Obwohl die sog. Personalgestellung – anders als im TVöD (dort § 4 Abs. 3) – im TV-V bis zum 31.3.2017 nicht ausdrücklich geregelt war, war sie auch bisher im Geltungsbereich dieses Tarifvertrages grundsätzlich zulässig. Dies hat das LAG Hamm mit Urteil v. 18.10.2010, 8 Sa 483/10 – zutreffend entschieden. Allerdings war folgender Unterschied zu beachten: Nach § 4 Abs. 3 TVöD ist die Personalgestellung im Rahmen des Direktionsrechts (also ohne Zustimmung des hiervon betroffenen Beschäftigten und damit auch ohne Änderungskündigung) möglich. Da im TV-V bislang eine vergleichbare Regelung fehlte, bedurfte die Personalgestellung der Zustimmung des Arbeitnehmers. Das Direktionsrecht nach § 106 GewO erlaubt es dem Arbeitgeber im Regelfall nicht, den Arbeitnehmer zur Erbringung der Arbeitsleistung einem anderen Arbeitgeber zu überlassen. Erteilte der für die Personalgestellung vorgesehene Arbeitnehmer seine Zustimmung nicht, musste der Arbeitgeber deshalb ggf. eine Änderungskündigung aussprechen.

Die Personalgestellung war im Geltungsbereich des TV-V bis zum 31.3.2017 zudem eine erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Abs. 1 AÜG. Das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze[1], das am 1.4.2017 in Kraft getreten ist, hatte zunächst lediglich die Erlaubnisfreiheit von Personalgestellungen nach § 4 Abs. 3 TVöD zur Folge (§ 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG).

Schon im Rahmen der Tarifrunde 2014 hatten die Tarifvertragsparteien im Hinblick auf zu erwartende Änderungen des AÜG verabredet, unter Berücksichtigung gesetzlicher Änderungen des AÜG in Gespräche über tarifvertragliche Regelungen zur Arbeitnehmerüberlassung im TV-V einzutreten. Die Mitgliederversammlung der VKA hat am 11.11.2016 hierzu beschlossen, die Gewerkschaften aufzufordern, im TV-V eine § 4 Abs. 3 TVöD entsprechende Regelung zur Personalgestellung sowie im TVöD und im TV-V eine längere Höchstüberlassungsdauer bei einer erlaubnispflichtigen Arbeitnehmerüberlassung zu vereinbaren.

Aufgrund des 12. Änderungstarifvertrages vom 29.3.2017 zum TV-V ist mit Wirkung vom 1.4.2017 ein neuer Absatz 4 und 5 in § 3 eingefügt worden. Absatz 4 enthält eine mit § 4 Abs. 3 TVöD inhaltsgleiche Regelung. Darin ist nunmehr ausdrücklich die Personalgestellung geregelt und in der Protokollerklärung zu Absatz 4 definiert. Dies hat im Hinblick auf das AÜG zur Folge, dass nunmehr auch im Geltungsbereich des TV-V Personalgestellungen erlaubnisfrei sind. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG in der ab 1.4.2017 geltenden Fassung ist nämlich die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Arbeitgebern erlaubnisfrei, wenn Aufgaben eines Arbeitnehmers von dem bisherigen zu dem anderen Arbeitgeber verlagert werden und aufgrund eines Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber weiter besteht und die Arbeitsleistung zukünftig bei einem anderen Arbeitgeber erbracht wird. Diese Voraussetzungen sind seit dem 1.4.2017 erfüllt. Der TV-V ist ein Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes. Die Personalgestellung erfordert nach § 3 Abs. 4 Satz 1 die Verlagerung von Aufgaben der Arbeitnehmer zu einem Dritten. Sie erfolgt nach der tarifvertraglichen Begriffsbestimmung in der Protokollerklärung zu Absatz 4 "unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses". Der Arbeitnehmer ist auf Verlangen des Arbeitgebers verpflichtet, die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung bei dem Dritten zu erbringen. Die Zustimmung des Arbeitnehmers ist nicht erforderlich. Vielmehr erweitert § 3 Abs. 4 das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Bei dem "Dritten" muss es sich nicht um einen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes handeln. Arbeitnehmer, die ihre arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung aufgrund von §3 Abs. 4 TV-V bei einem Dritten erbringen, haben keinen Anspruch auf fortgesetzte Personalgestellung. Vielmehr steht es dem Arbeitgeber frei, sein Direktionsrecht in den Grenzen billigen Ermessens neu auszuüben und dem bislang gestellten Arbeitnehmer innerhalb des eigenen Betriebs bzw. der eigenen Verwaltung andere Tätigkeiten zuzuweisen[2]

Nunmehr hat allerdings das BAG[3] den EuGH nach Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung über folgende zwei Fragen ersucht: Findet Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2008/104/EG (Leiharbeit) Anwendung, wenn – wie in § 4 Abs. 3 TVöD[4] bestimmt – Aufgaben eines Arbeitnehmers zu einem Dritten verlagert werden und dieser Arbeitnehmer bei weiter bestehendem Arbeitsverhältnis zu seinem bisherigen Arbeitgeber auf dessen Verlangen die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung dauerhaft bei dem Dritten erbringen muss und dabei dem fachlichen und organisatorischen Weisungsrecht des Dritten unterliegt?

Sofern die erste Frage bejaht wird: Ist es mit dem Schutzzweck der Richtlinie vereinbar, wenn wie durch § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG die Personalgestellung i. S. v. § 4 Abs. 3 TVöD aus dem Anwendungsbereich der nationalen Schutzvorschriften bei Arbeitnehmerüberlassung herausgenommen wird, sodass diese Schutzvorschriften auf die F...

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