Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Zusage betrieblicher Altersversorgung

 

Orientierungssatz

1. Hinweise der Kammer:

"Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines vom Beklagten erklärten Widerrufs der Zusage einer betrieblichen Altersversorgung. Maßgebend für die betriebliche Altersversorgung waren die Unterstützungsrichtlinien der Unterstützungskasse des DGB eV. Nach deren Änderung beschloß der Beklagte eine Neuregelung auf der Basis der neuen Unterstützungsrichtlinien. Durch die Änderung wird das bisherige Gesamtversorgungssystem aufgegeben und ein Rentenbausteinsystem eingeführt.

Für den Widerruf der betrieblichen Altersversorgung bestanden triftige Gründe im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

Auch bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des DGB, der mit Hilfe objektiver Kriterien zu messen ist, ist eine Prognose anzustellen. Zur Erstellung der Prognose können Gutachten von Wirtschaftsprüfern herangezogen werden.

Abzustellen ist lediglich auf die wirtschaftliche Lage des DGB; eine Einbeziehung der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaften, an denen er beteiligt ist, findet nicht statt."

2. Der Widerruf ist berechtigt, weil die Belastung mit Rentenleistungen so groß ist, daß es ihm mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird, die für die Altersversorgung in ihrer bisherigen Form aufzuwendenden Beträge aus dem Wertzuwachs und den Erträgen aufzubringen und deshalb die Gefahr besteht, daß seine Substanz aufgezehrt wird. Es liegen daher triftige Gründe im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für den Widerruf vor, die den Eingriff in die zeitanteilige Dynamik rechtfertigen.

3. Zur Problematik einer Beurteilung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens und zur Substanzgefährdung.

4. Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Neuregelung einer betrieblichen Altersversorgung.

5. Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 3 AZR 512/00.

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.12.2001; Aktenzeichen 3 AZR 512/00)

 

Tenor

Das am 17.09.1998 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf - 9 Ca 3131/98 - wird abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

gez. Lemppenau-Krüger gez. Grosse gez. Hinterleitner

 

Tatbestand

Der am 12.4.1943 geborene Kläger ist seit dem 1.1.1980 bei dem Beklagten zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 7942,00 DM, zuletzt in Altersteilzeit, beschäftigt. Er wurde als Leiter der Abteilung Beamte beim D.-Landesbezirk N. eingestellt. Zuvor war er in einem Beamtenverhältnis tätig. Er ist Begünstigter der Unterstützungskasse des D. e.V., deren Richtlinien mehrfach geändert wurden, der Beklagte ist eines der Trägerunternehmen der Unterstützungskasse. Maßgeblich für die betriebliche Altersversorgung des Klägers waren die Unterstützungsrichtlinien 1988 (UR 88), die aufgrund einer Gesamtzusage bzw. einer vertraglichen Einheitsregelung Gegenstand des Arbeitsvertrages geworden waren. Bei den UR 88 - auf deren Inhalt im übrigen Bezug genommen wird (Bl. 18 ff d.A.) - handelt es sich um ein Gesamtversorgungssystem mit einer Gesamtversorgungsobergrenze von ursprünglich 75 %, seit 1988 von 70 % und einer zum Ausgleich des Unterschiedsbetrages zwischen der Unterstützung nach den UR 88 und der Unterstützung, die sich aus den bis zum 31.3.1988 gültigen Unterstützungsrichtlinien ergeben hätte, dienenden sog. Altlastregelung. Die Finanzierung erfolgt über ein Kapitaldeckungsverfahren, wonach für die laufenden Versorgungsleistungen das Kapital zur Verfügung gestellt wird, die Anwartschaften aber ungedeckt sind.

Unter dem 6.6.1995 beschloss die Unterstützungskasse des D. e.V. eine Neuregelung der Versorgung in Form der sogenannten Versorgungsordnung 1995 (VO 95). Danach wendet das Mitglied der Unterstützungskasse dieser für jeden Begünstigten monatlich einen Beitrag zu, der zur vollständigen Vorausfinanzierung der Anwartschaften über einen Versicherer verwandt wird. Die monatliche Unterstützung errechnet sich aus der Summe von Rentenbausteinen, die während der Anrechnungszeit in jedem Kalenderjahr erworben werden. Muss die Unterstützung erst nach dem 60. Lebensjahr gewährt werden, erwirbt der Begünstigte weitere Bausteine. Durch Gehaltsumwandlung können die Begünstigten zusätzliche Unterstützungsanwartschaften erhalten. Wegen des Inhalts der Versorgungsordnung im Einzelnen wird auf Bl. 36 ff d. A. verwiesen.

Unter dem 23.1.1998 schloss der Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens eine Vereinbarung über die Verteilung des vom Be-klagten vorgegebenen Dotierungsrahmens gem. § 87 Abs.1 Nr. 10 BetrVG. Zum Abschluss einer ablösenden Betriebsvereinbarung kam es nicht.

Mit Schreiben vom 9.2.1998 widerrief der Beklagte, der der VO 95 mit Wirkung vom 1.1.1998 beitrat, die Zusagen für eine betriebliche Altersversorgung mit Wirkung zum 31.12.1997 und sagte gleichzeitig eine betriebliche Altersversorgung mit Wirkung vom 1.1.1998 auf der Grundlage der VO 95 zu, wobei die Bei...

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