Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Beschluss vom 15.01.1999; Aktenzeichen 4 BV 90/98)

 

Tenor

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 15.01.1999 wird abgeändert. Die Anträge der Arbeitgeberin werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A. Die antragstellende Arbeitgeberin (Beteiligte zu 1) begehrt nach zwei erfolglos verlaufenen Verfahren ein drittes Mal die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats (Beteiligter zu 2) zur außerordentlichen Kündigung seines Vorsitzenden (Beteiligter zu 3).

Der Beteiligte zu 3), am 05.07.1945 geboren, verheiratet, trat am 06.11.1972 als Kraftfahrer in die Dienste der Arbeitgeberin. Die Arbeitgeberin betreibt ein Einzelhandelsunterhehmen mit 60 Filialen. Sie beschäftigt ca. 650 Arbeitnehmer, davon 90 % Frauen. Seit 1978 ist der Beteiligte zu 3) Mitglied des Betriebsrats, seit 1980 dessen Vorsitzender. Bei den letzten Betriebsratswahlen im März 1998 wurde er wiedergewählt. Die von ihm angeführte HBV-Liste erhielt 98 % der abgegebenen Stimmen. Der Beteiligte zu 3) ist außerdem Beisitzer der Tarifkommission der Gewerkschaft HBV.

Seit 1984 ist Frau B. bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Sie war zunächst Verkäuferin, wurde dann zur Filialleiterin und schließlich zur Bezirksleiterin befördert. In dieser Funktion ist sie leitende Angestellte. 1994 wurde Frau B. in den Betriebsrat gewählt. Zur Kandidatur hatte der Beteiligte zu 3) sie bewegt. Mit der Beförderung zur Bezirksleiterin im März 1995 schied sie aus dem Betriebsrat aus.

Seit 1987 ist Frau S. bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Sie war ebenfalls erst Verkäuferin, dann Filialleiterin und ist seit 1993 Bezirksleiterin. Sie gehörte von 1988 bis Ende 1992 dem Betriebsrat an. Auch sie war vom Beteiligten zu 3) zur Kandidatur aufgefordert worden.

Im Sommer 1995 rief die Gewerkschaft HBV zum Streik bei der Arbeitgeberin auf und legte den Streikbeginn auf den 23.06.1995 fest. Am 19.06.1995 teilten Frau B. und Frau S. dem Geschäftsführer der Beklagten mit, dass der Beteiligte zu 3) sie wiederholt, und zwar Frau B. im Zeitraum 1994–1995 und Frau S. im Zeitraum November 1991 – Ende 1992, sexuell belästigt und genötigt habe. Nachdem sie hierüber eidesstattliche Versicherungen vom 21.06.1995 abgaben, beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat die Zustimmung zur außerordentlichen Tatkündigung des Beteiligten zu 3). Sie sah von der Einholung der Zustimmung (auch) zu einer Verdachtskündigung ab, weil sie von der Richtigkeit der erhobenen Vorwürfe überzeugt war und es ihr nicht opportun erschien, die beabsichtigte Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden auf den bloßen Verdacht zu stützen.

Nach Verweigerung der Zustimmung leitete die Arbeitgeberin das Ersetzungsverfahren beim Arbeitsgericht Wuppertal (Gesch.-Nr. 4 BV 94/95) ein. Das Arbeitsgericht wies nach Vernehmung von insgesamt 14 Zeugen den Antrag durch Beschluss vom 05.12.1995 zurück. Die Beschwerde der Arbeitgeberin wies das Landesarbeitsgericht Düsseldorf durch Beschluss vom 24.06.1996 (Gesch.-Nr.: 14 TaBV 11/96) nach weiterer Vernehmung von 7 Zeugen mit der Begründung zurück, dass der Beweis für die Richtigkeit der gegen den Beteiligten zu 3) erhobenen Vorwürfe nicht erbracht sei.

Im Strafverfahren kamen drei der acht von Frau B. und Frau S. angezeigten Vorfälle zur Anklage. Nach Zeugenvernehmung verurteilte das Amtsgericht Wipperfürth am 03.11.1997 den Beteiligten wegen sexueller Nötigung nach § 178 StGB in drei (minderschweren) Fällen zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 110,00 DM. Das Landgericht Köln verwarf nach erneuter Zeugenvernehmung mit Urteil vom 17.06.1998 die Berufung des Beteiligten zu 3). Das OLG Köln verwarf mit Beschluss vom 27.11.1998 die Revision.

Am 10.11.1997 begehrte die Arbeitgeberin unter Hinweis auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beteiligten zu 3) erneut die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung. Auf die Verweigerung der Zustimmung leitete sie das Ersetzungsverfahren ein. Ihren Antrag wies das Arbeitsgericht Wuppertal mit Beschluss vom 27.01.1998 (Gesch.-Nr. 8 BV 46/97) zurück. Beschwerde und Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin blieben erfolglos (LAG Düsseldorf, Beschluss vom 04.09.1998, 11 TaBV 44/98, BAG, Beschluss vom 16.09.1999, 2 ABR 68/98, z. V. v.).

Nachdem die Arbeitgeberin am 07.12.1998 von der Entscheidung des OLG Köln erfahren hatte, ersuchte sie am 09. und 14.12.1998 den Beteiligten zu 2) nochmals um Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3). Zur Begründung machte sie unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 BeschäftigtenschutzG sowie ihre Verpflichtung, die Fortsetzung sexueller Belästigungen von Mitarbeiterinnen durch den Beteiligten zu 3) zu unterbinden, geltend, dass ihr nach der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung und wegen der vom Beteiligten zu 3) ausgehenden Gefährdung dessen Weiterbeschäftigung unzumutbar sei.

Der Beteiligte zu 2) verweigerte unter dem 11. und 16.12.1998 die Zustimmung mit der Begründung, dass die Vorwürfe fingiert seien und jeder Grundlage en...

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