Entscheidungsstichwort (Thema)

Freiwillige soziale Leistungen. Betriebsvereinbarung. Betriebsübergang. Einigungsstellenspruch. Ablösungsprinzip

 

Leitsatz (amtlich)

1) Die Einigungsstellensprüche vom 16.11.1999 der Einigungsstelle „Freiwillige soziale Leistungen” bei der TÜV Kraftfahrt GmbH sind uneingeschränkt wirksam (vgl. BAG vom 14.08.2001, 1 AZR 619/00.

2) Nicht immer dann, wenn Betriebsvereinbarungen Aussagen zur Vergütungshöhe enthalten, haben sie damit auch die Höhe des Vergütungsniveaus selbst „geregelt” (vgl. auch LAG Köln NZA-RR 1999, 481).

3) Die These, dass das sog. Ablösungsprinzip immer dann eine vorherige Kündigung der abzulösenden Betriebsvereinbarung voraussetzt, wenn die ablösende Regelung im Rahmen einer Einigungsstelle getroffen wird, läßt sich gesetzlich nicht belegen.

4) § 613a I 2 BGB ist teleologisch zu reduzieren: Die nach dieser Vorschrift ins Individualrecht transformierten, originär kollektivrechtlich begründeten Ansprüche sind gegenüber einer Ablösung durch neue kollektivrechtliche Regelungen nicht weitergehender geschützt, als sie es in ihrer früheren kollektivrechtlichen Erscheinungsform gewesen waren (Anschluss an BAG, a.a.O.).

 

Normenkette

BetrVG § 77 Abs. 5, § 87 Abs. 1 Nr. 10; BGB § 613a Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 02.02.2001; Aktenzeichen 18 (14) BV 224/99)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) (Arbeitgeberin) hin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln, Az. 18 (14) BV 224/99, vom 02.02.2001 abgeändert:

Der Antrag des Antragstellers vom 06.12.1999 wird zurückgewiesen.

Auch der Hilfsantrag vom 19.06.2002 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A. Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit von fünf Einigungsstellensprüchen einer Einigungsstelle zum Thema „Freiwillige soziale Leistungen”.

Zunächst wird auf den Text der fünf angefochtenen Einigungsstellensprüche vom 16.11.1999 und die gemeinsame Begründung zu diesen Sprüchen Bezug genommen (Bl. 67 ff. d.A.).

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz und wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge wird sodann auf die Tatbestandsdarstellung unter Abschnitt I der Gründe des angefochtenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Köln vom 02.02.2001 verwiesen. Das Arbeitsgericht hat dem Anfechtungsbegehren des Gesamtbetriebsrats stattgegeben. Diese Entscheidung hat es im wesentlichen damit begründet, dass die Einigungsstelle ihre Zuständigkeit überschritten habe. Sie habe nämlich in den fünf angefochtenen Sprüchen Festlegungen über die Höhe der Leistungen getroffen, die nicht der (erzwingbaren) Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG entsprächen.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts wurde der Arbeitgeberin am 02.03.2001 zugestellt. Sie hat hiergegen am 29.03.2001 Beschwerde eingelegt und die Beschwerde nach entsprechender Verlängerung der Frist am 30.05.2001 begründet.

Die Beschwerdeführerin tritt der Auffassung des Arbeitsgerichts entgegen und führt im einzelnen aus, warum ihrer Auffassung nach die Einigungsstelle mit ihren Sprüchen vom 16.11.1999 keine eigene materiell-inhaltliche Entscheidung über die Höhe der jeweiligen Leistungen getroffen habe. Vielmehr habe die Einigungsstelle in allen fünf Sprüchen eine Verteilungsentscheidung über die Grundsätze der Gewährung der jeweiligen Leistung getroffen. Diese habe im wesentlichen darin bestanden, dass der Anknüpfungspunkt für die Verteilung der Gesamtaufwendungen für die betroffenen Sozialleistungen geändert worden sei: Während die Vorgängerregelungen der Einigungsstellensprüche jeweils an die Höhe des individuellen Gehaltes der Leistungsempfänger angeknüpft habe, würden die von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten Gesamtaufwendungen nunmehr gleichmäßig in Höhe eines einheitlichen Fixbetrages verteilt.

Die Beschwerdeführerin hat sich sodann auf das Urteil des LAG Düsseldorf in Sachen 5 Sa 916/00 vom 10.08.2000 und schließlich auf die hierzu ergangene Revisionsentscheidung des BAG in Sachen 1 AZR 619/00 vom 14.08.2001 bezogen.

Die Beteiligte zu 2) als Arbeitgeberin, Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Köln 18 (14) BV 224/99 vom 02.02.2001 den Antrag des Antragstellers vom 06.12.1999 zurückzuweisen.

Der Gesamtbetriebsrat als Antragsteller und Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde der Beteiligten zu 2) zurückzuweisen.

Hilfsweise beantragt er,

die Beschwerde mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass die Einigungsstellensprüche vom 16.11.1999 insoweit unwirksam sind, als sie vor dem 16.02.2000, insbesondere für 1999, Wirkungen erzeugen sollen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

auch den Hilfsantrag der Gegenseite zurückzuweisen.

Der Gesamtbetriebsrat als Beschwerdegegner hält ungeachtet des Umstands, dass das BAG in der vorzitierten Entscheidung vom 14.08.2001 die vorliegend angegriffenen Einigungsstellensprüche inzidenter als wirksam angesehen hat, an seiner vom Arbeitsgericht bestätigten gegenteiligen Auffass...

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