6.1 Allgemeines

Die weitgehendsten Einschränkungen bei ordentlichen Kündigungen durch den Arbeitgeber resultieren aus dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Danach ist eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber unwirksam, wenn sie nicht sozial gerechtfertigt ist. Damit meint das Gesetz, dass es für die Kündigung einen Grund geben muss, der den gesetzlichen Anforderungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG standhält. Die Vorschriften des KSchG gelten nicht für außerordentliche Kündigungen (§ 13 KSchG) mit Ausnahme der Regelungen über die Klagefrist. Das Recht der fristlosen Kündigung wie auch die Regelungen der Kündigungsfristen sind im BGB enthalten (§§ 622, 626 BGB).

Der allgemeine Kündigungsschutz setzt voraus,

  • dass aufseiten des Arbeitgebers die erforderliche Betriebsgröße von in der Regel mindestens 10 Arbeitnehmern ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten gegeben ist,
  • dass der persönliche Anwendungsbereich für den betroffenen Arbeitnehmer gegeben ist und
  • dass die Wartefrist von mehr als 6 Monaten ununterbrochenem Arbeitsverhältnis erreicht ist.

6.2 Persönlicher Geltungsbereich des KSchG

Geschützt werden nur Arbeitnehmer, also nicht Handelsvertreter, Heimarbeiter, freie Mitarbeiter, Richter, Soldaten und Beamte. Erbringt jedoch ein Beamter Arbeitsleistungen im Rahmen einer Nebentätigkeit, die ein Arbeitsverhältnis darstellt, unterliegt er insoweit dem Kündigungsschutz.[1] Auszubildende, Anlernlinge, Volontäre und Praktikanten (§§ 1, 26 BBiG) unterliegen dem BBiG. Ihre ordentliche Kündigung ist nach Ablauf einer längstens 4-monatigen Probezeit ausgeschlossen. Wird dann außerordentlich gekündigt (§ 22 Abs. 2 BBiG), gelten die Vorschriften des KSchG über die fristgebundene Klageerhebung bei außerordentlichen Kündigungen (§§ 4, 13 KSchG). Dies aber wiederum dann nicht, wenn gem. § 111 Abs. 2 Nr. 5 ArbGG eine Verhandlung vor einem zur Beilegung von Streitigkeiten aus einem Berufsausbildungsverhältnis gebildeten Ausschuss stattfinden muss.

Keine Arbeitnehmer sind nach § 14 Abs. 1 KSchG die zur Vertretung einer juristischen Person Berufenen, z. B. der Geschäftsführer einer GmbH. Arbeitnehmer sind auch die Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, die zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern befugt sind (§ 14 Abs. 2 KSchG).

6.3 Wartezeit

Weitere Voraussetzung für das Eintreten des Kündigungsschutzes ist ein mehr als 6-monatiger Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung.

 
Hinweis

Die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG ist nicht zu verwechseln mit der Probezeit, auch wenn sie durchaus die Funktion einer Erprobung des Arbeitnehmers hat. Die Wartezeit betrifft die Frage, ob der Arbeitgeber für den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung bereits einen nach dem KSchG erforderlichen Grund braucht. Sie ist gesetzlich geregelt und braucht nicht vereinbart zu werden. Demgegenüber betrifft die Probezeit nach § 622 Abs. 3 BGB im Regelfall nur die Frage der Dauer der Kündigungsfrist. Die Vereinbarung einer Probezeit führt zu einer kürzeren Kündigungsfrist bei einer Kündigung innerhalb der Probezeit. Mit der Frage, ob es eines Kündigungsgrundes bedarf, hat sie nichts zu tun.

Bei Geltung des TVöD gelten jedoch Besonderheiten. Die Länge der Kündigungsfrist ist unabhängig von der Vereinbarung einer Probezeit in § 34 TVöD geregelt. Die in § 2 Abs. 4 TVöD geregelte Probezeit ist jedoch bedeutsam für die Beteiligung des Personalrats, die bei einer Kündigung innerhalb der Probezeit anders abläuft (z. B. § 77 Abs. 3 LPVG BW). Für die Anhörung des Betriebsrats gelten keine Besonderheiten. Er ist auch bei einer Kündigung innerhalb der Probezeit nach § 102 BetrVG zu beteiligen.

Der Arbeitgeber kann sonach noch am letzten Tag der 6-Monats-Frist die Kündigung zustellen lassen, auch wenn die Kündigungsfrist erst mehrere Wochen danach endet. Der Schutz des KSchG greift nicht.

Unwirksame Kündigung in der Wartezeit

Innerhalb der Wartefrist darf der Arbeitgeber frei kündigen. Die Kündigung darf allerdings nicht willkürlich oder sittenwidrig oder diskriminierend (§§ 1, 7 AGG) sein.

Für ein Arbeitsverhältnis, das nicht dem KSchG unterliegt, weil die Wartezeit noch nicht abgelaufen ist oder weil der Betrieb nicht unter den betrieblichen Geltungsbereich nach § 23 Abs. 1 KSchG fällt, findet das AGG unmittelbar Anwendung. § 2 Abs. 4 AGG schließt das nicht aus. Ist eine Kündigung eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung i. S. v. § 3 AGG, so ist sie nach § 7 Abs. 1 AGG unwirksam.[1] Die Kündigung eines Arbeitnehmers wegen einer symptomlosen HIV-Infektion ist in der Wartezeit entgegen älterer Rechtsprechung[2] nur dann zulässig, wenn der Arbeitgeber nicht durch geeignete und zumutbare Schutzmaßnahmen eine Übertragung des Virus verhindern kann. Ob und wann das der Fall ist, ist einzelfallabhängig,

Das Bundesarbeitsgericht sieht selbst in symptomlosen HIV-Infektionen eine Behinderung i. S. d. §§ 1, 7 AGG und begründet das mit dem weiten Behinderungsbegriff in § 2 SGB IX und in diese...

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