20.1 Rechtsgrundlage

Anders als im Fall des Aufhebungs- oder Auflösungsvertrags ist hier nicht Grundlage der TVöD oder der Grundsatz der Vertragsfreiheit, sondern § 9 KSchG und für die Fälle der außerordentlichen Kündigung § 13 Abs. 1 Satz 3 KSchG.

Während in den erstgenannten Fällen eine Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur zustande kommt, wenn beide Seiten, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zustimmen, kann das Gericht im Rahmen des § 9 KSchG auch gegen den Willen der anderen Prozesspartei das Arbeitsverhältnis durch Urteil auflösen.

Da das KSchG aber nicht eine Beendigungsregelung ist, sondern von der Zielrichtung Bestandsschutz für den Arbeitnehmer und das Arbeitsverhältnis erreichen will, ist die Auflösung durch Urteil an strenge Voraussetzungen geknüpft.[1]

Sind diese nicht erfüllt, so scheidet zwar die Auflösung durch Urteil aus, aber die Möglichkeit der Parteien, im Wege des Vergleichs das Arbeitsverhältnis zu beenden, besteht dennoch.

Voraussetzungen sind:

  • Kündigungsschutzklage
  • Unwirksamkeit der Kündigung
  • Auflösungsantrag
  • Auflösungsgrund

20.2 Kündigungsschutzklage

§ 9 KSchG geht ganz selbstverständlich davon aus, dass eine Kündigungsschutzklage erhoben ist. Der Ansatzpunkt ist der Kündigungsschutzprozess, in dessen Verlauf bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz der Antrag auf Auflösung gestellt werden kann (§ 9 Abs. 1 Satz 3 KSchG).

20.3 Unwirksamkeit der Kündigung

20.3.1 Ordentliche Kündigung

Das Gericht kann dann durch Urteil das Arbeitsverhältnis auflösen, wenn es feststellt, dass die Kündigung unwirksam ist. Die Unwirksamkeit der Kündigung muss jedoch – zumindest auch – auf der Sozialwidrigkeit beruhen[1] (vgl. Allgemeiner Kündigungsschutz). Das heißt, dass im Fall einer Kündigung, die nur aufgrund Formfehlers, beispielsweise der fehlenden Vollmacht des Kündigenden oder der nicht bzw. nicht richtig erfolgten Beteiligung des Personalrats (Betriebsrats) unwirksam ist, das Arbeitsverhältnis nicht durch Urteil aufgelöst werden kann. Für den Auflösungsantrag eines kirchlichen Arbeitgebers hat das BAG[2] entschieden, dass dieser nur dann zulässig ist, wenn die Kündigung nur nach § 1 KSchG sozialwidrig ist. Ist die Kündigung bereits aus anderen Gründen (z. B. wegen unterlassener Anhörung der Mitarbeitervertretung) unwirksam, ist dem Arbeitgeber die Stellung eines Auflösungsantrags verwehrt.

20.3.2 Außerordentliche Kündigung

Im Falle der außerordentlichen Kündigung erfolgt deren Prüfung nicht nach § 1 KSchG. Deren Rechtfertigung ist unter dem Gesichtspunkt des wichtigen Grundes im Sinne des § 626 BGB bzw. § 34 TVöD zu prüfen.

Hier ist also die Auflösung durch Urteil dann möglich, wenn sich die fristlose Kündigung als unwirksam erweist, weil kein wichtiger Grund vorliegt.

Zu beachten ist, dass nur der Arbeitnehmer berechtigt ist, den Auflösungsantrag zu stellen.

20.3.3 Änderungskündigung

Hier erfolgt die Prüfung wie bei der ordentlichen Kündigung.

Sollte der seltene Fall der außerordentlichen Änderungskündigung vorliegen, so würden die zur außerordentlichen Kündigung aufgezeigten Grundsätze gelten.

Wenn der Arbeitnehmer die Änderungskündigung (Punkt 20.3.3) unter Vorbehalt angenommen hat, so ist der Auflösungsantrag unzulässig.[1] Der Grund liegt darin, dass die Rechtsfolgen bereits geklärt sind. Der Arbeitnehmer hat durch die Annahme unter Vorbehalt der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter veränderten Bedingungen bereits für den Fall der Wirksamkeit der Kündigung zugestimmt. Dann kann aber im Fall der Unwirksamkeit der Kündigung die Fortsetzung kaum unzumutbar sein.

[1] LAG München, Urteil v. 29.10.1987, 6 Sa 816/86.

20.4 Auflösungsantrag

20.4.1 Des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer kann sowohl im Fall der ordentlichen Kündigung nach § 9 KSchG wie auch im Fall der außerordentlichen Kündigung nach § 13 KSchG den Auflösungsantrag stellen.

Diese Erweiterung der Rechte des Arbeitnehmers, die auch im Fall eines Arbeitnehmers in leitender Funktion gilt[1] ist nicht verfassungswidrig. Es liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, da der soziale Status des Arbeitnehmers im Fall der außerordentlichen Kündigung erheblich stärker betroffen wird, als im Fall der ordentlichen Kündigung.[2]

20.4.2 Des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber kann nur im Fall der unwirksamen ordentlichen Kündigung einen Auflösungsantrag nach § 9 KSchG stellen. Ansonsten bleibt ihm nur die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer ein entsprechend verlockendes Abfindungsangebot zu unterbreiten, damit dieser einen Vergleich schließt.

20.5 Auflösungsgrund

Allein der Antrag einer der dazu Berechtigten genügt nicht, um durch Urteil das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Es bedarf eines Auflösungsgrunds.

Der Auflösungsgrund des Arbeitnehmers muss darin liegen, dass ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Der Umstand, dass eine sozial nicht gerechtfertigte Kündigung ausgesprochen wurde, reicht dafür nicht aus. Es muss sich vielmehr um Gründe handeln, die der Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Kündigung oder dem Kündigungsschu...

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