Aufgrund des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000[1] ist mit Wirkung vom 1. Januar 2001 an die Stelle der bisherigen §§ 43, 44 SGB VI, die die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und wegen Berufsunfähigkeit geregelt haben, die Vorschrift des § 43 SGB VI getreten, der die Begriffe volle und teilweise Erwerbsminderung definiert. Die Tarifvertragsparteien haben diesen gesetzlichen Neuregelungen durch den 1. Änderungstarifvertrag vom 30. Januar 2002 Rechnung getragen. Bei voller Erwerbsminderung des Arbeitnehmers endet grundsätzlich das Arbeitsverhältnis nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Buchst. d mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird.

Hierbei handelt es sich nach der Rechtsprechung des BAG um eine auflösende Bedingung, die keine Benachteiligung wegen einer Behinderung des Arbeitnehmers im Sinne des AGG darstellt.[2] Aus diesem Grund ist insoweit § 21 i. V. m. § 15 Abs. 2 TzBfG zu beachten. Danach endet ein auflösend bedingter Arbeitsvertrag (ebenso wie ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag) mit Eintritt der Bedingung (mit Erreichen des Zwecks), frühestens jedoch 2 Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (über den Zeitpunkt der Zweckerreichung). Diese Rechtslage haben die Tarifvertragsparteien nunmehr im 15. Änderungstarifvertrag vom 25.10.2020 zum TV-V ausdrücklich durch eine Ergänzung von § 19 Abs. 1 Satz 1 Buchst. d klargestellt. Danach endet das Arbeitsverhältnis in diesem Fall frühestens 2 Wochen nach Zugang der schriftlichen Mitteilung des Arbeitgebers über den Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung. Die 2-Wochenfrist beginnt also nicht mit der Zustellung des Rentenbescheids an den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber, sondern erst in dem Zeitpunkt, in dem dem Arbeitnehmer die Mitteilung des Arbeitgebers zugeht, dass aufgrund des Rentenbescheids das Arbeitsverhältnis endet.

Um die Rechtsfolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Absatz 1 Satz 1 Buchst. d auszulösen, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer daher schriftlich über die Beendigung und den Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung unterrichten. Das Arbeitsverhältnis endet frühestens 2 Wochen, nachdem diese Unterrichtung des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer zugegangen ist.

Da der Rentenbeginn häufig in der Vergangenheit liegt, empfiehlt sich deshalb folgender Hinweis des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer:

Ihnen ist am … (Zustellungsdatum) der Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom … (Ausstellungsdatum) zugestellt worden, nach dem Ihnen eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt wird. Rentenbeginn ist der … (Datum). Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Buchst. d TV-V würde demnach Ihr Arbeitsverhältnis mit Ablauf des … (Monats) … (Jahr) enden. Sofern Ihnen das vorliegende Schreiben erst weniger als 2 Wochen vor dem vorgenannten Beendigungszeitpunkt zugegangen sein sollte, endet Ihr Arbeitsverhältnis abweichend hiervon erst nach Ablauf von 2 Wochen, gerechnet ab Zugang dieses Unterrichtungsschreibens. Dies ergibt sich aus § 21 in Verbindung mit § 15 Abs. 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes.

Dieselbe Formulierung – allerdings mit dem Hinweis auf § 19 Abs. 1 Satz 3 TV-V – kann verwendet werden, wenn der Rentenbeginn in der Zukunft liegt, nämlich am Ersten des Kalendermonats, der auf den Monat folgt, in dem der Rentenbescheid zugestellt worden ist. Ist der Rentenbeginn später, kann der Arbeitgeber im Fall der rechtzeitigen Unterrichtung durch den Arbeitnehmer über die Zustellung des Rentenbescheids mit der 2-Wochenfrist nicht in Konflikt geraten.

Im Übrigen können sich nach der Rechtsprechung des BAG vom Tarifwortlaut abweichende Rechtsfolgen ergeben. So hat das Gericht z. B. zu § 59 Abs. 1 BAT (ab 1. Oktober 2005: § 33 Abs. 2 TVöD) entschieden, dass das Arbeitsverhältnis eines Angestellten, der eine Rente wegen Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, nicht endet, wenn der Angestellte nach seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen noch in der Lage ist, seine nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung zu erbringen.[3]

Das Arbeitsverhältnis wird trotz Zustellung des Rentenbescheids nicht beendet, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der Frist des § 84 SGG Widerspruch gegen den Rentenbescheid einlegt und den Arbeitgeber hierüber alsbald unterrichtet, er den Rentenantrag vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach den §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG zurücknimmt oder einschränkt und dem Arbeitgeber dies innerhalb der Klagefrist nach den §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG mitteilt.[4].

[1] BGBl. I S. 1827.
[2] BAG, Urteil v. 10.12.2014, 7 AZR 1002/12, zu der entsprechenden Regelung in § 33 Abs. 2 TVöD.
[3] BAG, Urteil v. 9.8.2000, AP Nr. 10 zu § 59 BAT; ebenso BAG, Urteil v. 27.7.2016, 7 AZR 276/14, zu § 33 Abs. 2 TV-L.

19.2.4.1 Unterrichtungspflicht (Absatz 1 Satz 2)

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