Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahmeverzug bei Berufsunfähigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Erhebung einer Kündigungsschutzklage führt dann nicht ohne weiteres zu einem Annahmeverzug des Arbeitgebers, wenn der Arbeitnehmer wegen Berufsunfähigkeit eine Berufsunfähigkeitsrente bezieht.

Wird in einem Urteil der Arbeitgeber verpflichtet, gegenüber dem Arbeitnehmer ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages für verschiedene Tätigkeiten abzugeben, kann § 894 ZPO nicht angewendet werden. Vielmehr muss der Arbeitnehmer sein Wahlrecht gemäß § 264 BGB ausüben und die Leistung konkretisieren.

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in 7-facher Ausfertigung einzureichen.

 

Normenkette

BGB §§ 615, 264; ZPO § 894

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 05.10.2001; Aktenzeichen 8 Ca 2138/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 5. Oktober 2001 – 8 Ca 2138/01 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Germelmann, Otto, Manikowski

 

Tatbestand

Der 1946 geborene Kläger war bei der Beklagten seit 1985 als Gas-Wasser-Installateur beschäftigt. Er ist wegen einer Asbestose zu 60 % schwerbehindert. Mit Bescheid vom 11. März 1999 bewilligte die Landesversicherungsanstalt N.-O. dem Kläger rückwirkend ab dem 1. Juni 1998 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit. Bis zum 30. Juni 2000 betrug die Rente 1.636,52 DM netto pro Monat, ab 1. Juli 2000 stieg sie auf 1.646,35 DM netto (Bl. 54 d.A.).

Mit Schreiben vom 23. Juni 1999 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus krankheitsbedingten Gründen zum 31. August 1999. Durch Urteil vom 21. Juni 2000 hat das Arbeitsgericht auf die Klage des Klägers festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 23. Juni 1999 zum 31. August 1999 beendet worden sei, ferner hat es die Beklagte verurteilt, dem Kläger „ein Vertragsangebot zur Änderung des Arbeitsvertrages ab dem 1. September 1999 zu unterbreiten, mit dem Inhalt, dass der Kläger weiterhin als Gas-Wasser-Installateur, als Bauleiter, als Materialbeschaffer, als Materialfahrer oder als Lagerarbeiter mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden tätig ist”.

Mit Schreiben vom 29. Juni 2000 (Bl. 26 d.A.) haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten die Arbeitskraft des Klägers „im Rahmen des ab dem 1. September 1999 abzuändernden Arbeitsvertrages als Gas-Wasser-Installateur, als Bauleiter, als Materialbeschaffer, als Materialfahrer oder als Lagerarbeiter mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden” angeboten. Mit Schreiben vom 2. August 2000 (Bl. 28 d.A.) wurde die Beklagte aufgefordert, den Kläger ab 21. August 2000 …” zu beschäftigen. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2000 (Bl. 30 d.A.) haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber den Prozessbevollmächtigten der Beklagten für ihren Mandanten erklärt, „…dass dieser das Vertragsangebot aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. Juni 2000 zu dem Az. 10 Ca 19190/99 annimmt, und zwar in vollem Umfang und uneingeschränkt hinsichtlich des Inhalts des Vertragsangebots. …”.

Durch Urteil vom 6. Dezember 2000 hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten gegen das arbeitsgerichtliche Urteil als unzulässig verworfen (13 Sa 1850/00 – Bl. 61 bis 66 d.A.). Die gegen dieses Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat die Beklagte zurückgenommen.

In dem vorliegenden Verfahren hat der Kläger die Zahlung der Vergütung für die Zeit vom 1. September 1999 bis zum 31. Juli 2001 unter Anrechnung gezahlten Arbeitslosengeldes verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, dass die Zahlungen aufgrund der Berufsunfähigkeitsrente nicht auf den Verzugslohn anrechenbar seien.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen

  1. an ihn für den Zeitraum vom 1. September 1999 bis 31. Dezember 2000 39.739,02 DM brutto abzüglich 17.661,83 DM netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG ab dem 1. Januar 2001 zu zahlen,
  2. an ihn für den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis 31. Mai 2001 12.039,81 DM brutto abzüglich 6.497,23 DM netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG ab 1. Juni 2001 zu zahlen,
  3. an ihn für den Zeitraum 1. Juni 2001 bis 31. Juli 2001 5.632,41 DM brutto abzüglich 2.630,93 DM netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG ab dem 1. August 2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass sich der Kläger auf den beanspruchten Annahmeverzugslohn neben den Leistungen der B. für A. auch die erhaltene Berufsunfähigkeitsrente anrechnen lassen müsse. Ferner vertritt sie die Auffassung, dass der Kläger seine Ansprüche unzutreffend berechnet habe. Der Kläger könne auch nicht in seiner bisherigen Lohngruppe eingruppiert werden, da sie ein Wahlrecht ausüben könne.

Durch Urteil vom 5. Oktober 2001 hat das Arbeitsgericht die Beklagte entsprechend dem Antrag des Klägers ...

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