mit Schreiben vom 12.06.2001 machte der Kläger gegenüber der Beklagten geltend, aus der Zeit bis zum Betriebsübergang einen offenen Urlaubsanspruch i. H. v. 7 Tagen (2000) und weiteren 12 Tagen für den Zeitraum 01.01. bis 31.05.2001 zu haben. Er bat um entsprechende Bestätigung. Die Beklagte erkannte den Urlaubsanspruch des Klägers nicht an und verwies den Kläger mit Schreiben vom 25.07.2001 auf den Klagweg.

Im Betriebskaufvertrag zwischen dem Streitverkündeten und der Beklagten vom 01.06.2001 (Bl. 109 ff. d. A.) ist in § 1 folgende Regelung enthalten.

„Sollte die Käuferin die bis zum Übergabestichtag entstandenen Urlaubsansprüche der übernommenen Mitarbeiter zu erfüllen haben, gleich ob durch Urlaubsgewährung oder Abgeltung, so stellt der Verkäufer die Verkäuferin von diesen Ansprüchen bis zu einem Betrag von maximal 45.000,00 DM frei.”

Der Kläger hat auf Anraten des Streitverkündeten einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung zur Insolvenztabelle angemeldet. Der Streitverkündete hat diese Forderung anerkannt.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte hafte als Betriebsübernehmerin für die bis zum Betriebsübergang noch nicht erfüllten Urlaubsansprüche.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger weitere 19 Arbeitstage Urlaub zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, der Anspruch des Klägers sei nicht begründet, da der Betriebsübergang in der Insolvenz erfolgt sei. Im übrigen könne der Kläger nicht einerseits einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung zur Insolvenztabelle anmelden und andererseits die Gewährung des Urlaubs in Natur begehren.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vortrages der Parteien wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 05.02.2002 verwiesen. Mit diesem Urteil hat das Arbeitsge...

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