Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachträgliche Befristung von Arbeitsverhältnissen

 

Leitsatz (amtlich)

Die nachträgliche Befristung eines bereits unter Kündigungsschutz stehenden Arbeitsverhältnisses bedarf ebenso wie ein Aufhebungsvertrag keines sachlichen Grundes (Abweichung von BAG, Urteil vom 26.4.1979 – 2 AZR 431/77 – AP § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 47).

 

Normenkette

BGB § 620

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 19.01.1995; Aktenzeichen 91 Ca 28477/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.01.1996; Aktenzeichen 7 AZR 496/95)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19. Januar 1995 – 91 Ca 28.477/94 – geändert.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund nachträglicher Befristung am 30. September 1996 enden wird.

Der Kläger war seit dem 1. Dezember 1977 als Fachchemiker der Medizin im psychiatrischen Bereich des Klinikums … tätig. Mit Schreiben vom 18. November 1993 (Ablichtung Bl. 7 d.A.) teilte ihm die Beklagte mit, daß ihre Personalkommission seinen Antrag auf Übernahme nach dem Hochschulpersonal-Übernahmegesetz (HPersÜG) abgelehnt habe und sie ihm statt dessen zunächst eine befristete Weiterbeschäftigung bis zum 30. September 1996 anbiete. Zur Annahme dieses Angebots wurde dem Kläger eine Frist bis zum 8. Dezember 1993 gesetzt. Für den Fall einer Ablehnung wurde ihm eine Kündigung in Aussicht gestellt. Am 8. Dezember 1993 unterzeichnete der Kläger einen entsprechenden „Änderungsvertrag zum bestehenden Arbeitsvertrag” (Ablichtung Bl. 39 d.A.).

Das Arbeitsgericht Berlin hat auf die am 30. September 1994 eingereichte Klage hin festgestellt, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis unbefristet fortbestehe. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe bereits jetzt ein Feststellungsinteresse, weil es keine Anhaltspunkte dafür gebe, daß die Beklagte vor Fristablauf von sich aus das befristete in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umwandeln werde. Es bestehe weiterhin ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, weil die im Änderungsvertrag vereinbarte Befristung nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt und deshalb unwirksam sei. Das Erfordernis eines sachlichen Grundes sei nicht deshalb entfallen, weil der Kläger den Änderungsvertrag vorbehaltlos unterschrieben habe. Eine Befristungskontrolle entfalle nicht schon deshalb, weil der Arbeitnehmer bei Vertragsschluß keinen wirtschaftlichen Zwängen ausgesetzt gewesen und vom Befristungsangebot nicht überrascht worden sei. Die von der Beklagten angeführten Gründe hochschul- und haushaltsrechtlicher Art seien nicht geeignet, die Befristung sachlich zu rechtfertigen.

Gegen dieses ihr am 6. Februar 1995 zugestellte Urteil richtet sich die am 9. Februar 1995 eingelegte und am 10. April 1995 nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist begründete Berufung der Beklagten. Sie tritt der angefochtenen Entscheidung mit Rechtsausführungen entgegen und ergänzt zugleich ihr Vorbringen zum Vorliegen eines sachlichen Grundes.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und verweist auf die Besonderheit, daß befristete Arbeitsverhältnisse mit jungen Akademikern zu Beginn ihrer Berufstätigkeit vereinbart zu werden pflegten, während er in einem Alter von seinerzeit 45 Jahren bereits seit 16 Jahren bei der Beklagten beschäftigt gewesen sei. Es wäre nicht mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn es in einem solchen Fall keines sachlichen Grundes für eine Befristung bedürfte bzw. ein sachlicher Grund ohne genaue Beachtung der §§ 57 a ff. HRG hergeleitet werde. Er werde gerade auf einer sog. Sollstelle weiterbeschäftigt, die nicht entfallen solle.

 

Entscheidungsgründe

1.

Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte und nach dem Beschwerdewert gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 518, 519 Abs. 1 und 3 ZPO, §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 und 4 ArbGG).

2.

Die Berufung ist sachlich begründet.

2.1

Der Kläger hat bereits jetzt gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtsschutzwürdiges Interesse an der Klärung, ob sein Arbeitsverhältnis aufgrund nachträglicher Befristung am 30. September 1996 enden wird, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat (§ 543 Abs. 1 ZPO).

2.2

Die Klage ist unbegründet.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten wird – vorbehaltlich der weiteren Entwicklung – aufgrund der Befristungsabrede im Änderungsvertrag vom 8. Dezember 1993 am 30. September 1996 enden.

2.2.1

Die mit dem Änderungsvertrag vom 8. Dezember 1993 getroffene Befristungsabrede ist wirksam vereinbart worden.

2.2.1.1

Gemäß § 620 Abs. 1 BGB endigt ein Dienstverhältnis mit dem Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist. Allerding b...

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