1 Allgemeines

1.1 Begriff

 

Rz. 1

Die Bezeichnung für die zu Zwecken der Weiterbildung gewährte bezahlte Freistellung wird in den einzelnen Gesetzen zum Urlaub zu Weiterbildungszwecken nicht einheitlich verwendet. In einigen Regelungen findet sich noch der Begriff "Bildungsurlaub"[1], in anderen Gesetzen werden die Begriffe "Bildungszeit"[2], "Bildungsfreistellung"[3] oder "Arbeitnehmerweiterbildung"[4] verwendet. Eine einheitliche gesetzliche Definition des Begriffs "Bildungsurlaub" ist nicht vorhanden. Letztlich handelt es sich dabei jeweils um die Gewährung bezahlter Freistellung von der Arbeit durch den Arbeitgeber oder Dienstherrn gegenüber seinen Beschäftigten für die Teilnahme an anerkannten Weiterbildungsmaßnahmen. Für welche Weiterbildungsmaßnahmen Bildungsurlaub gewährt wird, ist wiederum nicht einheitlich geregelt. In der Regel zählen hierzu Maßnahmen, die der beruflichen oder politischen Weiterbildung dienen, manche Regelungen sehen darüber hinaus Freistellungen auch für weitere Bildungsmaßnahmen vor.

[1] Z. B. in Hamburg (BiUrlG HH), Hessen (HBUG) oder Niedersachsen (NBildUG).
[2] Z. B. in Baden-Württemberg (BzG BW), Berlin (BiZeitG) oder Bremen (BremBZG).
[3] Z. B. in Rheinland-Pfalz (BfG RP), Saarland (SBFG), Sachsen-Anhalt (BfG ST) oder Thüringen (ThürBfG).
[4] Z. B. in Brandenburg (BbgWBG), Nordrhein-Westfalen (AWbG NW) oder Schleswig-Holstein (WBG SH).

1.2 Zielsetzung

 

Rz. 2

Durch den Bildungsurlaub soll ein wirksames Mittel zu einer Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung der Beschäftigten erreicht werden. Die Gesetzgeber[1] gehen davon aus, dass aufgrund der technologischen Entwicklung, des strukturellen Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft und der demografischen Veränderungen das lebenslange Lernen weiter an Bedeutung gewinnt. Aufgrund der Erhöhung des Renteneintrittsalters bleiben die Arbeitnehmer länger im Beschäftigungsprozess und müssen durch Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung und der Gesundheitsprävention hierzu in die Lage versetzt werden. Auch soll durch den Bildungsurlaub ein wichtiger Beitrag zur Fachkräftesicherung geschaffen werden. Daneben bezwecken einige Gesetze auch die Stärkung der gesellschaftlichen Teilhabe, der politischen Bildung und die Stärkung des ehrenamtlichen Engagements.[2]

[1] Vgl. für das Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg Begründung des Gesetzentwurfs in der Fassung der LT-Drucks. 15/6403.
[2] Vgl. für das Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg Begründung des Gesetzentwurfs in der Fassung der LT-Drucks. 15/6403.

1.3 Rechtsgrundlage

 

Rz. 3

Eine bundeseinheitliche Regelung über den Bildungsurlaub existiert nicht. Daher bestehen in 14 Bundesländern (in allen Bundesländern mit Ausnahme von Bayern und Sachsen) Gesetze zum Bildungsurlaub. Zwar hat die Bundesrepublik Deutschland 1976 das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vom 24.6.1974 über den bezahlten Bildungsurlaub[1] ratifiziert und sich dadurch dazu verpflichtet, eine Politik festzulegen und durchzuführen, die notfalls schrittweise die Gewährung von bezahltem Bildungsurlaub fördert. Zu einer Umsetzung dieser völkerrechtlichen Verpflichtung in eine abschließende bundesgesetzliche Regelung kam es jedoch bislang nicht. Die vorhandenen bundesrechtlichen Vorschriften, die eine Freistellung und Entgeltfortzahlung für Schulungs- und Bildungsveranstaltungen regeln, richten sich nur an spezielle Personenkreise und haben nicht den allgemeinen Bildungsurlaub für alle Arbeitnehmer zum Inhalt. So bestehen Freistellungsansprüche für betriebsverfassungsrechtliche Mandatsträger wie Betriebsräte[2] und Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung[3] für erforderliche Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Für das einzelne Organmitglied sieht § 37 Abs. 7 BetrVG einen individuellen zusätzlichen Bildungsurlaubsanspruch vor.[4] Vergleichbare Ansprüche bestehen auch für die Mitglieder des Personalrats[5] und für Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen.[6]

 

Rz. 4

Da der Bundesgesetzgeber von seiner Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet der Arbeitnehmerweiterbildung bislang keinen abschließenden Gebrauch gemacht hat, haben die Bundesländer nach Art. 70, Art. 72 Abs. 1 und Art. 74 Nr. 12 GG in diesem Bereich der konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis das Recht, länderspezifische Regelungen aufzustellen.[7] Von dieser Möglichkeit haben alle Bundesländer mit Ausnahme von Bayern und Sachsen inzwischen Gebrauch gemacht. Die in zeitlicher Hinsicht letzten Gesetze zum Bildungsurlaub wurden in Baden-Württemberg (gültig ab 1.7.2015) und Thüringen (gültig ab 1.1.2016) eingeführt.

Folgende Gesetze sind erlassen worden:

  1. Baden-Württemberg: Bildungszeitgesetz (BzG BW) vom 17.3.2015 (GBl. 2015 S. 161), gültig ab 1.7.2015, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Bildungszeitgesetzes vom 4.2.2021
  2. Berlin: Berliner Bildungszeitgesetz (BiZeitG) vom 5.7.2021 (GVBl. 2021, S. 849)[8]
  3. Brandenburg: Gesetz zur Regelung und Förderung der Weiterbildung im Land Brandenburg (BbgWBG) vom 15.12.1993 (GVBl. 1993 I S. 498) mit der Bildungsfreistellungsverordnung-BFV), vom 25.1.2005 (GVBl...

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