Leitsatz (amtlich)

Die Nachwirkung der Rechtsnormen eines Tarifvertrages erstreckt sich nicht auf Arbeitsverhältnisse, die erst während des Nachwirkungszeitraums begründet worden sind (im Anschluß an BAG, Urteil vom 29.01.1975 – 4 AZR 218/74, AP Nr. 8 zu § 4 TVG Nachwirkung).

 

Normenkette

TVG § 4 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Urteil vom 04.12.1996; Aktenzeichen 1 Ca 2432/96)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 04.12.1996 – 1 Ca 2432/96 – abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung der tariflichen Leistungszulage für Februar bis Mai 1996 gemäß § 9 Ziffer 4 des bereits zum 31.12.1978 gekündigten Lohnrahmenabkommens für die gewerblichen Arbeiter in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens (im folgenden LRA). Darüber hinaus verlangt die Klägerin auf der Grundlage der um die Leistungszulage erhöhten Vergütung Neuberechnung des zusätzlichen Urlaubsgeldes und Zahlung der sich insoweit ergebenden Differenzbeträge.

Die am 16.01.1953 geborene Klägerin ist seit dem 06.11.1984 als gewerbliche Arbeitnehmerin bei der Beklagten beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht zwischen den Parteien nicht. Sie ist in Lohngruppe 2 des Lohnabkommens für die gewerblichen Arbeitnehmer der metallverarbeitenden Industrie eingruppiert und erhielt bei Klageerhebung im Juli 1996 einen Bruttostundenlohn von 15,42 DM. Bei Begründung des Arbeitsverhältnisses waren beide Parteien tarifgebunden. Mit Wirkung zum 31.12.1994 ist die Beklagte aus dem tarifschließenden Arbeitgeberverband ausgetreten.

Mit ihrer am 05.07.1996 beim Arbeitsgericht Iserlohn eingegangenen Klage verlangt die Klägerin Zahlung der Leistungszulage nach § 9 Ziffer 4 des LRA sowie der Differenzbeträge, die sich aus einer Neuberechnung des zusätzlichen Urlaubsgeldes bei Einbeziehung der Leistungszulage zu ihren Gunsten ergeben. Zur Begründung ihres Begehrens hat sie vorgetragen, sie habe Anspruch auf Zahlung der Leistungszulage in Höhe von 16 % bezogen auf den tariflichen Stundenlohn gemäß Lohngruppe 2 von 14,92 DM brutto. Hieraus errechne sich ein Tarifstundenlohn von 17,31 DM brutto. Gezahlt habe die Beklagte aber nur 15,42 DM brutto, so daß sich ein Differenzbetrag von 1,89 DM brutto pro Stunde ergebe.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 1.302,85 brutto zzgl. 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, das LRA sei aus Rechtsgründen auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar. Sie die Beklagte, sei angesichts des Austritts aus dem Arbeitgeberverband mit Wirkung zum 31.12.1994 nicht mehr tarifgebunden. Jedenfalls habe eine eventuelle Bindung an das LRA spätestens im März 1995 geendet. Die Annahme einer weitergehenden Nachwirkung verstoße gegen die verfassungsrechtlich verankerte negative Koalitionsfreiheit. Im übrigen seien die geltend gemachten Ansprüche der Höhe nach unsubstantiiert.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 04.12.1996 antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe Anspruch auf Zahlung einer 16 %igen Leistungszulage nach § 9 Ziffer 4 LRA. Diese Vorschrift gelte gemäß § 4 Abs. 5 TVG trotz Kündigung kraft Nachwirkung für das Arbeitsverhältnis der Parteien weiter, da das LRA noch nicht durch eine andere Abmachung ersetzt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen, das der Beklagten am 21.01.1997 zugestellt worden ist. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die am 19.02.1997 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.04.1997 am 20.03.1997 begründet worden ist.

Die Beklagte vertritt weiter die Auffassung, das genannte LRA sei auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar. Hierzu trägt sie vor, sie, die Beklagte, habe der Klägerin zu keinem Zeitpunkt eine 16 %-ige Leistungszulage gemäß § 9 LRA gezahlt. Sie habe die Zahlung der Leistungszulage nicht erst nach Austritt aus dem Arbeitgeberverband eingestellt, sondern das LRA von Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an nicht angewandt. Soweit das Urteil des Arbeitsgerichts im Tatbestand ohne Einschränkung ausführe, daß die für die Metallindustrie geltenden Tarifverträge von Anfang an kraft beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis angewandt worden seien, sei dies bezüglich der Anwendung des LRA unzutreffend.

Von Bedeutung sei, daß das LRA von der IG-Metall zum 31.12.1978 gekündigt worden sei. Ein neues Lohnrahmenabkommen oder Entgeltrahmenabkommen sei zwischen den Tarifvertragsparteien nicht abgeschlossen worden. Zwar sei das LRA vom 26.09.1967/15.04.1970 gedruckt nach dem „Stand vom 19.02.1975/25.01.1979/06.05.1990/16.05.1991”. Dies ändere jedoch nichts an de...

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