Bei der fristlosen Kündigung verbindet der Arbeitgeber mit der Kündigungserklärung zugleich seine Ablehnung weiterer Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. Im Fall der ordentlichen Kündigung wird der Arbeitnehmer bis zum Ende der Kündigungsfrist beschäftigt, aber auch hier wird die weitere Arbeitsleistung über den Kündigungstermin hinaus abgelehnt. Ist nun die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung unwirksam, so besteht das Arbeitsverhältnis fort. Der Arbeitgeber gerät u. U. in Annahmeverzug, wonach er zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet ist, obwohl der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat (§ 615 BGB).

Voraussetzungen des Annahmeverzugs

Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs sind

  • Bestehendes Arbeitsverhältnis
  • Angebot der Arbeitsleistung
  • Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers
  • Nichtannahme der Arbeitsleistung

14.3.1 Bestehendes Arbeitsverhältnis

Ist die Kündigung unwirksam, besteht das Arbeitsverhältnis fort. Ruht jedoch die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers, scheidet Annahmeverzug aus. Desgleichen auch, wenn der Vertrag nichtig ist oder wirksam angefochten wurde.

14.3.2 Angebot der Arbeitsleistung

Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer die Leistung so anbieten, wie er sie zu bewirken hat (§ 294 BGB). Er muss persönlich, zur rechten Zeit, am rechten Ort in der richtigen Art und Weise genau die von ihm vertraglich geschuldete Leistung anbieten.

 
Praxis-Beispiel

Dem Fahrer des städtischen Busses wird die Fahrerlaubnis entzogen. Nach der fristlosen Kündigung schickt er 3 Tage später seinen derzeit arbeitslosen Bruder, der im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis (einschließlich Personenbeförderung) ist. Der Bruder bietet an, am Wochenende und am darauf folgenden Feiertag die versäumten 3 Tage nachzuholen. Während der ersten 3 Tage liegt kein Angebot einer Leistung vor. Die an den abgelaufenen 3 Tagen zu erbringende Leistung ist auch nicht nachholbar. Im Übrigen reicht es nicht, wenn der Bruder sich anbietet. Der Schuldner der Leistung ist der Arbeitnehmer persönlich. Die Leistung kann daher nicht durch einen anderen erbracht werden.

Hat der Arbeitgeber bereits zuvor erklärt, er werde ein eventuelles Leistungsangebot nicht annehmen, reicht auch ein mündliches, telefonisches oder schriftliches Angebot. Dies gilt insbesondere auch im Fall einer Kündigung, da in der Kündigung zugleich auch die Weigerung des Arbeitgebers liegt, weitere Leistungen des Arbeitnehmers anzunehmen.[1] Ähnliches gilt, wenn der Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Kündigung ein Hausverbot erteilt hat oder dem Arbeitnehmer alle Schlüssel zum Betrieb abgenommen hat.

Beachten Sie: Bei einer Arbeitgeberkündigung bedarf es nicht einmal mehr eines wörtlichen Arbeitsangebots des Arbeitnehmers, weil der Arbeitnehmer mit Erhebung der Kündigungsschutzklage seine Leistungsbereitschaft angezeigt und der Arbeitgeber nach Auffassung des BAG durch die Kündigung zum Ausdruck gebracht habe, dem Arbeitnehmer keinen funktionstüchtigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen zu wollen und so seine erforderliche Mitwirkungshandlung verweigere. Will der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug geraten, muss er den Arbeitnehmer zur Aufnahme der Arbeit auffordern.[2] Der Annahmeverzug wird nur durch eine uneingeschränkte und unbedingte Aufforderung zur Arbeit vermieden. Hält der Arbeitgeber an der Wirksamkeit seiner Kündigung fest und bietet dem Arbeitnehmer nur vorsorglich einen für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits befristeten oder durch die Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung auflösend bedingten Arbeitsvertrag an, wird der Annahmeverzug nicht beseitigt. Desgleichen auch, wenn der Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen wegen § 102 Abs. 5 BetrVG oder wegen des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs anbietet. Es besteht daher für den Arbeitgeber, der an der Wirksamkeit der von ihm erklärten Kündigung festhalten will, keine Möglichkeit, den Annahmeverzug zu vermeiden, wenn sich nachträglich die Unwirksamkeit der Kündigung herausstellt.

Besonders problematisch erscheint dies im Zusammenhang mit der Kündigung eines Arbeitnehmers, der zuvor einen Antrag auf Feststellung seiner Schwerbehinderteneigenschaft gestellt hat.

 
Praxis-Beispiel

A wurde verhaltensbedingt gekündigt. Mit Erheben der Kündigungsschutzklage teilt er zugleich mit, dass er vor Zugang der Kündigung einen Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderter gestellt hat. Der Prozess vor dem Arbeitsgericht wird nun ausgesetzt, da die Frage der Schwerbehinderteneigenschaft vorrangig ist. Wird A anerkannt, so ist die Kündigung bereits unwirksam, weil die Zustimmung des Integrationsamtes fehlt. Auf die Kenntnis des Arbeitgebers kommt es nicht an. Diese Aussetzung kann erhebliche Zeiträume in Anspruch nehmen, falls A mit der Ablehnung nicht einverstanden ist und im Verfahren vor den Sozialgerichten die Anerkennung erstreiten will. Angesichts der Verfahrensdauer trägt der Arbeitgeber ein großes Risiko, da er im Fall der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft aufgrund seiner dann unwirksamen Kündigung sich unter Umständen über Jahre im Anna...

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