Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungsprämie für freigestellte Personalräte. Rechtwidriger Ausschluss eines freigestellten Personalrats von der "Dienstvereinbarung über das übertarifliche Leistungsprämien- und Leistungszulagensystem für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer"

 

Leitsatz (amtlich)

Der generelle Ausschluss freigestellter Personalräte von einer Leistungsprämie ist auch in einer Dienstvereinbarung unzulässig. Gewährt der Arbeitgeber Leistungsprämien, bedarf es einer fiktiven Nachzeichnung des beruflichen Werdegangs des freigestellten Personalrats, um beurteilen zu können, ob er zu dem Kreis der prämienberechtigten Arbeitnehmer gehört.

 

Normenkette

TVöD § 18; LeistungsTV-Bund; BPersVG § 8; PersVG § 46; LeistungsTV-Bund § 2 Sätze 1-2; PersVG § 46 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 16.11.2017; Aktenzeichen 58 Ca 15163/16)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.08.2020; Aktenzeichen 7 AZR 345/18)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des beklagten Landes sowie den zweitinstanzlichen Hilfsantrag des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. November 2017 - 58 Ca 15163/16 - teilweise abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung und Auskunft verurteilt und mehr als den unzulässigen Ausschluss des Klägers von der "Dienstvereinbarung über das übertarifliche Leistungsprämien- und Leistungszulagensystem für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer" vom 16.09.2015 aufgrund der Freistellung des Klägers als Personalratsmitglied festgestellt hat.

Demgemäß wird der Tenor klarstellend wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte den Kläger nicht von der Anwendung der "Dienstvereinbarung über das übertarifliche Leistungsprämien- und Leistungszulagensystem für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer" vom 16.09.2015, abgeschlossen zwischen dem Bundesministerium der V. und dem HPR beim Bundesministerium der V., durch Verweis auf die Freistellung des Klägers als Personalratsmitglied und § 2 Abs. 4 der DV ausschließen darf.

2. die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, an wieviele Elektriker der Entgeltgruppe 7, die auch im Juli 2013 in die Entgeltgruppe 7 eingruppiert waren, die Beklagte im B.-Dienstleistungszentrum Berlin in welcher durchschnittlichen Höhe für das Jahr 2017 ein Leistungsentgelt gewährt hat.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je zur Hälfte.

III. Der Gebührenwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.623,34 EUR festgesetzt.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Feststellung der Unwirksamkeit eine Regelung in einer Dienstvereinbarung, nach der freigestellte Personalräte von dem übertariflichen Leistungsprämien- und Leistungszulagensystem ausgeschlossen sind. Sie streiten weiter über die Leistungsvergütung für das Jahr 2016 für den Kläger und eine entsprechende Auskunft und Zahlungsverpflichtung für das Jahr 2017.

Der Kläger ist 55 Jahre alt (geboren am .... 1962) und steht seit 1990 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis. Seit Juli 2013 ist der Kläger aufgrund der Freistellung gemäß § 46 Abs. 4 BPersVG als Personalrat im B.-Dienstleistungszentrum vollständig von der Arbeitsleistung freigestellt. Zuvor bestanden bereits von September 2007 bis Juli 2013 mehrere Teilfreistellungen in unterschiedlichem Umfang. Er ist derzeit in die Entgeltgruppe 7 eingruppiert. Vor seiner Freistellung war der Kläger als Elektriker beschäftigt. Zum Zeitpunkt seiner Freistellung im Juli 2013 waren ca. 50 Elektriker in den technischen Betriebsgruppen des Bereichs Facility Management FM5 beschäftigt. Eine Eingruppierung dieser Beschäftigten lag zwischen den Entgeltgruppen 5 und 7 oder 8 TVöD. In der technischen Betriebsgruppe des Klägers haben sich einige Kollegen mittlerweile vom Elektriker zum Mess- und Regelmechaniker mit einer Eingruppierung nach Entgeltgruppe 9b beruflich entwickelt.

Die Beklagte (Bundesrepublik Deutschland, Bundesministerium der V.) und der dort gebildete Hauptpersonalrat haben auf der Grundlage der ursprünglich nur für Beamte geltenden Verordnung des Bundes über leistungsbezogene Besoldungsinstrumente (BLBV) unter dem 16. September 2015 eine Dienstvereinbarung über die Einführung und Umsetzung eines übertariflichen Leistungsprämien- und Leistungszulagensystems für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (DV) abgeschlossen.

Nach § 2 Abs. 4 der DV gilt hinsichtlich der Gewährung von leistungsbezogenen Elementen des Entgelts für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (LBE) ein Rundschreiben des Bundesministeriums des I. (BMI) vom 12. März 2002. In diesem Rundschreiben ist ausgeführt, dass es bei den LBE um eine Leistungsbewertung gehe. Da freigestellte Personalräte insoweit keine fachliche Leistung erbringen würden und sich die Personalratstätigkeit einer Leistungsbewertung entziehe, entfalle abgesehen von der Beginnzeit der Freistellung eine Leistungsbeurteilung und damit eine Leistungsvergütung.

In der vorhergehenden Dienstvereinbarung vom 9...

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