Nach § 3 Abs. 3 TV-V ist der Arbeitgeber bei gegebener Veranlassung berechtigt, den Arbeitnehmer durch einen Vertrauensarzt dahingehend untersuchen zu lassen, ob er zur Leistung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit in der Lage ist.

Nach dieser Bestimmung erfolgt die Untersuchung nicht durch einen vom Arbeitgeber bestimmten Arzt, sondern durch den Vertrauensarzt.

Vertrauensarzt ist derjenige, der gemeinsam von den Betriebsparteien festgelegt worden ist (Protokollerklärung Nr. 1). Unter "Betriebsparteien" sind im Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes Arbeitgeber und Betriebsrat und im Geltungsbereich eines Landespersonalvertretungsgesetzes Dienststelle und Personalrat zu verstehen.

In der Regel wird der Betriebsarzt im Sinne der Arbeitssicherheitsvorschriften der Vertrauensarzt sein. Zu beachten ist jedoch, dass die Überprüfung von Krankmeldungen der Arbeitnehmer auf ihre Berechtigung nach der ausdrücklichen Regelung des § 3 Abs. 3 ASiG nicht Aufgabe der Betriebsärzte ist. Diese Regelung untersagt es dem Betriebsarzt jedoch nicht, einen erkrankten Arbeitnehmer daraufhin zu untersuchen, ob seine gesundheitliche Eignung einer Weiterbeschäftigung auf dem betreffenden Arbeitsplatz entgegensteht und das Ergebnis dieser Untersuchung ggf. dem Arbeitgeber mitzuteilen.

 
Praxis-Tipp

Es empfiehlt sich, ausdrücklich mit dem Betriebsarzt eine Untersuchungspflicht auch für den Fall der Überprüfung von Krankmeldungen zu vereinbaren.

Der Arbeitnehmer ist zur Mitwirkung verpflichtet.[1] Er hat den untersuchenden Arzt insoweit von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden, als es das Ziel der Untersuchung erfordert. Darüber hinaus hat er den untersuchenden Arzt über vorangegangene Erkrankungen zu unterrichten und früher behandelnde Ärzte von der Schweigepflicht gegenüber dem untersuchenden Arzt zu entbinden. Etwaige einschlägige fachärztliche Vorbefunde sind zur Verfügung zu stellen. Verweigert der Arbeitnehmer grundlos seine Mitwirkung, ist der Arbeitgeber nach Abmahnung zur (ggf. außerordentlichen) Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt.[2] Der Arbeitnehmer ist allerdings berechtigt, sich der angeordneten Untersuchung zu verweigern, wenn der Arbeitgeber in seinem Schreiben an den Arzt überschießende Angaben zu Problemen des Arbeitnehmers bei der Arbeit gemacht und Fragen gestellt hat, die über eine Beurteilung der Leistungspflicht hinausgehen[3].

Eine gegebene Veranlassung für eine solche vertrauensärztliche Untersuchung ist nur anzunehmen, wenn sie im Zusammenhang mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung steht. Der Arbeitgeber darf sein Recht nicht missbrauchen und von der Befugnis nicht willkürlich Gebrauch machen. Insbesondere werden sich Untersuchungen aufgrund von Gesetzen, Verordnungen und Unfallverhütungsvorschriften ergeben.

 
Hinweis

Ein sachlicher Grund für das Verlangen einer ärztlichen Untersuchung ist insbesondere gegeben bei

  • begründeten Zweifeln an der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers,
    Beispiel: bei Arbeitsaufnahme nach einer langandauernden Erkrankung und Anhaltspunkten dafür, dass der Arbeitnehmer nach wie vor arbeitsunfähig ist,
  • begründeten Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit (vgl. auch § 275 Abs. 1a SGB V),
    Beispiel: der Arbeitnehmer geht trotz Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Hauptarbeitsverhältnis einer Nebentätigkeit mit vergleichbaren Tätigkeiten nach,
  • Zweifeln, ob der Arbeitnehmer trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung noch seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung auf Dauer erbringen kann,
  • Übertragung neuer Arbeitsaufgaben mit veränderten körperlichen Anforderungen,
  • erheblicher Leistungsminderung,
  • häufiger oder langandauernder Erkrankung.

Absatz 3 Satz 1 setzt nicht voraus, dass der Arbeitgeber vor Anordnung einer ärztlichen Untersuchung zur Feststellung der Arbeitsfähigkeit eines schwerbehinderten Arbeitnehmers ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX durchgeführt hat. Dies hat das BAG auf der Grundlage einer vergleichbaren Tarifregelung zu § 84 Abs. 1 SGB IX a. F. entschieden[4]. Hat der Arbeitgeber entgegen § 167 Abs. 1 SGB IX ein Präventionsverfahren nicht durchgeführt, trifft ihn allerdings eine erhöhte Darlegungslast im Hinblick auf denkbare, gegenüber einer Beendigungskündigung mildere Mittel, um die zum Anlass für die Kündigung genommene Vertragsstörung zu beseitigen.

Die Kosten der vertrauensärztlichen Untersuchung trägt gemäß Absatz 3 Satz 2 der Arbeitgeber. Zu den Untersuchungskosten gehören Gebühren für Ärzte, Kosten von Laboruntersuchungen, Kosten einer eventuell erforderlichen stationären Unterbringung im Zusammenhang mit der Untersuchung sowie Fahrtkosten, die dadurch entstehen, dass der Arbeitnehmer einen Arzt außerhalb seines Wohnorts aufsuchen muss.

Die Untersuchungen sind nach Möglichkeit während der Arbeitszeit vorzunehmen. Für die Untersuchung ist der Beschäftigte unter Fortzahlung des Entgelts freizustellen. Findet die ärztliche Untersuchung außerhalb der dienstplanmäßigen Arbeitszeit statt, besteht Anspruch auf Freizeitausgl...

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