Jede auf einer neuen Krankheit beruhende Arbeitsunfähigkeit begründet grundsätzlich einen neuen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Allerdings muss zwischen der ersten und der zweiten Krankheit eine – wenn auch nur kurze – Zeit der vollen Arbeitsfähigkeit liegen, in der jedoch der Beschäftigte nicht gearbeitet haben muss. Ein Zeitraum von wenigen Stunden genügt.[1]

Im Regelfall endet der Verhinderungsfall am Ende des Kalendertages, den der Arzt bescheinigt hat. Die Auffassung, dass mit der Angabe eines Kalendertages für das Ende der Arbeitsunfähigkeit in der Regel Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende der üblichen Arbeitszeit des betreffenden Beschäftigten an diesem Kalendertag bescheinigt wird[2] hat das BAG aufgegeben.

 
Praxis-Tipp

Ist das Ende einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf den Freitag datiert und meldet sich der Beschäftigte am folgenden Montag erneut krank unter Vorlage einer neuen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die nicht als Folgebescheinigung gekennzeichnet ist, so ist zunächst davon auszugehen, dass es sich um eine neue Erkrankung handelt. Es empfiehlt sich hier jedoch dringend, beim Beschäftigten und gegebenenfalls bei der Krankenkasse anzufragen, ob es sich um eine Fortsetzung der alten Erkrankung handelt.

Eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit kann auch ferner an solchen Tagen bestehen und für solche Tage bescheinigt werden, an denen im Betrieb nicht gearbeitet wird. Es ist allein Aufgabe des behandelnden Arztes, den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem die Arbeitsunfähigkeit endet. Soll die Arbeitsunfähigkeit nach der Bescheinigung an einem Sonntag enden, kann damit – im Zusammenhang mit weiteren Erklärungen des Arztes – gemeint sein, dass der Beschäftigte seine Krankheit bis zum Ende dieses Tages ausheilen soll.

 
Praxis-Beispiel

Ein Beschäftigter wird bis einschließlich Sonntag arbeitsunfähig geschrieben. Am Sonntag erleidet er beim Fußballspiel eine Verletzung, die zu einer erneuten Arbeitsunfähigkeit führt. Hier besteht kein neuer Anspruch auf Krankenentgelt, da die neue Krankheit zu der bereits bestehenden hinzutritt und sonach eine Einheit des Verhinderungsfalles gegeben ist. Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht daher nur insoweit, als er durch die erste Erkrankung nicht aufgebraucht ist.[3]

Das BAG[4] hat zum Grundsatz der Einheit des Versicherungsfalles ausgeführt: „Nach dem Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG auf die Dauer von sechs Wochen seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit beschränkt, wenn während bestehender Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auftritt, die ebenfalls Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer bei entsprechender Dauer der durch beide Erkrankungen verursachten Arbeitsverhinderung die Sechs-Wochen-Frist nur einmal in Anspruch nehmen. Ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch entsteht nur, wenn die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bereits in dem Zeitpunkt beendet war, in dem die weitere Erkrankung zu einer erneuten Arbeitsverhinderung führt (…). Das ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer zwischen zwei Krankheiten tatsächlich gearbeitet hat oder jedenfalls arbeitsfähig war, sei es auch nur für wenige außerhalb der Arbeitszeit liegende Stunden (…). Maßgeblich für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und damit für das Ende des Verhinderungsfalls ist die Entscheidung des Arztes, der Arbeitsunfähigkeit – unabhängig von der individuellen Arbeitszeit des betreffenden Arbeitnehmers – im Zweifel bis zum Ende eines Kalendertags bescheinigen wird (…). Dabei ist es unerheblich, ob das Ende der Arbeitsunfähigkeit auf einen Arbeits- oder arbeitsfreien Tag fällt.“

Ein einheitlicher Verhinderungsfall ist regelmäßig hinreichend indiziert, wenn zwischen einer „ersten“ krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit und einer dem Beschäftigten im Wege der „Erstbescheinigung“ attestierten weiteren Arbeitsunfähigkeit ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht[5]. In diesen Fällen ist der Beschäftigte darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass seine bisherige Erkrankung bei Eintritt der mit neuer Erstbescheinigung attestierten Arbeitsverhinderung keine Arbeitsunfähigkeit mehr ausgelöst hat. Dies gilt auch dann, wenn sich an den ausgeschöpften 6-Wochen-Zeitraum des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG ein Krankengeldbezug angeschlossen hat und der Beschäftigte in der Folge vom Arbeitgeber unter Vorlage einer neuen Erstbescheinigung Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wegen einer sich unmittelbar an den Krankengeldbezug anschließenden Arbeitsverhinderung verlangt.

Beim Zusammentreffen einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation nach § 9 Abs. 1 EFZG und einer Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit nach § 3 Abs. 1 EFZG sind die vom BAG entwickelten Grundsätze zur Einheit des Verhinderungsfalls nicht anwendbar[6]. Dies gilt jedoch nur dann, wenn zwischen der Maßnahme der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation und der Krankheit kein medizinischer Zusammenhang besteht. Ist ein Grundleiden maßgeblich...

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