Leitsatz (amtlich)

„Anforderungen an eine außerordentliche Kündigung wegen sexueller Belustigung am Arbeitsplatz (§ 626 Abs. 1 BGB, §§ 2–4 BSchG).”

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung, die die Beklagte am 3. Dezember 1997 gegenüber dem Kläger ausgesprochen hat. Der 41jährige verheiratete Kläger, der infolge von Spätfolgen einer Kinderlähmung zu 30 % in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert ist, ist seit dem 1. November 1989 als Krankenpfleger tätig, zunächst bei der …, später nach Rechtsübergang bei der Beklagten. Er war bis zum 28. Februar 1997 im Krankenhaus beschäftigt und wurde mit Wirkung ab dem 1. März 1997 in das AK versetzt.

Am 25. November 1997 wurde die Pflegedienstdirektion des AK … durch ein Schreiben einer Krankenschwester der Station 7 u, auf der der Kläger zuletzt tätig war, Frau Ö., über wiederholte verbale und körperliche Belästigungen des Klägers unterrichtet. Bereits Ende September 1997 hatten sich diese Mitarbeiterin und zwei weitere Krankenschwestern bei der Stationsleitung der Station 7 u beschwert und berichtet, daß sie von dem Kläger körperlich und zum Teil verbal belästigt worden seien. In einem daraufhin mit dem Kläger am 2. Oktober 1997 von der Stationsleitung geführten Gespräch wurde dem Kläger erklärt, daß bei einer Wiederholung dieser Vorfälle die Pflegedienstdirektion unterrichtet werden würde. Am 24. November 1997 belästigte der Kläger dann die oben erwähnte Krankenschwester Frau Ö. erneut; nach Vortrag des Klägers soll Frau Ö. eine Entschuldigung angenommen haben. Der Kläger soll nach weiteren Erkenntnissen der Pflegedienstdirektion auch zwei Praktikantinnen und zwei Patientinnen belästigt haben. Der Kläger bestreitet die Vorwürfe teilweise.

Nach Anhörung des Personalrats und trotz dessen Ablehnung sprach die Beklagte mit Schreiben vom 3. Dezember 1997 die außerordentliche Kündigung aus (vgl. Anlage K 1, Blatt 6 der Akte).

Mit der vorliegenden Klage wendet sich der Kläger gegen diese Kündigung und begehrt Weiterbeschäftigung.

Von der weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird in Anwendung des § 543 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 Arbeitsgerichtsgesetz abgesehen. Es wird insoweit auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Harnburg vom 4. Juni 1998 – 8 Ca 577/97 – Bezug genommen (Seiten 3 bis 5 des Urteils, Blatt 67 ff der Akte).

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Für die Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Seiten 6 bis 9 des Urteils, Blatt 70 ff der Akte) verwiesen (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter. Hinsichtlich des ergänzenden Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung der Beklagten vom 29. Juni 1998 (Blatt 77 ff der Akte), die Berufungserwiderung des Klägers vom 30. Juli 1998 (Blatt 87 ff der Akte) sowie die weiteren Schriftsätze der Beklagten vom 1. September 1998 (Blatt 96 ff der Akte), 22. September 1998 (Blatt 108 der Akte), 25. September 1998 (Blatt 112 f der Akte) und 6. Oktober 1998 (Blatt 115 ff der Akte) verwiesen. Wegen des Sachvortrages der Parteien und der von ihnen überreichten Unterlagen, ihrer Beweisantritte und ihrer Rechtsausführungen im übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Sitzungsprotokolle Bezug genommen (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Nachdem der Personalrat der hilfsweise von der Beklagten beantragten fristgerechten Kündigung ebenfalls nicht zugestimmt hatte, hat die im entsprechenden Mitbestimmungsverfahren gebildete Einigungsstelle durch Beschluß vom 28. September 1998 inzwischen die Zustimmung zur fristgemäßen Kündigung des Klägers ersetzt. Die Beklagte hat nunmehr hilfsweise die fristgemäße Kündigung zum 31. März 1999 ausgesprochen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Beklagten war an sich statthaft und, weil form- und fristgerecht eingelegt und begründet, auch zulässig. Sachlich hatte sie jedoch keinen Erfolg.

Die Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht, werden wie folgt zusammengefaßt (§ 313 Abs. 3 ZPO):

II.

Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis ist durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 3. Dezember 1997 weder mit sofortiger Wirkung noch entsprechend ihrem im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrag mit einer sozialen Auslauffrist am 30. Juni 1998 beendet worden. Die Berufung der Beklagten war demgemäß zurückzuweisen mit der Maßgabe, daß die Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses und die Verurteilung zur Weiterbeschäftigung im Hinblick auf die von der Beklagten inzwischen ausgesprochene ordentliche Kündigung entsprechend den in der Berufungsverhandlung eingeschränkten Klaganträgen nur bis zum 31. März 1999 auszuurteilen sein konnte.

Die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist nicht gerechtfertigt. Die Berufu...

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