Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsansprüche im ruhenden Arbeitsverhältnis bei Bezug von Arbeitslosengeld. Urlaubsabgeltung. [Mindest-] Urlaubsansprüche im ruhenden Arbeitsverhältnis bei Bezug von Arbeitslosengeld. Grenzen des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung

 

Leitsatz (redaktionell)

›Auch in einem konkludent vereinbarten ruhenden Arbeitsverhältnis zum Bezug von Arbeitslosengeld entsteht bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch: Dieser verfällt nicht am Ende des Übertragungszeitraums nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG.

Urlaubsansprüche gehen bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit jedoch spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres unter und sind bei einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht abzugelten. Eine unbegrenzte Ansammlung überschreitet die Grenzen der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung.‹

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Lörrach (Entscheidung vom 01.03.2011; Aktenzeichen 4 Ca 434/10)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach, Kammern Radolfzell vom 01.03.2011, Az. 4 Ca 434/10 teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 846,12 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.12.2010 zu bezahlen.

b) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten erster Instanz trägt der Kläger 19/20, die Beklagte 1/20. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 5/6, die Beklagte 1/6.

3. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über einen Urlaubsabgeltungsanspruch für Urlaubsansprüche aus den Jahren 2007-2009.

Der Kläger war bei der Beklagten als Kraftfahrer mit einer Bruttomonatsvergütung von zuletzt 2000 EUR beschäftigt.

Der Kläger war als Spätfolge eines Verkehrsunfalls aus dem Jahre 1998 von Oktober 2006 bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis arbeitsunfähig erkrankt. Mit Bescheid des Landratsamtes K., Amt für Gesundheit und Versorgung, vom 29.05.2008 wurde der Kläger mit einem Grad der Behinderung von 70 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Nach Aussteuerung aus dem Krankengeldbezug hat der Kläger auf der Grundlage von Arbeitsbescheinigungen der Beklagten vom 6.11.2007 und 4.7.2008 für die Zeit vom 25.6.2008 bis 31.5.2009 Arbeitslosengeld bezogen. Ab 1.6.2009 war der Kläger anderweitig in Vollzeit beschäftigt.

Am 13.05.2008 beantragte die Beklagte beim Integrationsamt F. ein Präventionsverfahren für den Kläger. Im Rahmen dieses zeitweise nicht betriebenen Präventionsverfahrens teilte das Integrationsamt der Beklagten am 08.02.2010 mit, dass der Kläger bereits seit mehreren Monaten ein neues Beschäftigungsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber angetreten habe und damit "das Ziel der Prävention, das bestehende Beschäftigungsverhältnis auf Dauer sicherzustellen, nicht erreicht werden könne".

Auf Antrag vom 26.03.2010 beantragte die Beklagte hierauf beim Integrationsamt die Zustimmung zur personenbedingten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie zu einer hilfsweise verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung. Mit Bescheid vom 06.10.2010 erteilte das Integrationsamt die Zustimmung zur personenbedingten ordentlichen Kündigung, nicht aber zur hilfsweise verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung.

Am 19.10.2010 kündigte die Beklagte hierauf das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.11.2010. Im Verlauf des Zustimmungsverfahrens hatte am 28.06.2010 in den Räumlichkeiten der Beklagten eine Arbeitsplatzbegehung stattgefunden, in deren Rahmen der Kläger auch sein Leistungsvermögen demonstriert hat.

Der Kläger erhob am 11.11.2010 Kündigungsschutzklage zum erkennenden Gericht. Hilfsweise hat der Kläger einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung geltend gemacht. Er habe für den Fall der rechtswirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 104 Tage nicht genommenen Urlaubs im Zeitraum 01.01.2007 bis 30.11.2010. Lediglich die Ansprüche aus dem Jahr 2006 seien verjährt. Der Kläger könne in Ansehung der Rechtsprechung des EuGH und nachfolgend des Bundesarbeitsgerichts Urlaubsabgeltung verlangen. Da ihm vertragsgemäß 26 Urlaubstage pro Jahr zugestanden hätten, errechne sich bei seinem Bruttoarbeitslohn von 2.000,00 EUR monatlich in der Sechs-Tage-Woche ein Abgeltungsanspruch in Höhe von 76,92 EUR pro Tag. Für 104 Urlaubstage ergebe dies einen Betrag von 7.999,68 EUR brutto.

Der Kläger hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung vom 19.10.2010 zum 30.11.2010 beendet worden ist.

2. Für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag Ziff. 1 wird die Beklagte verurteilt, den Kläger zu unveränderten Bedingungen als Kraftfahrer weiter zu beschäftigen,

hilfsweise,

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.999,68 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 30.11.2010 zu bezahlen.

Die Beklagte hat ...

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