Eines der Ziele der Neugestaltung des Tarifrechts für die Versorgungsbetriebe war die Lösung vom Beamtenrecht. Konsequenterweise wurde beim Nebentätigkeitsrecht die bisherige Bezugnahme auf die beamtenrechtlichen Regelungen (wie in § 11 BAT) gestrichen. Das Recht des Beschäftigten, eine Nebentätigkeit auszuüben, folgt aus der Berufsfreiheit, Art. 12 GG. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes – dazu zählen auch die unter den Geltungsbereich des TV-V fallenden Arbeitnehmer – müssen ihre Arbeitskraft grundsätzlich nur in dem vertraglich geschuldeten Maße zur Verfügung stellen.

.[1] Dementsprechend wurde in § 3 Abs. 2 TV-V die bisherige Genehmigungspflicht durch die im allgemeinen Arbeitsrecht übliche bloße Anzeigepflicht ersetzt.

 
Praxis-Tipp

Der Arbeitnehmer ist – nur noch – verpflichtet, entgeltliche Nebentätigkeiten rechtzeitig vorher schriftlich anzuzeigen. Der bisherige Erlaubnisvorbehalt ist entfallen.

Der Arbeitgeber hat jedoch das Recht, die Ausübung der Nebentätigkeit zu untersagen oder mit Auflagen zu versehen, wenn die Nebentätigkeit geeignet ist, die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten des Beschäftigten oder berechtigte Arbeitgeberinteressen zu beeinträchtigen. Aufgrund der Loslösung vom Beamtenrecht besteht für die Arbeitnehmer auch keine Verpflichtung mehr zur Ablieferung von Einnahmen aus der Nebentätigkeit.

 
Wichtig

Unter einer entgeltlichen Nebenbeschäftigung ist jede sonstige Tätigkeit zu verstehen, die nicht zur arbeitsvertraglichen Haupttätigkeit des Arbeitnehmers gehört und für die dieser unmittelbar oder mittelbar ein Entgelt oder einen sonstigen geldwerten Vorteil erhält. Dabei kann die Nebenbeschäftigung sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch in selbständiger Tätigkeit oder in einem Auftrags- oder Werkvertragsverhältnis erfolgen.[2]

Zwar unterliegen auch unentgeltliche oder ehrenamtliche Tätigkeiten dem arbeitsrechtlichen Begriff der Nebentätigkeit.[3] Die Anzeigepflicht nach § 3 Abs. 2 TV-V erfasst jedoch nur Nebentätigkeiten "gegen Entgelt".

Unentgeltlich ausgeübte Nebentätigkeiten, wie z. B.

  • die unentgeltliche Übernahme einer Vormundschaft, Betreuung oder Pflegschaft,
  • die unentgeltliche Mitarbeit bei einer gewerblichen Tätigkeit oder einem freien Beruf des Ehegatten,
  • der unentgeltliche Eintritt in ein Organ eines Unternehmens,
  • das ehrenamtliche, unentgeltliche Engagement im Vorstand eines Vereins

unterliegen nicht der Anzeigepflicht.[4] Dennoch kann eine solche Tätigkeit – bei übermäßiger Inanspruchnahme des Beschäftigten und dadurch verursachter Beeinträchtigung der Arbeitsleistung – untersagt oder in der Ausübung eingeschränkt werden.

Die Verpflichtung zur Anzeige von Nebenbeschäftigungen dient dem Zweck, den Arbeitgeber in die Lage zu versetzen, zu prüfen, ob eine Nebentätigkeit vorliegt, die mit den Interessen des Arbeitgebers kollidiert und daher gemäß Absatz 2 Satz 2 zulässigerweise zu untersagen ist. Rechtzeitig ist die Anzeige daher nur, wenn sie den Arbeitgeber so zeitig erreicht, dass ihm genügend Zeit zur Prüfung und Entscheidung verbleibt. Inhaltlich muss die Anzeige die Art der Nebentätigkeit sowie deren zeitlichen Umfang enthalten. Andernfalls kann der Arbeitgeber von den sich aus Absatz 2 Satz 2 ergebenden Möglichkeiten keinen Gebrauch machen.

Die Entscheidung des Arbeitgebers muss der gerichtlichen Überprüfung standhalten. Sie darf nicht willkürlich erfolgen, sondern muss, wie jede einseitige Leistungsbestimmung, gemäß § 315 Abs. 1 BGB in Ausübung billigen Ermessens erfolgen. Dabei sind die Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers gegeneinander abzuwägen. Im Falle der Untersagung einer Nebenbeschäftigung müssen hierfür nachvollziehbare Sachgründe vorliegen, die den in Absatz 2 Satz 2 genannten Kriterien (Beeinträchtigung der Erfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten oder der sonstigen berechtigten Interessen des Arbeitgebers) genügen.

Eine Einschränkung oder Untersagung der Nebentätigkeit kann sich z. B. aus folgenden Gründen ergeben:

  • Überschreiten der Höchstgrenzen der täglichen Arbeitszeit von zehn Stunden oder durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von maximal 48 Wochenstunden, wobei Haupt- und Nebentätigkeit zusammengerechnet werden,
  • Pflichtenkollision,
  • Nichteinhaltung der Ruhezeiten von grundsätzlich 11 Stunden zwischen dem Arbeitsende und Arbeitsbeginn am nächsten Tag (§ 5 Abs. 1 ArbZG),
  • Ausübung einer Nebentätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen,
  • Übernahme einer Nebentätigkeit, die zu einer Vernachlässigung der Arbeitspflicht im Hauptarbeitsverhältnis führen würde[5], wie z. B. bei Ausübung einer Nebentätigkeit während der Arbeitszeit im Hauptarbeitsverhältnis,[6]
  • negative Wirkung der beabsichtigten Nebentätigkeit auf die Öffentlichkeit[7].

Untersagt ist weiter

  • eine Nebentätigkeit während einer krankheitsbedingten Abwesenheit, wenn dadurch die Genesung verzögert wird[8],
  • eine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit während des gesetzlichen Mindesturlaubs (§ 8 BUrlG),
  • Schwarzarbeit.

Die Verletzung der Anzeigepflicht stellt eine Vertragspflichtverle...

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