Ebenfalls abweichend vom Vergütungssystem des BAT und vom Lohnsystem des BMT-G II steigt der Arbeitnehmer gemäß Absatz 2 Satz 2 nicht alle 2 Jahre in die nächsthöhere Stufe auf, sondern in länger werdenden Zeitabschnitten. Damit wollen die Tarifvertragsparteien der häufig geäußerten Kritik Rechnung tragen, wonach Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in den ersten Berufsjahren im Verhältnis zu wenig und in späteren Jahren zu viel verdienen. Durch den schnelleren Aufstieg am Anfang, der sich danach verlangsamt, haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, in den Jahren des Aufbaus ihrer Existenzgrundlage und während der Familiengründungsphase in kürzeren Zeitabständen Gehaltszuwächse zu erreichen, während sie im weiteren Verlauf ihres Berufslebens erst nach längeren Zeitabschnitten Entgeltsteigerungen erzielen können, sofern man einmal von den nachfolgenden Sonderregelungen in Satz 3 und 4 absieht. Die Entgelttabellen sind im Übrigen so aufgebaut, dass die Unterschiedsbeträge zwischen den einzelnen Stufen im unteren Bereich größer sind und zur Stufe 6 (= Endstufe) hin kleiner werden (sog. degressiver Stufenaufstieg).

Maßgebend für den Stufenaufstieg ist grundsätzlich die Betriebszugehörigkeit (§ 4), sodass der Arbeitnehmer, der neu eingestellt wird, im Regelfall in der Stufe 1 seiner Entgeltgruppe beginnt, nach 2 Jahren in die Stufe 2 aufsteigt usw., also bei unveränderter Tätigkeit nach 15-jähriger Betriebszugehörigkeit die Stufe 6 erreicht. Von diesem "Regelverlauf" gibt es jedoch mehrere Ausnahmen, die in den Sätzen 3 bis 5 geregelt sind. Eine weitere wichtige Ausnahme ist die Höhergruppierung (vgl. 5.3.7).

Das Urteil des EuGH vom 5.12.2013[1] steht der Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 2 nicht entgegen. Der Gerichtshof hat aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des Landesgerichts Salzburg entschieden, die Art. 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5.4.2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union seien dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der die von den Dienstnehmer/-innen einer Gebietskörperschaft ununterbrochen bei ihr zurückgelegten Dienstzeiten bei der Ermittlung des Stichtags für die Vorrückung in höhere Entlohnungsstufen in vollem Ausmaß, alle anderen Dienstzeiten dagegen nur teilweise berücksichtigt werden. § 5 Abs. 2 differenziert nicht zwischen Zeiten, die der Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber zurückgelegt hat, und anderen Zeiten. Für die nach § 5 Abs. 2 Satz 3 berücksichtigungsfähigen "förderlichen Zeiten" ist es ohne Bedeutung, ob diese in einem früheren Arbeitsverhältnis mit demselben oder einem anderen Arbeitgeber erbracht worden sind. Dies gilt auch für in anderen EU-Mitgliedstaaten zurückgelegte Zeiten.

Das LAG Berlin-Brandenburg[2] hat zu § 16 Abs. 2 TV-L, der hinsichtlich der Stufenzuordnung bei der Einstellung unterschiedliche Regelungen zur Berücksichtigung einschlägiger Berufserfahrung bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber enthält, entschieden, eine ggf. vorliegende mittelbare Benachteiligung von Wanderarbeitnehmern sei durch unionsrechtlich legitime Ziele (wie die Bindung zu einem bestimmten Arbeitgeber zu honorieren oder einen Anreiz zur Rückkehr zu diesem Arbeitgeber zu schaffen bzw. in den Strukturen des Arbeitgebers erworbene Berufserfahrung weiter nutzen zu können) gerechtfertigt.

Das LAG Baden-Württemberg[3] hat ebenfalls zu § 16 Abs. 2 TV-L entschieden, diese Regelung verstoße nicht gegen den Grundsatz der Freizügigkeit nach Art. 45 AEUV. Die Vorschrift des TV-L sei nicht mit der österreichischen Regelung vergleichbar. Sinn und Zweck der Regelung in § 16 Abs. 2 TV-L sei, Arbeitnehmer zu bevorzugen, die sich arbeitgebertreu verhalten. Dies sei ein anerkennenswerter Grund für die unterschiedliche Behandlung. Das BAG[4] hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Die Vorschriften des AEUV über die Freizügigkeit und die zu ihrer Durchführung ergangenen Verordnungen seien nicht auf Tätigkeiten anzuwenden, die keinerlei Berührungspunkte mit einem der Sachverhalte aufweisen, auf die das Unionsrecht abstellt und die mit keinem Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen. Ein Unionsbürger könne sich gegenüber nationalen Normen – wie § 16 Abs. 2 TV-L – daher nicht auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit berufen, wenn er – wie der Kläger – niemals in einem anderen Mitgliedstaat gewohnt, gearbeitet, studiert, ein Hochschuldiplom oder einen Berufsabschluss erworben oder anderweitig von seinem Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch gemacht habe.

Bei der Einstellung von Beschäftigten mit einer im Gebiet der Europäischen Union erworbenen einschlägigen Berufserfahrung ("Wanderarbeitnehmer") und der von sog. Inländern ohne auslandsbezogene Berufserfahrung handelt es sich nach einer weiteren Entscheidung des BAG[5] nicht um vergleichbare Sachverhalte, die nach Art. 3 Abs. 1 GG hinsichtlich der tariflich...

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