Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses einer studentischen Hilfskraft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses einer studentischen Hilfskraft nach § 6 WissZeitVG setzt voraus, dass der Arbeitsvertrag die Erbringung wissenschaftlicher oder künstlerischer Hilfstätigkeiten zum Gegenstand hat. Wissenschaftlichen Hilfstätigkeiten sind Tätigkeiten, mit denen die wissenschaftliche Hilfskraft bei Forschung und Lehre anderen unterstützend zuarbeitet u. damit die Aufgabe der jeweiligen Einrichtung, der er zugeordnet ist, zu erfüllen hilft.

Als wissenschaftliche Dienstleistung kommt darüber hinaus die Mitarbeit bei allen den Professoren obliegenden Dienstaufgaben in Betracht, etwa bei Unterrichtstätigkeiten, bei Prüfungen od. bei der Zusammenstellung wissenschaftlicher Materialien (Anschluss an BAG v. 8.6.2005 - 4 AZR 396/04 - juris zu § 3 Buchst g BAT), nicht jedoch technischen bzw. verwaltungsmäßigen Tätigkeiten wie die Erledigung von Aufgaben im Sekretariat od. in der Bibliothek.

2. Fehlt es an der Erbringung solcher wissenschaftlicher Hilfstätigkeiten findet bei beiderseitiger Tarifbindung der TV-L mit seiner Entgeltordnung Anwendung, da die Bereichsausnahme nach § 1 Abs. 3 c TV-L nicht gilt.

 

Normenkette

TzBfG §§ 15, 17, 21

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 29.11.2017; Aktenzeichen 56 Ca 7460/17)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. November 2017 - 56 Ca 7460/17 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrages zum 30.06.2017 sowie darüber, ob die Klägerin, die seit 2015 Mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ist und bisher Vergütung nach dem Tarifvertrag für studentische Hilfskräfte II erhält, richtigerweise nach dem TVL zu vergüten ist.

Die Klägerin studiert bei der Beklagten Informatik, und zwar nach erfolgreichem Abschluss ihres Bachelors am 09.03.2017 im Masterstudiengang.

Seit dem 15.09.2013 ist sie parallel zu ihrem Studium bei der Beklagten auf der Grundlage mehrerer befristeter Arbeitsverträge als studentische Hilfskraft beschäftigt. Den letzten Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien mit Datum vom 04.08.2016 für eine Einstellung als studentische Hilfskraft im Sinne des § 121 des Gesetzes über die Hochschulen im Land Berlin (Berliner Hochschulgesetz BerlinHG) ab 08.08.2016. Dieser Arbeitsvertrag enthält unter § 2 folgende Befristungsabrede:

"Das Arbeitsverhältnis ist gemäß § 6 des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft (WissZeitVG) bis zum 30.06.2017 befristet. Im Falle einer Exmatrikulation vor diesem Termin endet das Arbeitsverhältnis mit der Exmatrikulation, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Abweichend davon endet das Arbeitsverhältnis mit dem Ablauf des Semesters, in dem ein Hochschulabschluss abgelegt wurde, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Die studentische Hilfskraft verpflichtet sich, der Abteilung für Personal und Personalentwicklung unverzüglich die Exmatrikulation bzw. den abschließenden Prüfungstermin eines jeden Studiengangs mitzuteilen."

Weiterhin sind in § 3 des Arbeitsvertrages die Vorschriften des Tarifvertrages für studentische Hilfskräfte II in der am 10.01.2013 für die Beklagte geltende Fassung Bezug genommen. Für die weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf Bl. 32 d.A. Bezug genommen.

Die Klägerin wurde im Rahmen eines Projekts zur Übertragung der grundlegenden Neuentwicklungen der Software "Plone" in die Softwaresysteme der Beklagten beschäftigt. Dafür hatte die Beklagte u.a. Personalmittel aus dem Förderprogramm 2015/2016 für digitale Medien in Forschung, Lehre und Studium beantragt und bewilligt erhalten hatte (Bl. 94 d.A.). Dort war die Klägerin in der Zentraleinrichtung (ZE) Computer- und Medienservice (CMS) eingesetzt und mit der Programmierung von Erweiterungen für die Software Plone befasst. Bei dieser Software handelt es sich um ein Content Management System, welches der Erstellung, Bearbeitung und Organisation von Inhalten und Informationen in Datennetzen dient, um sie für die Nutzer solcher Netzwerke zugänglich zu machen.

Über ihren Bachelor-Abschluss unterrichtete die Klägerin die Beklagte nicht. Ob diese aufgrund eines Datenabgleichs im Mai 2017 gleichwohl Kenntnis davon erlangte, ist zwischen den Parteien streitig. Mit Schreiben vom 10.03.2017 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Entfristung ihres Arbeitsverhältnisses über den 30.06.2017 hinaus geltend, dies mit der Begründung, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz finde auf ihr Arbeitsverhältnis keine Anwendung. Weiterhin verlangte sie Vergütung nach der Entgeltgruppe 9, hilfsweise 8 TVL seit dem 01.01.2015, hilfsweise seit dem 08.08.2016. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben ihrer Abteilung Personal und Personalentwicklung vom 24.05.2017 (Bl. 42 d.A.) ab.

Mit der vorliegenden, beim Arbeitsgericht am 16.06.2017 eingegangenen und de...

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