Entscheidungsstichwort (Thema)

Information bei der befristeten Einstellung. Leiharbeitsverhältnis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Welche Informationen dem Betriebsrat gem. § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG zu geben sind, wird durch die Definition der Zustimmungsverweigerungsgründe in § 99 Abs. 2 Nrn. 1-6 BetrVG vorgegeben. Bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern wird im Hinblick auf ein mögliches Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG der Betriebsrat insbesondere darüber zu informieren sein, ob und in welchem Umfang und aus welchen Gründen durch die Einstellung bereits im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist.

2. Aus den Besonderheiten des Leiharbeitsverhältnisses dürfen keine Einschränkungen für den Umfang der Unterrichtungspflicht abgleitet werden. Über die mögliche Auswirkung der beabsichtigten personellen Maßnahme auf die Stammbelegschaft hat der Arbeitgeber den Betriebsrat auch dann zu informieren, wenn er der Auffassung ist, der Betriebsrat könne aus den ihm nicht mitgeteilten Informationen kein Zustimmungsverweigerungsrecht ableiten. Der Arbeitgeber hat insoweit kein „Vorprüfungsrecht”.

3. Zu den Informationen über die Auswirkungen der Einstellung von Leiharbeitnehmern auf die im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmer gehören auch Beeinträchtigungen eventueller Ansprüche oder Wünsche von Teilzeitbeschäftigten oder befristet beschäftigten Arbeitnehmern, mehr oder länger arbeiten zu wollen, soweit die personelle Maßnahme einen Arbeitsplatz betrifft, der von diesen im Rahmen ihres Arbeitsvertrags ausgefüllt werden könnte. Hierüber ist der Betriebsrat insbesondere dann zu informieren, wenn Teilzeitbeschäftigte oder befristet beschäftigte Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber entsprechende Wünsche geäußert haben. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber den Betriebsrat auch darüber zu unterrichten, ob die zu besetzende Stelle entsprechend dem Verlangen des Betriebsrats nach § 93 BetrVG ausgeschrieben worden ist

 

Normenkette

BetrVG §§ 99-100

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen-Bremerhaven (Beschluss vom 25.02.2009; Aktenzeichen 7 BV 711/08)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 01.06.2011; Aktenzeichen 7 ABR 18/10)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin (Arbeitgeberin) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 25.02.2009 – 7 BV 711/08 – wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.

3. Die Rechtsbeschwerde wird gegen diesen Beschluss zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur befristeten Einstellung einer Arbeitnehmerin im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung sowie über die sachliche Notwendigkeit einer entsprechenden vorläufigen Maßnahme.

Die Antragstellerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) betreibt ein Krankenhaus. Der Antragsgegner (im Folgenden: Betriebsrat) ist der bei ihr gebildete Betriebsrat.

Die Arbeitgeberin beabsichtigte Frau A. B. im Rahmen einer Arbeitsüberlassung befristet ab 01.10.2008 als Küchenhilfe zu beschäftigen. Frau A. B. war bereits seit dem 17.03.2008 im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung befristet als Küchenhilfe beschäftigt worden. Die damalige Einstellung war Gegenstand eines Beschlussverfahrens vor dem Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven unter dem Aktenzeichen 7 BV 703/08. Der damals von der Arbeitgeberin gestellte Antrag auf Ersetzung der Zustimmung sowie der Antrag auf Feststellung der sachlichen Notwendigkeit der vorläufigen Maßnahme wurde durch Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 13.08.2008 zurückgewiesen.

Der Betriebsrat hat gegenüber der Arbeitgeberin mündlich verlangt, alle zu besetzenden Arbeitsplätze gem. § 93 BetrVG betriebsintern auszuschreiben.

Mit Schreiben vom 17.09.2008 (Bl. 23 d. A.), dem Betriebsrat zugegangen am 19.09.2008, beantragte die Arbeitgeberin die Verlängerung der befristeten Einstellung ab 01.10.2008 bis mindestens zum Zeitpunkt der Belieferung mit Cook+Chill Produkten durch K. im Rahmen der Arbeitüberlassung durch die Firma F. GmbH mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden. Dem Antrag der Arbeitgeberin war der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag mit der Firma F. vom 12.09.2008 beigefügt.

Mit Schreiben vom 26.09.2008 (Bl. 27-29 d. A.) wies der Betriebsrat die Arbeitgeberin darauf hin, dass ihm nicht alle Informationen vorliegen würden, die zur sachgerechten Beurteilung der Maßnahme erforderlich seien und aus diesem Grund die Wochenfrist nicht in Gang gesetzt worden sei.

In dem Schreiben heißt es im Einzelnen:

„(…) Die Geschäftsführung (GF) gibt in ihrem Antrag an, dass eine interne Ausschreibung aushängt. Die dem BR bekannte, zuletzt ausgehängte Stellenausschreibung richte sich an Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer. Der Betriebsrat möchte wissen, ob es auch eine Stellenausschreibung gab/gibt, die sich an alle ArbeitnehmerInnen richtete (…)”

Darüber hinaus wollte der Betriebsrat in seinem Schreiben vom 26.09.2008 wissen, wie viele u...

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