Entscheidungsstichwort (Thema)

Ärztliche Krankenversorgung keine Tätigkeit im Sinne des § 3 Buchst g BAT

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Tätigkeit von Ärzten in der Krankenversorgung ist nicht deshalb als Tätigkeit einer wissenschaftlichen Hilfskraft i. S. des § 3 Buchst. g zu werten, weil sie an einer Universitätsklinik ausgeübt wird und die ärztliche Tätigkeit auch Gegenstand wissenschaftlicher Forschung ist. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Parteien den Arbeitsvertrag als Vertrag für wissenschaftliche Hilfskräfte bezeichnen. Maßgebend ist vielmehr, ob der Arzt neben seiner Tätigkeit in der Krankenversorgung wenigstens überwiegend wissenschaftliche Hilfstätigkeiten in der medizinischen Forschung und Lehre verrichtet.

 

Normenkette

BAT § 3 Buchst. g

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 17.11.1987; Aktenzeichen 30 Ca 7596/87)

 

Tenor

1. Die Berufungen des Beklagten gegen die Urteile des Arbeitsgerichts München vor. 17.11.1987 – 30 Ca 7594/87 –, 19.01.1988 – 21 Ca 4700/87–, 26.11.1987 – 30 Ca 7595/87 – und 17.11.1987 – 30 Ca 7596/87 – werden kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Vergütung von Überstunden.

Die Parteien sind Mitglieder der Tarifvertragsparteien, die den Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) abgeschlossen haben.

Der Beklagte stellt die Ärzte, die zur Weiterbildung zum Facharzt an einer Universitätsklinik tätig werden wollen, vor die Wahl eines Arbeitsvertrags nach Maßgabe des BAT oder eines Arbeitsvertrags „für vollbeschäftigte wissenschaftliche Hilfskräfte”, für die der BAT grundsätzlich nicht gelten soll, wenngleich sich die Tätigkeiten der Ärzte in der ärztlichen Krankenversorgung inhaltlich nicht unterscheiden.

Die Kläger waren aufgrund befristeter Arbeitsverträge „für vollbeschäftigte wissenschaftliche Hilfskräfte” zur Weiterbildung zum Facharzt in verschiedenen … Universitätskliniken in der ärztlichen Krankenversorgung tätig. § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 dieser Verträge lautet folgendermaßen:

§ 37 BAT gilt mit der Maßgabe, daß an Stelle der Dienstzeit (§ 20 BAT) die Zeit der hauptberuflichen Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft tritt. Über die Regelung des Art. 80 BayBG hinaus ist die Bezahlung einer Mehrarbeit ausgeschlossen.

Tatsächlich haben die Kläger in erheblichem Umfang dienstplanmäßig „über die Regelung des Art. 80 BayBG hinaus” überstunden geleistet, die sie der jeweiligen Klinikverwaltung monatlich in dem dafür vorgesehenen Formular in Rechnung gestellt haben, die aber weder durch entsprechende Arbeitsbefreiung ausgeglichen noch vergütet worden sind.

Das Arbeitsgericht hat den Klagen auf Verurteilung des Beklagten zur Vergütung dieser Überstunden durch die Urteile vom 17.11.1987, 26.11.1988 und 19.01.1987 stattgegeben und die Vergütungsansprüche auf § 17 Abs. 5 Satz 4 BAT gestützt. Im übrigen wird auf diese Urteile Bezug genommen.

Der Beklagte macht demgegenüber im Berufungsrechtsweg in erster Linie geltend, daß gemäß § 3 Buchstabe g BAT der BAT für wissenschaftliche Hilfskräfte gar nicht gelte. Außerdem seien die strittigen Vergütungsansprüche jedenfalls teilweise verjährt. Dementsprechend beantragt der Beklagte die Abänderung der angefochtenen Urteile und die Abweisung der Klagen.

Die Kläger beantragen die Zurückweisung der Berufungen. Sie machen geltend, daß sie keine wissenschaftlichen Hilfskräfte im Sinne von § 3 Buchstabe g BAT gewesen seien und ihre Vergütungsansprüche auch nicht verjährt seien.

Hinsichtlich des sonstigen Sach- und Rechtsvortrags der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf die Berufungsbegründungen und Berufungsbeantwortungen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufungen sind zulässig, aber nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat den Klagen auf Verurteilung des Beklagten zur Überstundenvergütung jedenfalls im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

Die strittigen Überstundenvergütungsansprüche ergeben sich dem Grunde nach aus § 17 Abs. 5 Satz 4 BAT in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Gemäß § 17 Abs. 5 Satz 4 BAT wird nämlich für jede nicht ausgeglichene Überstunde die Überstundenvergütung gemäß § 35 Abs. 3 Unterabs. 2 BAT bezahlt. Und gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG gelten die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend zwischen den gemäß § 3 TVG beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen.

Die Kläger sind nicht gemäß § 3 Buchstabe g BAT vor. Geltungsbereich des BAT ausgenommen. Gemäß § 3 Buchstabe g BAT gilt der BAT unter anderem nicht für wissenschaftliche Hilfskräfte. Wissenschaftliche Hilfskräfte sind nach dem allgemeinen Sprachgebrauch Mitarbeiter, die bei der wissenschaftlichen Tätigkeit, die aus Forschung und Lehre besteht, Hilfstätigkeiten und damit wissenschaftliche Hilfstätigkeiten verrichten. § 3 Buchstabe g BAT bestätigt diesen Sprachgebrauch, insofern er neben den wissenschaftlichen Hilfskräften noch Lektoren, Verwalter von Stellen wissenschaftlicher ...

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