Die Revision wird zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzverwalterkündigung. Betriebsübergang. Betriebsstilllegung. Standortsicherungsvereinbarung. Befristetes Kündigungsverbot

 

Leitsatz (amtlich)

Der Insolvenzverwalter war gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 InsO in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung auch dann zur Kündigung wegen Betriebsstilllegung berechtigt, wenn aufgrund einer im V orfeld der Insolvenz geschlossenen tariflichen Standortsicherungsvereinbarung als Gegenleistung für den Verzicht der Arbeitnehmer auf einen Teil ihrer Vergütungsansprüche ein befristetes Kündigungsverbot bestand.

 

Normenkette

InsO § 113 Abs. 1 S. 1 a.F.; BGB § 613a Abs. 1 S. 1; InsO § 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; KSchG § 1 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Urteil vom 19.11.0200; Aktenzeichen 1 Ca 149/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.11.2005; Aktenzeichen 6 AZR 107/05)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 19.11.200 3 – 1 Ca 149/ 03 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses.

Der am 12.01.13xx geborene Kläger war seit dem 02.11.1998 bei der in M2xxxx ansässigen Firma h2x M1xxxxxxxx GmbH als Rohrzieher in der Abteilung Rohrzug tätig, die zum Geschäftsbereich Halbzeug gehört.

Über das Vermögen der genannten Firma wurde am 01.12.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser Kündigung das Arbeitsverhältnis am 20.12.2002 fristgemäß zum 31.01.2003.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden am 09.01.2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Er hält die Kündigung für sozialwidrig und rügt, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden.

Der Betrieb der Insolvenzschuldnerin gliedert sich in die Geschäftsbereiche „Solutions” und „Halbzeug”. Innerhalb des Produktionsbereichs „Solutions” sind die Abteilungen „Hydroform” und „Wärmetechnik” zu unterscheiden. Im Produktbereich Hydroform werden an Rohren aus Stahl, Edelstahl, Messing und Kupfer komplexe Umformungen mit Hilfe von Wasser-Innenhochdruck vorgenommen. Es handelt sich um Hightech-Endprodukte, die ohne weitere Bearbeitung u.a. von der Fahrzeugindustrie bezogen und eingebaut werden können. Im Bereich „Wärmetechnik” werden Rohre mit gewalzten oder gedrallten Rippen (Rippenrohre) in verschiedenen Ausführungen gefertigt.

In dem Geschäftsbereich „Halbzeug” wurden einfache Rohre als Halbfertigprodukte hergestellt. Das dafür benötigte Rohmaterial wurde entweder von den Kunden beigestellt oder in sogenannten Metallkonten geführt oder auch angekauft und in den eigenen Bestand genommen. Der Betriebsbereich „Halbzeug” besteht aus der Gießerei, der Presse, KTS, Rohrzug, Glühe und Beize. In diesem Bereich waren etwa 330 Mitarbeiter tätig. In der Gießerei wurde das Rohmaterial eingeschmolzen. Die Rohre wurden entweder mit Hilfe von Rohrpressen gepresst oder gezogen. Bei den gefertigten Rohren handelte es sich um Lowtech-Produkte, die von den Kunden weiterverarbeitet und daher als Halbzeug-Produkte bezeichnet werden. Nach Auffassung des Beklagten handelt es sich bei den Bereichen Solutions und Halbzeug jeweils um in sich selbständige Teilbetriebe. Dies ergebe sich aus den verschiedenartigen Produkten, den unterschiedlichen Lieferanten und Kunden, der räumlichen Trennung, der unterschiedlichen Maschinenausstattung und den getrennten Arbeitsabläufen.

Der Beklagte hat vorgetragen er habe die Entscheidung getroffen, den Geschäftsbereich Halbzeug stillzulegen, weil es dafür keine ernsthaften Erwerberinteressenten gegeben habe und den Geschäftsbereich „Solutions” mit Wirkung zum 01.01.2003 an die h2x S5xxxxxxx GmbH zu verkaufen. Von Anfang an habe es nur für diesen Bereich Übernahmeinteressenten gegeben, weil in dem Bereich Halbzeug mit veraltetem Maschinenmaterial gearbeitet worden sei. Der Betriebsrat sei von Anfang an über die geplante Betriebsänderung, nämlich die Stilllegung des Betriebsteils „Halbzeug” und die Veräußerung des Betriebsteils „Solutions”, unterrichtet worden. Die mit ihm im Oktober 2002 begonnenen Verhandlungen hätten sich bis Mitte Dezember 2002 hingezogen. Im Rahmen dieser Verhandlungen sei dem Betriebrat eine komplette Liste mit den sozialen Daten aller Arbeitnehmer unter Angabe von Name, Vorname, Adresse, Geburtsdatum, Alter, Eintrittsdatum, Familienstand, Unterhaltspflichten, ausgeübte Tätigkeit, Zuordnung zu den Betriebsabteilungen, Kündigungsfrist, Bruttolohn und Sonderkündigungsschutz zur Verfügung gestellt worden. Die Listen seien im Laufe der Verhandlungen stets aktualisiert und mit dem Betriebsrat abgestimmt worden. Eine Fortführung des Betriebes im Ganzen mit den vorhandenen Strukturen sei nicht möglich gewesen. Es hätte sich lediglich eine Investorengruppe gefunden, die unter der Bedingung der Verbesserung der betrieblichen Strukturen durch den Beklagten ein Angebot zu einer Teilübernahme des Geschäftsbereichs Solution...

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