9.1 Überblick

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist die ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage wirklich notwendig sein und nicht durch weniger einschneidende, zumutbare Maßnahmen vermieden werden können.[1]

Voraussetzungen der betriebsbedingten Kündigung

  1. Außer- oder innerbetriebliche Umstände führen
  2. zu einer Unternehmerentscheidung und diese
  3. zum Wegfall des Arbeitsplatzes zumindest in seiner bisherigen Ausgestaltung und
  4. eine Kündigung muss erforderlich sein, d. h., vor allem eine Weiterbeschäftigung an einem anderen freien Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen darf nicht möglich sein (Dringlichkeit) sowie eine
  5. Sozialauswahl muss stattfinden.

9.2 Erste Voraussetzung: außer- oder innerbetriebliche Umstände

Betriebsbedingte Gründe können auf außer- oder innerbetrieblichen Ursachen beruhen.[1]

Außerbetriebliche Ursachen sind dem Arbeitgeber als Rahmendaten seines unternehmerischen Handelns vorgegeben. Dazu zählen z. B.

  • rückläufige Nachfrage nach den Produkten oder Dienstleistungen des Unternehmens,
  • Auftragsrückgang durch Hinzutreten von Mitbewerbern,
  • Energie-/Rohstoffmangel,
  • deutlicher Anstieg der Preise von Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoffen,
  • schlechte Witterung z. B. im Baugewerbe, Gartenbau,
  • Wegfall von Drittmitteln zur Stellenfinanzierung in Forschungseinrichtungen.

Derart außerbetriebliche Ursachen führen nicht unmittelbar zum Wegfall eines Arbeitsplatzes. Sie sind aber Anlass für eine Unternehmerentscheidung, deren Umsetzung zum Wegfall des Arbeitsplatzes führt. Von den Arbeitsgerichten voll überprüfbar ist das Vorliegen der außerbetrieblichen Ursachen, und ob sie im betrieblichen Bereich das Beschäftigungsbedürfnis für einen oder mehrere Arbeitnehmer entfallen lassen. Der Arbeitgeber ist insoweit darlegungs- und beweispflichtig.[2] Hinsichtlich der darauf beruhenden Unternehmerentscheidung besteht lediglich eine Missbrauchskontrolle.

Innerbetriebliche Ursachen können z. B. sein:

  • Rationalisierungsmaßnahmen durch Einführung neuer technischer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren oder durch die organisatorische Verbesserung bestehender Arbeitsabläufe
  • Stellenstreichungen
  • Stilllegung von Betriebsabteilungen
  • Verlegung oder Verlagerung von betrieblichen Aufgaben
  • Aufgabe oder Änderung des Betriebszwecks
  • Herausnahme von Hierarchieebenen
  • Liquiditätsprobleme

Beruft sich der Arbeitgeber auf innerbetriebliche Gründe, muss er die Bestandteile seiner geplanten Umorganisation benennen und wiederum den daraus resultierenden Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten darlegen.[3] Die Umorganisation selbst bildet jedoch eine freie Unternehmerentscheidung, die lediglich einer Missbrauchskontrolle unterliegt.[4]

9.3 Zweite Voraussetzung: Unternehmerentscheidung

Ausgangspunkt der betrieblichen Maßnahmen, die kausal zu einem Wegfall des Beschäftigungsverhältnisses führen, ist stets eine Unternehmerentscheidung.

Der Unternehmer darf grundsätzlich frei über die Zielsetzung sowie die organisatorische und technische Ausgestaltung seines Betriebs entscheiden. Insbesondere steht es ihm frei, geeignete organisatorische Maßnahmen zu treffen, um auf Veränderungen der Rahmenbedingungen angemessen zu reagieren oder um eine Verbesserung der Ertragslage herbeizuführen. Zu derart möglichen Maßnahmen gehört auch der Personalabbau. Die Kündigung selbst ist keine Unternehmerentscheidung, sondern deren Umsetzung. Die Unternehmerentscheidung selbst ist einer gerichtlichen Kontrolle weitestgehend entzogen. Sie ist von den Arbeitsgerichten nicht daraufhin zu überprüfen, ob sie sachlich gerechtfertigt oder zweckmäßig ist. Die Gerichte üben nur eine Missbrauchskontrolle dahingehend aus, ob die unternehmerischen Entscheidungen offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich erscheinen.[1] Hierfür trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast. Gerichtlich überprüfbar ist dagegen, ob überhaupt eine unternehmerische Entscheidung getroffen wurde und ob hierdurch – kausal – der Beschäftigungsbedarf für den gekündigten Arbeitnehmer tatsächlich entfallen ist.

Einzelfälle von Unternehmerentscheidungen:

Stelleneinsparungen[2]

Stellenkürzungen bei Bund und Ländern werden in den Haushaltsgesetzen vorgenommen.

Bei Kommunen und sonstigen Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts muss das für die Haushaltsfeststellung zuständige Organ den Stellenabbau beschlossen haben. So st z. B. ein Stadtratsbeschluss, den Personalbedarf in den Kindertagesstätten nach einem bestimmten Bedarfsschlüssel zu berechnen und den Personalstand dem sich insoweit ergebenden reduzierten Bedarf anzupassen, ausreichend.[3] Werden im Haushaltsplan bestimmte, nach sachlichen Merkmalen bestimmte Stellen gestrichen,...

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